Aime Simone – Weltenwandler

Foto: Idan Barazani

Mit seinem bevorstehenden Album „Oh Glory“ offenbart der Pariser Aime Simone abermals seine bestechende Fähigkeit, verschiedene Genres und Stile zu einem kohärenten Ganzen zu verweben. Diese einzigartige Melange aus Trap, Techno, Soul – von Simone als Post-Pop bezeichnet – stellte der Sänger und Produzent bereits auf seinem Debüt „Say Yes, Say No“ zur Schau, dessen Single „Shining Light“ in Frankreich mittlerweile Goldstatus erreicht hat. Auf „Oh Glory“ entführt uns der notorische Grenzüberschreiter nun auf eine weitere intime sowie höchst emotionale Reise, die tief in sein Sammelsurium an Erlebnissen und Erfahrungen eintauchen lässt.

Paris, Berlin, Los Angeles, Wien: „Oh Glory“ ist von einer Vielzahl an Städten und Ländern geprägt, zwischen denen Aime Simone in den vergangenen Jahren pendelte. „Das Leben an verschiedenen Orten gab mir die Möglichkeit, unterschiedliche Kulturen und Musikszenen kennenzulernen, denen ich sonst nie auf so authentische Weise begegnet wäre. Ich wurde von der Energie dieser Bewegungen inspiriert, wie Techno in Berlin oder Psychedelic Rock in Los Angeles. Dabei konnte ich in die mir offenbarten Räume voller Menschen, Stile und Klänge eintauchen und den Sound des Albums formen“, erklärt der Franzose mit norwegischen Wurzeln. Auf die Frage, ob es einen Ort gab, der ihn besonders beeinflusste, entgegnet er: „Berlin, weil es der einzige Ort ist, der es mir ermöglicht hat, mich komplett neu zu erfinden. Ich bin nach Berlin gezogen, ohne jemals zuvor dort gewesen zu sein, und als ich dort ankam und die Stadt entdeckte, fühlte es sich wie ein Mythos an.“ In der deutschen Hauptstadt fand Simone eine einzigartige Möglichkeit, sich eine neue Identität zu verschaffen, eine neue Art des Existierens zu finden und damit zu experimentieren.

„Die Menschen dort sind nicht so voreingenommen, es gibt keinen Druck, perfekt zu sein. […] Das gab mir viel Raum, um Fehler zu machen, es noch einmal zu versuchen, zu scheitern, neu anzufangen, mich zu verändern.“ – Aime Simone über Berlin

Innovation, Transition und Experimentierfreude: Drei Schlüsselaspekte, die auf „Oh Glory“ immer wieder in opulenter Manier zum Vorschein kommen – auf den elf Tracks zwischen Pop, Trap, Techno, Reggaeton und Soul, aber auch auf dem berauschenden Artwork, das mithilfe von AI-Künstler*innen entworfen wurde. Dass künstliche Intelligenz in Zukunft auch bei seinen Produktionen zum Einsatz kommen könnte, hält Aime Simone nicht für ausgeschlossen: „Ich könnte mir das durchaus vorstellen. Bei der Musikproduktion wurde ja schon immer auf Maschinen zurückgegriffen. Es ist ein Bestandteil der Entwicklung, die wir durchlaufen: vom Tonband zu analog, von analog zu digital und jetzt von digital zu KI. Letztendlich kommt es aber darauf an, wie man die Technologie einsetzt und nicht auf das, was die Technologie von sich aus im Stande ist zu tun.“ Er habe gelernt, die Augen vor den dunklen Phasen des Lebens nicht zu verschließen, die Zeichen der Zeit zu erkennen und mit ihr zu gehen. Seine Waffen, mit denen er sich der aus seiner Sicht nahenden Dystopie stellt? Optimismus und Vertrauen. „Optimismus ist für mich die Entscheidung, mir selbst zu vertrauen und einen Weg in eine bessere Zukunft zu finden. Wenn man sich selbst vertrauen kann, dann schafft man es auch, anderen Menschen zu vertrauen. Das ist die Geburtsstunde der Gemeinschaft, das ist Energie, das ist es, was die eigene Welt verändert und vielleicht auch ein Stück der Welt als großes Ganzes“, sagt Aime Simone und gibt uns abschließend die folgenden Worte mit auf den Weg: „Nimm den Kopf hoch, schau hin und sieh, was du für die Welt tun kannst. Das ist die Suche nach der Liebe, und sie wird dir tausendfach zurückgespiegelt werden. Es spielt keine Rolle, wie oft du scheiterst, solange du am Leben bist und es weiter versuchst. Irgendwann wird es klappen.“

„Oh Glory“ erscheint am 5. Mai via Because Music

Aus dem FAZEmag 135/05.2023
Text: Hugo Slawien
Foto: Idan Barazani
www.aimesimone.com