Dennes Deen – Herzensangelegenheiten

Seit mittlerweile 25 Jahren ist der Wiener in der Szene aktiv, die Szene in der österreichischen Hauptstadt hat er in diesem Vierteljahrhundert maßgeblich geprägt. Als Teenager noch zu jung, um die Türsteher der Nachtclubs zu passieren, verteilte er vor den berüchtigtsten Lokalitäten Mixtapes an Clubbesucher*innen, Promoter*innen und Personal. Mit 17 Jahren avancierte er zu einem Afterhour-Resident im berühmten Volksgarten. Heute ist Dennes Deen – nicht zuletzt durch seinen tiefen, groovenden Soul, den er in sein technoides Soundgerüst einfließen lässt – fester Bestandteil der österreichischen Szene und bespielte dabei schon internationale Shows rund um den Globus. Vom Space Ibiza bis hin zum Nocturnal in Miami. Mit seiner „CIRCA“-Afterhour feiert er aktuell dreijähriges Bestehen. Soundtechnisch veröffentlicht er – nach Releases u.a. auf MB Elektronics, Yoshitoshi, Knee Deep in Sound, Schönbrunner Perlen, LevelNONzero, Alchemy und DJ Sneaks I’m A House Gangster – mit „Parallel“ in Kollaboration mit David Schwarz eine EP auf Offline Records. In unserem Interview erfahrt ihr mehr.

 

Dennes, wie bist zur Musik gekommen und was hat dich besonders beeinflusst?

Kick-off war quasi in der 10er-Pause mit zwei Kassettendecks plus Filzstift. Dann Jugendzentrum, Resident-Gigs, erstes Mal Ausland und plötzlich Booking-Agentur. Zum Glück stets mit Leidenschaft und einem super Umfeld, sonst wäre mein Leben jetzt wahrscheinlich geprägt von einem „9 to 5“-Job. Sehr prägend waren für mich die Gasometer-Raves als Gast und später die berüchtigten Chattanooga-Afters an den Decks. Ach ja, und natürlich meine Sommermonate auf Ibiza mit Freunden aus Wien, als die Insel noch Herz hatte. Das hat mich alles wahnsinnig geprägt.

Du bist seit nunmehr 25 Jahren im Business. Dabei hast du viele Stile, Hypes und Trends kommen und gehen sehen.

Wahnsinn, wie die Zeit verfliegt. Hinter den Decks wohl noch schneller als sonst (lacht). Um ehrlich zu sein habe ich oft das Gefühl, diese ganzen Hypes und Trends wiederholen sich eh alle immer und immer wieder. In der Modebranche ist es ja nicht anders. Meine jungen Jahre im Gasometer waren recht hart, bis vor ein paar Jahren spielten dann alle ganz zart – Stichwort Slow-House zur Primetime – und gerade kann’s der nächsten Generation wieder nicht hart genug sein. Aber vielleicht verständlich, wenn man monatelang lang eingesperrt war. Die 25 Jahre sorgen jedenfalls dafür, dass man nicht allzu schnell überrascht wird (lacht).

Die letzten eineinhalb Jahre stand die Szene förmlich still. Wie hast du die Zeit der Pandemie erlebt?

Als alle Clubs dicht machen mussten und Gigs reihenweise gecancelt wurden, war ich eigentlich erst einmal froh über ein paar Wochen Ruhe. Das klingt vielleicht komisch, vor allem wenn, man die ganzen Existenzen sieht, die entweder gescheitert sind oder kurz davor waren. Nahezu jedes Wochenende auflegen kann auf Dauer Fluch und Segen zugleich sein. Extrem positiv ausgewirkt hat sich die Atempause auf meine eigenen Produktionen, für die ich wieder mehr Zeit hatte. Mit der Zeit fiel mir aber wortwörtlich die Decke auf den Kopf, ob im Studio oder zu Hause. Ich habe mir dann einen Lockdown-Alibi-Hund zugelegt, um wenigstens ein bisschen rauszukommen. Mittlerweile sind wir aber Best Friends und ich freue mich, dass es überall wieder losgeht.

Wie, würdest du sagen, hat sich Wien auf dich bzw. auf deine Karriere ausgewirkt?

Wien, die Weltstadt … oder doch eher Global Village (lacht). Hier kennt man sich ja quasi vom Wegschauen. Also keine ideale Ausgangslage, aber dank Kruder & Dorfmeister & Co. seit Anfang der 90er schon weltweit gut vernetzt. Gigs und gute Platten waren früher jedoch Mangelware. Das Problem hatte ich dann zum Glück nicht mehr, als ich‘s mit zarten 17 Jahren in den Volksgarten Club als Resident geschafft hatte. Ab da gingen viele Türen für mich auf. Ohne Residency wär ich übrigens schon am Türsteher gescheitert, weil Einlass ab 21 Jahren war.

Du bist bekannt für deine „CIRCA“-Afterhour-Events, die bald wieder an den Start gehen. Erzähle uns etwas zur Entstehung sowie zu deinen Plänen für die Zukunft.

Ich bin ein Afterhour-Kid. Der Vormittag ist zweifelsfrei meine Lieblingszeit – allerdings nur am Wochenende. Die Melange der Menschen und oft unkonventionellen Sets zu dieser „späten“ Stunde haben mich immer schon magisch angezogen und waren für mich so etwas wie ein musikalischer Katalysator. Nach 15 Jahren Auflegen auf Afterhours bei und mit Freunden wollte ich Wien dann auch endlich mal etwas zurückgeben – das war die Geburtsstunde von „CIRCA“. Stets mit starkem Fokus auf lokalen Acts und mutigen internationalen Bookings, die eben nicht wirklich in die Primetime passen.

Noch in diesem Jahr erscheint dein neuer Track „Monster Heart“.

Der Track ist eigentlich ein Publikumsliebling und war gar nicht geplant für das Release. Schon vor und dann natürlich speziell während der Pandemie habe ich viele Stunden im Studio mit meinem Labelpartner Christopher Groove an Produktionen gefeilt. Zum Zeitvertreib hat es dann das eine oder andere Snippet in meine Insta-Stories geschafft und bei einem Tune war mein Postfach voller „Track ID?“. Da war klar, dass wir die Nummer rausbringen. Und weil ich so ein großes Herz für meine Fans habe, heißt das Ding jetzt „Monster Heart“.

Langsam, aber sicher kehrt die Welt und damit auch die Szene hoffentlich zurück zur Normalität. Was steht bei dir auf der Agenda?

Ehrlich gesagt bin ich schon mittendrin in der Normalität, abgesehen von den ganzen Tests und Extra-Regeln. Klar, ein paar große Festivals fielen weg im Sommer, weil einfach nicht machbar, aber ich habe z.B. im Oktober beim ADE auf dem Secret Project Festival in Amsterdam gespielt und es war sehr „normal“. Unglaublich gute Stimmung und viele Wegbegleiter*innen getroffen. Ein positiver Aspekt an den außergewöhnlichen Umstanden ist die neue Perspektive. Man schätzt gerade Club-Bookings im intimeren Rahmen wieder umso mehr. Dieses Jahr geht’s nochmal nach Paris in das Café Barge und seit Längerem wieder nach New York zu Undisclosed, da freue ich mich ganz besonders drauf. Falls uns nicht die nächste Welle jetzt im Winter wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Und falls doch, wird mehr Zeit und Liebe in das Label gesteckt. Egal, was kommt, es wird gut (lacht).

 

Aus dem FAZEmag 118/12.2021
Text: Triple P
www.instagram.com/dennesdeen
Foto: Goran Andric