Von Kopenhagens Untergrund auf die großen Bühnen der Welt: BAIME steht für einen Sound, der sich nicht sofort einordnen lässt und doch mitreißt.
Mit druckvollen Beats, emotionaler Tiefe und einem kompromisslosen Ansatz hat sich der dänische Künstler BAIME weit über die Grenzen Skandinaviens hinaus einen Namen gemacht. Seine Wurzeln liegen in der pulsierenden Clubszene Kopenhagens – mit legendären Nächten im Culture Box, KB18 oder den IG60-Partys von CPH DEEP. Doch längst ist BAIME zu einer festen Größe auf internationalen Line-ups geworden: Ob im mittlerweile geschlossenen Watergate, Kater Blau oder Soho Garden Dubai – seine hypnotisch-dynamischen Sets hinterlassen überall Spuren.
Auch als Produzent verfolgt er eine klare künstlerische Vision: roh, transformativ und voller Atmosphäre. Releases auf Label wie Radikon und Stil Vor Talent zeigen, wie mühelos BAIME zwischen Intimität und epischem Sounddesign pendelt. Im Interview mit FAZE spricht er über seinen neuen Track With Me auf Blindfold Recordings, das emotionale Zentrum seiner Musik und warum es manchmal ein durchgeknallter Abend braucht, um Magie zu erschaffen.
Deine neue Single „With Me“ ist gerade auf Blindfold Recordings erschienen. Was steckt hinter dem Track?
Anfangs habe ich einfach im Studio herumprobiert – auf allem möglichen rumgehauen, merkwürdige Texturen aufgenommen und mit Techniken experimentiert, die ich vorher nie verwendet hatte. Kein Plan, nur Chaos und Neugier. Irgendwann ist das Projekt dann in der Schublade gelandet – halbfertig und vergessen.
Bis zu dieser einen wilden Nacht mit Freunden: eine dieser energiegeladenen, unvorhersehbaren Partys, bei der plötzlich alles stimmt – Musik, Menschen, Vibes. Irgendwo zwischen Wahnsinn und Sonnenaufgang kam mir die Idee zum Track wie ein Geistesblitz. Ich rannte sofort aufs Klo und summte sie ins Mikro meines Handys. Die Aufnahme war grottig, aber sie hat gereicht, um den Gedanken festzuhalten.
Am nächsten Tag, noch voller Nachwehen dieser Nacht, ging ich wieder ins Studio – und plötzlich fügte sich alles. Diese rohe Energie hatte sich in Inspiration verwandelt. Sie wurde zum Herzstück des Tracks. Es war, als würde sich all das Chaos, die Verbindung, die Emotion dieser Nacht in Sound kristallisieren. Es brauchte nur den richtigen Moment.
Darauf habe ich den Rest des Tracks aufgebaut – getrieben, aber offen, melodisch und immersiv.
Wie würdest du das emotionale Zentrum der Single beschreiben?
With Me bedeutet mir viel. Der Track markiert eine neue Richtung in meinem Sound, ohne dabei meine rohe, ungeschliffene Note zu verlieren.
Im Kern geht es um Sehnsucht. Es schwingt etwas Nachdenkliches mit, aber auch Hoffnung. Ich war schon immer fasziniert von Kontrasten – Musik, die zugleich schwer und erhebend ist. Nicht einfach nur Freude oder Traurigkeit, sondern dieser Raum dazwischen, wo beides verschmilzt. Diese emotionale Spannung ist genau das, wonach ich suche.
Blindfold Recordings ist seit Jahren dein musikalisches Zuhause. Wie würdest du eure künstlerische Verbindung beschreiben?
Blindfold ist wirklich Heimat für mich. Ich betreibe das Label gemeinsam mit Jens Christian Nørgaard, früher bei Baime, also gibt es eine tiefe Verbindung. Unser Motto „No Eyes All Ears“ bringt es auf den Punkt.
Wir folgen von Anfang an unserem Bauchgefühl statt irgendwelchen Trends. Uns interessiert nicht, was auf Social Media gerade angesagt ist – wir signen keine Artists wegen Hype. Stattdessen suchen wir gezielt nach Talenten mit eigenständigem Sound, nach Leuten, die ihren eigenen Weg gehen – mit Substanz. Hohe Produktionsqualität ist uns extrem wichtig. Es geht nicht nur um das Gefühl eines Tracks, sondern auch um seine handwerkliche Umsetzung. Das prägt jede unserer Veröffentlichungen. Bei uns gibt’s keinen kreativen Kompromiss. Diese Freiheit ist selten – und genau deshalb kann ich Risiken eingehen, ohne mich um Kommerzialität zu scheren. Jens Christian vertraut mir da voll, was mir den Rücken freihält, neue Wege zu gehen.
Von Kellerclubs in Kopenhagen bis hin zu Rooftop-Partys und globalen Bühnen – wie prägen diese Orte deine Musik?
Jeder Ort bringt dir etwas bei. Die Underground-Spots in Kopenhagen haben mir gezeigt, wie man Nähe schafft, wie man einen Raum liest und Spannung aufbaut. Rooftops und große Bühnen verlangen nach anderen Klangwelten – da wird Atmosphäre entscheidend. Die Kunst liegt darin, etwas groß wirken zu lassen, ohne dass es seine Seele verliert.
Ich versuche beides zu verbinden: die Intimität des Kellers mit der Weite der großen Bühnen.
Du beschreibst deine Musik oft als transformativ. Was hoffst du, empfinden Menschen nach einem BAIME-Set oder -Release?
Ich will, dass sie etwas Echtes spüren. Vielleicht ist es ein emotionaler Release. Vielleicht verändert sich ein Blickwinkel. Oder sie verlieren sich einfach für einen Moment. Was auch immer es ist – ich hoffe, es bewegt etwas in ihnen. Selbst wenn es nur klein ist. Wenn meine Musik Menschen das Gefühl gibt, etwas Größeres erlebt zu haben, dann habe ich meinen Job richtig gemacht.
Lass uns über Studioarbeit sprechen: Gab es bestimmte Werkzeuge oder Prozesse, die bei With Me eine zentrale Rolle gespielt haben?
With Me ist um ein paar Schlüsselelemente herum entstanden, die dem Track seinen Charakter gegeben haben. Der MiniFreak – den hatte ich gerade neu – hat direkt eine unvorhersehbare, frische Note reingebracht. Dazu der Sub37, der mich seit fast zehn Jahren begleitet – der liefert genau das Gewicht und die Wärme, auf die ich immer wieder zurückgreife. Dieses Synth war das Rückgrat meines Live-Sets beim Roskilde Festival und steckt in vielen Baime-Tracks – da besteht eine echte Verbindung.
Als verbindendes Element habe ich das Eventide Space Reverb genutzt – das hat alles in einen träumerischen, kohärenten Klangraum gebracht. Die Vocals habe ich durch die UAD Topline-Chain geschickt, was ihnen die nötige Tiefe und Farbe gegeben hat.
Außerdem habe ich mit volumenbasierten Layering-Techniken gearbeitet – gerade bei den Pads, um Bewegung und Leben reinzubringen. Sobald Vocal und Haupt-Synth standen, floss der Rest fast von selbst. Es ging nur noch darum, Raum zu schaffen, die Energie zu stimmen und das emotionale Zentrum herauszuarbeiten.
Was erwartet uns 2025 von dir – neue Releases, Remixes oder sogar Grenzüberschreitungen?
2025 wird auf jeden Fall spannend. Es kommen weitere Original-Releases, dazu Remixe für Surrealism und Infinite Depth, auf die ich besonders stolz bin. Außerdem arbeite ich an Kollaborationen mit Denes Toth, Gespona, Manti und Cennk – vieles davon ist noch unter Verschluss, aber es geht definitiv in eine zukunftsweisende Richtung.
Ziel ist es immer, sich weiterzuentwickeln – im Studio, auf der Bühne und in jedem kreativen Prozess.
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