Deichkind – Niveau Weshalb Warum (Sultan Günther Music)

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“Äh Äh Baby tut mir leid, niemand stoppt die Crew vom Deich“. Auch die neuen 12 Titel aus dem neuen Labelstall der Hamburger Band werden den Höhenflug der Pyramidenchaostruppe elongieren, der 2002 nach oder vielmehr mit dem Album “Noch 5 Minuten Mutti“ und dem darauf vertretenen “Limit“ richtig begann. Leider, muss man als Genießer von kunstvollem, deutschem Hip Hop konstatieren. „Remidemmi“,“Leider Geil“ oder “Bück Dich Hoch“ manifestierten im weiteren Verlauf den Weg und Erfolg des neuen Elektro-Dance-Hip Hop Hybrids. Vorbei war es mit fetten Hip Hop Beats und man machte Fettes Brot vor, wohin sich deutscher Hip Hop zu entwickeln hatte (schnell folgte von denen dann auch “Schwule Mädchen“ und anderer Scheiß) und Fanta 4 kamen auch irgendwie vom Hip Hop Weg ab und strauchelten ins Popgeschäft. Eher unanspruchsvolle, gängige Elektro-Pop Beats heißt seit dem das kommerzielle Verkaufskonzept, gepaart mit einer abgedrehten, eye-catching Bühnenperformance. Top Marketing, das muss man dem Kollektiv lassen, aber das Niveau? Weshalb, Warum? Selbiges findet sich nun auch auf dem aktuellen Longplayer wieder, das Weltklasse Dancefloorfiller (“Was habt Ihr“ oder das sensationelle „Naschfuchs“ mit einem göttlichen Discobass) genauso an Bord hat wie belanglose Popnümmerchen (“Porzellan & Elefanten“,“Die Welt Ist fertig“) oder nichtssagenden Großraumdissensound (“Oma Gib Handtasche“). Eins ist jedoch geblieben, da macht man diesen Jungs, egal wie sie sich rein musikalisch im Laufe ihrer Karriere verändert haben, nichts vor, und das sind die witzigen, (system)kritischen, sarkastischen, zeitgeistig geprägten und in der Szene verhafteten Wortspielakrobatereien. Keine deutsche Hip Hop Crew (klammern wir Dendemann mal aus) bringt seine Aussagen seit Karrierebeginn so auf den Punkt, wie Deichkind (“Und hab ich Diabetes, dann spritz ich halt Insulin, so lässt es sich gut leben, ich wird niemals clean. Und zerfallen mir die Zähne, dann mach ich halt n‘ en Termin, ich könnte anders leben, ah – Disziplin“). Dennoch trauere ich den wirklich guten alten Zeiten nach. Fast verhält es sich mit Deichkind wie mit Pink Floyd – beide hätten ihrem ursprünglichen Konzept / Linie treu bleiben und diese weiter verfolgen sollen, anstelle auf Kosten der Kommerzialität qualitative Abstriche in Kauf zu nehmen. Aber solange der Rubel rollt, wird das Ding wohl noch geritten ohne Ende. Schade, ich versuche mich auf die Worte zu konzentrieren und verschönere mir das Leben mit Lakritzschnecken und ex die Schale Smarties… Haribo For Life! 8/10, Cars10.Becker.