Er war Resident-DJ in der legendären Leipziger Distillery, spielt zehnstundenlange Sets im Berghain und ist Gründer des Labels Unitas Multiplex: Vincent Neumann. Abseits der Bühne arbeitet der 37-Jährige als Psychotherapeut, behandelt Suchtkranke. In einem Interview mit dem Tagesspiegel hat er nun Einblicke in seinen beruflichen Spagat gegeben.
Seine langjährige Aktivität im Techno-Nachtleben helfe ihm, eine engere Connection zu seinen Patienten herzustellen, erklärt der Musiker. Sie würden sich schneller öffnen gegenüber Leuten, die selbst Teil der Szene sind.
Seit sechs Jahren arbeitet Neumann mittlerweile auf einer Drogenstation, rund 70 Kilometer entfernt von Leipzig. Dass er selbst mal Amphetamine, Kokain und MDMA nahm, verschleiert er nicht. Nach einer Weile habe er jedoch bemerkt, dass er sich an den Wochenenden mehr auf den Rausch freute, als auf seine Freunde und die Musik. Dank einer gesunden Selbstreflexion realisierte Neumann schließlich die Schattenseiten des Konsums und nahm Abstand von Drogen.
Neumann erzählt auch von Patienten, die ihn im Club trafen und ansprachen. Einer habe gesagt, er würde endlich nicht mehr kiffen, nur noch gelegentlich eine Bahn Speed ziehen.
Über die Alkohol-Station seiner jetzigen Arbeitsstelle ist Neumann dann auf der Drogenstation gelandet. Die Anfänge seien kräftezehrend gewesen. Doch dann fand er während einer Gruppentherapie seine Bestimmung. Gegenüber dem Tagesspiegel schildert er: „In der Gruppentherapie hat mir jemand den Killer-Satz an den Kopf gehauen: ‚Was wissen Sie denn schon? Haben Sie überhaupt schon mal Drogen konsumiert?‘ Und dann habe ich gesagt: ‚Ich gehe seit zehn Jahren feiern, was denkst du denn?‘ Und dann hieß es: ‚Boah, Sie wissen ja, wovon Sie reden!‘“ Danach habe sich bei ihm ein Schalter umgelegt. Mittlerweile könne er sich keine andere Arbeit mehr vorstellen.
Gegenüber der viel diskutierten Legalisierung steht Neumann derweil zwiegespalten gegenüber. Man könne zwar daraus resultierende positive Auswirkungen beobachten, wie etwa in Portugal, doch klar ist auch, dass nicht jeder mit dem uneingeschränkten Konsum umzugehen weiß. Hängen geblieben ist ihm diesbezüglich eine Aussage einer seiner jüngeren Patienten, der während einer Therapiestunde sagte: „Wenn Cannabis demnächst legal ist – wie soll man da standhaft beiben?”
Hier könnt ihr das gesamte Interview lesen.