Normalerweise ertönen im Münchner Nachtclub Neuraum schallende Beats aus den Lautsprechern. Normalerweise. Jeden Sonntag verwandelt sich die Venue in ein christliches Gotteshaus, in dem die Freikirche „International Christian Fellowship“ (ICF) ihren Gottesdienst abhält. Statt Beats und Bässen gibt es dann Orgelmusik und Bibeltexte.
Nach mehreren Standortwechseln hat die ICF ihr Quartier mittlerweile im Club an der Arnulfstraße bezogen, wo an den Wochenenden regelmäßig Künstler wie Angerfist, Sam Feldt, KomaCasper, Oliver Heldens oder Don Diablo an den Mixern stehen. Jeden Sonntagmorgen wird die Location gereinigt und Helferinnen und Helfer bauen die Bühne und die Technik für die sogenannte „Celebration” auf. Auf die Frage nach dem Wandel vom Club zur Kirche heißt es: „Das Böse geht, das Gute kommt”.
Aber ist das nicht absurd? Die Freikirche vertritt eine äußerst konservative Haltung, betrachtet Homosexualität als Sünde und spricht sich gegen Sex vor der Ehe aus – bei den Partygängern im Neuraum dürfte man diesbezüglich wohl kaum auf Zustimmung stoßen. Für die ICF sei dies allerdings kein Widerspruch, wie Sprecher Konstantin Fritz gegenüber der Süddeutschen Zeitung verrät. Kirche könne überall stattfinden. Er sei davon überzeugt, dass es Jesus im Club gefallen würde. Man interpretiere die Venue als einen Ort für einen modern gelebten Glauben und ihre Wahl sei als ein Wirken des Allmächtigen zu verstehen.
Selbstbestimmt war man bei der Wahl der Location jedenfalls nicht, denn es gibt schlichtweg keine Alternativen. Auch die mehreren Umzüge in den zurückliegenden Jahren untermauern, dass die ICF keinen festen Standort finden kann. Seltsam.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
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