Aus dem bewegten Leben eines Musikers – Secret of Elements über sein Debütalbum „Chronos“

 

Mit „Chronos“ veröffentlichte der Rostocker Künstler und Komponist Secret of Elements, bürgerlich Johann Pätzold, am 23. April und nach über zehn Jahren Produktionszeit sein lang ersehntes Debütalbum, das sich im Bereich Neoklassik/Electronica ansiedelt. Das Album erzählt Anekdoten aus Pätzolds bewegtem Leben, die von emotionalen Tiefpunkten bis hin zu Momenten der Glückseligkeit reichen.

Zehn Jahre befand sich „Chronos“ in Produktion. Es fängt aber nicht nur deine musikalische Arbeit, sondern auch private Erlebnisse ein. War das von Anfang an so geplant?

„Chronos“ ist ein Sammelsurium aus Musikstücken eines jeden Jahres seit 2011. Es handelt sich um Titel, die teilweise sehr persönlich sind und deshalb nie veröffentlicht worden waren. Irgendwann habe ich – wenn auch zögerlich – InFiné diese Stücke auf den Tisch gelegt. Bereits 2015 hatte sich das Label nach einer Album-Kooperation bei mir erkundigt und diesem Wunsch wollte ich nachkommen. Dass das ganze Prozedere dann so lange gedauert hat, war nicht geplant. In der Zwischenzeit habe ich jedoch zwei EPs mit Titeln veröffentlicht, die eigentlich mit auf das Album sollten – eine Art Kompromiss.

 Wie fühlst du dich nach der Fertigstellung? Fehlt da jetzt nicht etwas oder ist das nächste Projekt schon in den Startlöchern?

Ich bin mehr als glücklich, es endlich hinter mich gebracht zu haben, da mich am Ende des Projekts extreme Zweifel plagten, die ich nur dank der Mithilfe von Alexandre Cazac von InFiné beiseitelegen konnte. An dieser Stelle möchte ich dem Label nochmals dafür danken, dass sie sich mit meinen vielen Extrawürsten auseinandersetzten und Verständnis für meinen perfektionistischen Drang zeigten. Ein derartiges Vertrauen habe ich als Künstler selten zu spüren bekommen. Es gibt Pläne für weitere gemeinsame Projekte, die aber derzeit noch von Corona blockiert werden.

Das Album und seine Tracks erzählen von bedeutsamen Erlebnissen aus deinem Leben. Wie genau spiegeln sich diese Erfahrungen in der Musik wider? Wie verleihst du ihnen Ausdruck?

Es sind die Emotionen, die ich bei der Erfahrung verspürte und nun in die Musik einwebe. Dass „Chronos“ ein sehr melancholisches Grundrauschen hat, wurde mir bereits mehrfach gesagt. Schließlich sind Ereignisse, die uns bewegen, meist mit etwas Nachdenklichem verknüpft. So gesehen wohnt selbst der Geburt der eigenen Kinder Melancholie inne. Wenn man so ein zerbrechliches Wesen in seinen Armen hält, fühlt man eben nicht nur Glück, sondern auch viele andere Dinge, die einem mitunter auch Sorgen bereiten. Dies sind Gefühle, die man mit Worten nur schwer beschreiben kann, weshalb ich die Musik als Werkzeug zu Hilfe nehme. Doch selbst die Musik reicht mir oft nicht, um das zu beschreiben, was ich fühle.

Traumatische Erfahrungen als Seenotretter, eine psychische Erkrankung, der Selbstmordversuch einer Freundin – viele der Geschichten, die du in dem Album verarbeitest, sind keinesfalls freudige Ereignisse. Belastet das einen nicht bei der Produktion?

Als ich vom Balkan und aus dem Mittelmeer zurückgekommen war, fühlte ich eine große innere Leere. Ich hatte Panik, keinen Zugriff mehr auf meine Gefühle zu erlangen. Irgendwann ist jedoch alles aus mir herausgeplatzt und ich wurde total überrumpelt. Dieses emotionale Chaos konnte ich dann mithilfe der Musik, die als mein Katalysator dient, bewältigen. Anderenfalls würde ich vermutlich in einer Klinik sitzen und dort verkümmern. Ins Stocken gerät der Katalysator allerdings beim Gefühl der Angst, die ich musikalisch nicht verarbeiten bzw. ausdrücken kann. Hiervor habe ich nach wie vor … tja, Angst eben.

Wie erlebst du die Krise? Welche Erkenntnisse konntest du aus ihr gewinnen?

Diese Krise erlebe ich als den absoluten Tiefpunkt der Wertschätzung von Menschen, die wirklich wichtig sind, um uns durch diese Pandemie zu bringen. Ärzte, Pflegekräfte, Wissenschaftler, Freiberufler und Künstler dürfen nun am eigenen Leib erfahren, dass man sie für absolut selbstverständlich betrachtet. Ich möchte jetzt keinesfalls falsch verstanden werden. Den Lockdown finde ich absolut richtig (wenn es denn ein echter Lockdown wäre). Es gehört sich in einer starken Demokratie, dass wir die Schwächsten und Alten in der Gesellschaft schützen. Es ist unsere verdammte Aufgabe, das ohne wenn und aber durchzuziehen. Ich verstehe auch nicht, wieso man dieser idiotischen Bewegung von Querdenkern so viel Spielraum einräumt. Es ist einfach immer wieder ein Tritt ins Gesicht allen den gegenüber, die um ihr Überleben kämpfen, sei es gesundheitlich oder finanziell. Was ich ebenfalls nicht verstehe – und da explodiere ich regelmäßig – ist, dass man weder den Wissenschaftlern, noch den Ärzten oder Pflegekräften zuhört. Stattdessen handelt man wieder nur wirtschaftsorientiert und bläst den Industrien und Co. das Steuergeld in den Arsch, welches dann als Dividende an die Aktionäre ausgezahlt wird. Dieser Lockdown Light der Bundesregierung hilft nur denen, die sowieso kaum Auswirkungen von der Pandemie zu spüren bekommen. Kultureinrichtungen wie Theater, Clubs oder Kneipen bleiben geschlossen und ich muss mit ansehen, wie Kollegen und Freude das finanzielle Standbein und die Perspektive verlieren. Und auch ich bin davon betroffen. Anfang Januar habe ich überbrückend einen vereinfachten Antrag auf Hartz IV gestellt. Bis jetzt (Stand: April) habe ich davon noch keinen Cent erhalten. Ich weiß, dass ich da kein Einzelfall bin und es fast allen so geht. Es ist eine absolute Sauerei. Während sich Daimler und Co. ihre Dividenden (finanziert von Staatshilfen und meinem Steuergeld) auszahlen lassen können, frage ich mich ernsthaft, was noch von unserer Kultur da sein wird, wenn das Ganze jemals zu Ende sein sollte. Mein Optimismus hält sich da nämlich leider etwas in Grenzen, wenn ich mir diesen lächerlichen Eiertanz der Bundesregierung ansehe. Diese Vetternwirtschaft und völlig dreist und ganz offen gelebte Korruption mit den Maskendeals – Sorry, so kommen wir da nie durch. Und wenn es dann vorbei ist, soll sich keiner wundern oder darüber beschweren, dass er nicht mehr ins Theater oder ins Kino oder in eine Kneipe oder in einen Club gehen kann. Diese Überbrückungshilfe bringt einfach mal gar nichts. außer Stress und Kummer. Sie kommt zu spät, ist an absurde Bedingungen geknüpft und mit der ständigen Angst im Rücken verbunden, diese am Ende doch zurückzahlen zu müssen. Und wenn man sich dann für Hartz IV entscheidet – und dafür muss man sich wirklich nicht schämen – aber die Bewilligung mehr als vier Monate dauert, dann ist diese Pandemie die absolute Offenbarung, dass wirklich alles schief läuft. Dieses Verhalten ist verachtend und ich bin wirklich tief erschüttert. Ja, wir müssen die schwachen schützen, aber dann muss der Staat auch konsequent dafür sorgen, dass Menschen, die de facto Arbeitsverbot haben, diese zeit finanziell überleben können. Ich könnte mich noch zwei Stunden länger darüber aufregen. Ich hoffe einfach, dass meine Kollegen diese Zeit irgendwie überstehen, denn wir brauchen uns nach der Pandemie mehr als je zuvor.

„Chronos“ ist am 23. April auf dem Label InFiné Music erschienen.

www.secretofelements.com