Barry Can’t Swim – „Man macht sein Debütalbum nur einmal“

Foto: Henry Gorse

Die letzte Zeit war für den Herrn aus Edinburgh eine äußerst aufregende – machte er doch 2020 mit einer Reihe von Releases auf sich aufmerksam und signte seine „More Content“-EP 2022 beim Ninja-Tune-Sublabel Technicolour. Bis heute hat die EP rund 25 Millionen Streams angehäuft und wurde bei FluxFM seinerzeit zum Album der Woche gekürt – was einer EP recht selten gelingt. Billboard, Mixmag und weitere Gazetten richteten ihre Scheinwerfer schon früh auf Joshua Mainnie, wie der Schotte mit bürgerlichem Namen heißt. Zu Recht, lieferte er in diesem Jahr doch gefeierte DJ-Sets beim Glastonbury Festival sowie beim FLY Festival im Rahmen einer Boiler-Room-Session ab und teilte sich auf Ibiza die Bühne mit Namen wie Kerri Chandler und Honey Dijon. Nun veröffentlichte Barry Can’t Swim am 20. Oktober sein Debütalbum mit dem Titel „When Will We Land“. Erschienen ist das Werk auf Ninja Tune.

Die darauf enthaltenen elf Titel sind dabei das umfangreichste und vielfältigste Projekt des Künstlers, Produzenten und Pianisten. Soundtechnisch bewegt sich Barry Can’t Swim auf dem zugleich komplexen, aber dennoch wie aus einem Guss klingenden Werk, das auf gewisse Weise als eine musikalische Autobiografie verstanden werden kann, zwischen Deep House, Jazz, Ambient und Afrobeat: „Man macht sein Debütalbum nur einmal“, sagt er. „Deshalb möchte ich alle Elemente der Dinge zeigen, die ich bisher in der Musik genossen und geliebt habe. Ich stehe auf so viele verschiedene Musikrichtungen. In diesem Werk wollte ich all diese Einflüsse zusammen mit den Menschen, die daran beteiligt waren, zusammenfließen lassen. So sind zum Beispiel Schnipsel von Sprachnotizen meiner Familie, Freunden und Privataufnahmen in das Album eingestreut. Dadurch fühlt sich das Album für mich noch persönlicher an. Es ist ein ganz besonderer Moment und es ist immer noch ziemlich surreal. Ich habe in den letzten Jahren wie besessen an diesen elf Tracks gearbeitet. Und dass sie jetzt veröffentlicht werden, ist ein echter Meilenstein, den ich für immer in Ehren halten werde.“

Besonders beeinflusst haben den Schotten neben Acts wie The Avalanches, Khruangbin und Little Simz vor allem der Jazz und ein ganz bestimmtes Merkmal in diesem Genre: „Ich lasse mich von sehr vielen Dingen inspirieren. In der Vergangenheit war es auf jeden Fall der Jazz, dessen kompositorische Freiheit ich immer bewundert habe. Auch bei anderen Projekten habe ich in Bands gespielt und gerne Live-Musik gehört. Deshalb war es für mich sehr wichtig, dieses melodische Live-Gefühl in meine Musik zu bringen. Außerdem war ich als Kind ein großer Fan von Fela Kuti, deshalb mag ich es, Elemente aus Afrobeats und Highlife einzubauen.“

Und auch wenn Joshua sich als Produzent im elektronischen Genre ansieht, liebe er es, seine Musik an Instrumenten zu schreiben: „Normalerweise beginne ich einen Track, indem ich ein Sample oder einen Sound finde, der mich fesselt, und spiele dann auf den Tasten herum, um eine passende Melodie zu finden. Das Klavier ist mein stärkstes Instrument und von dort aus baue ich die Drums, Synthies und Schichten auf. Obwohl einige Stücke auf diesem Album auf eine völlig neue Art und Weise entstanden sind. ,Always Get Through To You‘ zum Beispiel habe ich mit einem Live-Gospelchor geschrieben, das war das erste Mal, dass ich so etwas gemacht habe – und es war eine tolle Erfahrung.“ Ebenfalls unvergesslich ist seine erste Live-Show, die er in diesem Jahr gespielt hat. In den kommenden Wochen wird Joshua die Show auf zahlreichen Headline-Shows quer durch Europa spielen. Die einzige Deutschland-Show steht für den 15. November in der Kantine am Berghain auf der Agenda: „Ich freue mich sehr auf die Tour. Es wird ein Mix aus Energie, Spaß und Klavier. Und eine gehörige Portion Dad-Dancing (lacht).“

Aus dem FAZEmag 141/11.2023
Text: Triple P
Foto: Henry Gorse
www.instagram.com/barrycantswim