Audiomatic – Zwischen Bocholt, Berlin und Koh Phangan

Es war das Jahr 1999, als Benjamin Halfmann aka Audiomatic zum ersten Mal seinen Sound der Öffentlichkeit präsentierte. Als ich zwei Jahre später die Goa-Szene für mich entdeckte, war der Name Audiomatic schon in aller Munde – und seine Tracks waren ein Must-have in der Playlist jedes DJs. Progressive Psytrance ist sein Genre und man hört in jedem Ton, dass Benjamin Halfmann mit Herzblut bei der Sache ist. Im Laufe der Jahre hat er sich als Produzent und DJ einen festen Platz neben den ganz großen Acts der Szene gesichert und so ziemlich mit allen schon einmal zusammengearbeitet. Auch international ist er aus den Line-ups der Events nicht mehr wegzudenken.

Masqued Ball - Capetown by Brent Fotography

Benni, erzähl uns doch erst mal, wann und wo das mit dir und der Musik seinen Anfang genommen hat!

Mein erstes DJ-Set habe ich 1999 in meinem Geburtsort Isselburg gespielt. Ein Nachbar meines Vaters hatte seine Kuhwiese zur Verfügung gestellt und ich plante mit einem Freund eine kleine Open-Air-Party für 100 Gäste. In der Nacht wurden wir dann von mehr als 400 Gästen überrascht und ich spielte mein Debüt vor einem vollen Dancefloor. Direkt nach meinem Set wurde ich von Veranstaltern angesprochen und es folgten erste bundesweite Bookings. Im folgenden Jahr lernte ich Stefan „Magnetrixx“ Lewin kennen. Auf dem PC meiner Mutter installierte er mir die erste Musiksoftware, da ich noch keinen eigenen besaß. Ich war sofort angefixt und nutzte jede freie Minute, um meine ersten Tracks zu produzieren. Als ich 2001 die ersten Demos verschickte, war die Resonanz so gut, dass alle Tracks von verschiedenen Labels gesignt wurden. Bis 2004 veröffentlichte ich einige Tracks auf Compilations und war fast jedes Wochenende in Deutschland auf Tour. Als dann mein erstes Album „Multiplayer“ veröffentlicht wurde, folgten die ersten Bookings im Ausland, in Japan, Dänemark, Schweden und in der Schweiz. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, dass das alles mehr als „nur“ ein Hobby ist.

Welchen Beruf haben sich deine Eltern für dich vorgestellt? 

Ich war gerade mit dem Zivildienst in einem Jugendtreff fertig, als mein erstes Album veröffentlicht wurde. Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen hatte mir viel Spaß gemacht und meine Eltern dachten, ich würde mich vielleicht beruflich in diese Richtung orientieren. Während der Zivildienstzeit hatte ich aber schon fast jedes Wochenende Gigs und es blieb wenig Zeit für das Produzieren neuer Tracks. Ich musste mich dann entscheiden: Entweder eine dreijährige Ausbildung machen und weiterhin keine Zeit zum Produzieren haben oder mich mit der Musik selbstständig machen.

Und wie reagierten deine Eltern auf deine Berufswahl? 

Sie haben mich von Anfang an unterstützt. Meine Mutter hat mir oft ihr Auto geliehen, damit meine Freundin mich zu den Gigs fahren konnte, und mein Vater hat mir meinen ersten eigenen PC zum Produzieren gekauft. Nach dem Ende meines Zivildienstes hatte ich schon einige Releases und regelmäßige Bookings vorzuweisen. Somit haben meine Eltern eine realistische Chance gesehen, dass es mit der Selbstständigkeit als Musiker klappen kann.

Wie kamst du zu deinem Künstlernamen Audiomatic? 

Zu Anfang hatte ich noch keinen Künstlernamen und stand mit meinem Vornamen auf den Flyern. Als ich dann meinen ersten Plattenvertrag unterschrieb, sagte mir das Label, dass ich einen Künstlernamen brauche und eine Woche Zeit habe, mir einen zu überlegen. Von meinen Vorschlägen gefiel dem Label Audiomatic am besten – so habe ich mich dann auch für diesen Namen entschieden.

Wer oder was inspiriert dich? 

Eine gewisse Inspiration kommt natürlich von den Partys. Die Reaktion der Leute bei einem guten Gig wirkt genauso inspirierend wie neue Musik, die man von anderen DJs hört.
 Auch die Abwechslung in meinem Job inspiriert mich. Wenn ich eine Woche nur im Studio gearbeitet habe, bin ich froh, dann wieder für ein paar Tage auf Tour zu sein. Auf längeren Reisen vermisse ich dann wieder mein Studio und bin voll motiviert und inspiriert, wenn ich zurück zu Hause bin.

Was war die beste Entscheidung, die du in deiner beruflichen Laufbahn als Künstler getroffen hast? 

Mit dem Label Spin Twist zusammenzuarbeiten. Ich kannte Hannes bereits, bevor er das Label gründete. Da wir damals schon menschlich und musikalisch auf einer Wellenlänge waren, bin ich als einer der ersten Künstler zum Label dazugestoßen. Im Jahr 2006 habe ich meine erste Compilation für Spin Twist zusammengestellt, danach zwei Alben dort releast und 2011 habe ich angefangen, Masterings für das Label zu machen. Wir haben zusammen Partys veranstaltet, wir hatten einige tolle Studio-Sessions und es hat sich eine langjährige Freundschaft entwickelt. Sowohl geschäftlich als auch privat bin ich mit keinem aus der Szene so lange verbunden wie mit ihm.

Du bist der einzige deutsche Spin-Twist-Artist, der nicht in Hamburg wohnt. Warum nicht? 

Ja, das stimmt. Seit über 20 Jahren wohne ich in Bocholt an der holländischen Grenze.
Ich bin dankbar, durch meinen Beruf viele große Städte bereisen zu können, und genieße dann dort auch das „Big City Life“. Es ist für mich aber der perfekte Ausgleich, meinen Wohnort in einer kleineren Stadt zu haben. Man hat hier mehr Ruhe und Platz als in einer Großstadt, das bedeutet für mich einfach mehr Lebensqualität.

Womit produzierst du? Wie sieht dein Studio aus und welches Equipment findet sich dort? 

Mein Studio wurde von der Firma Berlin Accoustics geplant, die unter anderem für die Studios von Oliver Koletzki und Ben Klock verantwortlich ist. Als Lautsprecher ist ein Paar ATC SCM50ASL Pro im Einsatz. Ich produziere mit Cubase 9.5 und das meiste passiert im Rechner. Ich habe zwar ein paar externe Synthesizer, aber davon benutze ich eigentlich bei jeder Produktion nur noch den Virus TI. Die Software-Synthesizer klingen mittlerweile so gut, dass man keine Hardware mehr braucht. Beim Mastering hingegen setze ich mehr auf Hardware als auf Software.

Du hast schon überall auf der Welt gespielt. Welches Event ist dein Favorit und welcher ist dein persönlicher Lieblingsclub? 

Mein favorisiertes Event, das ich auch regelmäßig bespiele, ist das Halfmoon Festival auf der Insel Koh Phangan in Thailand. Es findet auf einer traumhaften Lichtung im Dschungel statt, die Ton-/Lichttechnik ist Weltklasse und das Publikum kommt von überall her. Palmen, tropische Temperaturen und ein Halbmond, der über dem Mainfloor leuchtet, sind schon schwer zu toppen. Einen Lieblingsclub habe ich eigentlich nicht. Ich kann in einem ranzigen, kleinen Underground-Club genauso viel Spaß haben wie in einem durchgestylten großen Club. Der Kitkat Club in Berlin ist aber irgendwie besonders für mich, da ich dort immer sehr lange Sets spielen kann. Ich glaube, das längste zog sich über acht Stunden.

Was war dein emotional schönster Moment auf der Bühne? 

Es war das Closing-Set beim Hadra Festival 2013 in den französischen Alpen. Es hatte das ganze Wochenende geregnet, aber ich hatte das Glück, dass es vor meinem Set am Sonntag wieder halbwegs trocken wurde. Die Stimmung steigerte sich enorm und am Ende des Sets tanzten der Bürgermeister und die Veranstalter-Crew neben mir auf der Bühne. Als mein letzter Track zu Ende war und die Musik ausging, applaudierte und jubelte das Publikum minutenlang, bis die Veranstalter mich baten, eine Zugabe zu spielen. Ich hatte eine Gänsehaut wie nie zuvor in meinem Leben. Ihr könnt sogar ein Video davon bei YouTube sehen:

Für welche Künstler hast du schon Tracks gemastert? 

Unter anderem für Neelix, Phaxe, Fabio & Moon, Morten Granau, Day.din, Waio, Ghost Rider, Class A, Ranji, Bitmonx, Interactive Noise, Metronome, Flowjob, Kularis, Vaishiyas, Symphonix, Egorythmia, Krama, Shiva Chandra, Capital Monkey, Sideform, Durs, Corona, Osher, Royal Flush, Berg, Klopfgeister, Tezla, Coming Soon, XV Killist, Twilight, Unseen Dimensions und Jiser. Releast wurden die Masterings dann unter anderem auf folgenden Labels: Spin Twist Records, Iboga Records, Blue Tunes, 432 Records, VII Crew, Aerys Records, Iono Music, Audioload Music, Echoes Records, Solar Tech Records, Airglow Records, Madabeats Records, Upward Records, Question of Prog und Dynamite Records.

Was hörst du privat für Musik neben Progressive Trance?

Privat höre ich gerne melodischen Techno und House von Künstlern wie beispielsweise Stephan Bodzin, Oliver Koletzki, Tube & Berger, Paji, Weekend Heroes oder Ben Coda.

Zweifelst du auch manchmal an dir? 

Natürlich! Eigentlich kommt bei jedem Track, den ich produziere, der Moment, wo ich Selbstzweifel habe und am liebsten alles löschen will. Da hilft nur eine Studio-Auszeit dabei, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Was erwartet uns dieses Jahr, vielleicht ein neues Album oder eine EP? 

Ein Album ist dieses Jahr nicht geplant, aber es wird neue Singles von mir bei Spin Twist geben. Es wird bald auch ein neuer Track rauskommen, den ich zusammen mit Unseen Dimensions in Australien produziert habe. Ich war im März für zwei Gigs in Melbourne, wir hatten danach eine tolle Woche bei ihm im Studio. Außerdem ist noch ein neuer Track mit Phaxe aus Dänemark in Arbeit. Es wird auf jeden Fall alles melodischer Progressive Trance sein, wie man ihn von mir kennt.

Welcher deiner Tracks ist dein persönlicher Favorit?

Das ist „Exchange“, der Track, den ich zusammen mit Hannes/Vaishiyas produziert habe. Es war der erfolgreichste Track von meinem dritten Album „Weekend Society“ und ein ziemlicher Ohrwurm. Eine besondere Ehre war es für mich, als ich von Astrix gefragt wurde, ob er den Track remixen dürfe. Astrix war ein Held meiner Jugend – ich hätte niemals zu träumen gewagt, dass er mal einen Track von mir remixt.

Worauf könntest du in deinem Leben nicht verzichten?

Was soll ein Musiker darauf antworten? Natürlich auf die Musik! Sie zu hören, verschönert meinen Alltag. Sie zu produzieren und auf Partys zu spielen, erfüllt mein Leben. Durch sie durfte ich viele tolle Orte besuchen und interessante Menschen kennenlernen. Auf Musik zu verzichten, kann ich mir absolut nicht vorstellen.

Deine Fanbase ist riesig. Gibt es etwas, was du all deinen Followern da draußen sagen möchtest?

Vielen Dank, dass ihr es mir ermöglicht, meinen Traum zu leben. Ohne euch würde Audiomatic nicht existieren.

Vielen Dank an dich, Benni, dass du dir für dieses Interview Zeit genommen hast! Und dafür, dass du seit fast 20 Jahren unsere bunte Welt mitgestaltest und sie so mit zu dem gemacht hast, was sie heute ist.

 


Studio-Equipment

Mastering Gear:
Bettermaker EQ232P MKII
Bettermaker Mastering Limiter
Tegeler Audio Manufaktur Schwerkraftmaschine Kompressor
Sonic Farm Creamliner III

Converter/Interface/Monitor-Controller:
Mytek 8×192 AD-DA
RME Multiface
Dangerous Music Monitor ST

Analyser:
TC Electronic Clarity M
RME Totalyser

Synths:
NI Komplete Kontrol S49
Access Virus TI
Clavia Nordlead 3
Aturia Minibrute
Korg Polysix
Yamaha Cs2xControl

Plugins:
Native Instruments, UAD-2, Soundtoys, Fabfilter, TDR usw.

Aus dem FAZEmag 075/05.2018
Text: Jeanette Leiendecker

Studio Audiomatic