Wer in Technoclubs aufmerksam in Richtung VJ-Show sieht, wird mit grellen Bilderschnipseln bespielt. Sie leuchten hell auf und sind oft kürzeste Popkulturzitate, die wir selbst am frühen Morgen während des Feierns kapieren. „Die Intensitätsrüpeleien selbst der grellsten Genres – Porno, Splatter, Monumentalfantasy, Kinderkrawall, Feuerwerk – sind inzwischen so randvoll mit Geschichte, haben so viel Speicherplatz im kulturellen Gedächtnis erobert, dass man ihre Formen jederzeit zu Inhalten, ihre Inhalte jederzeit zu Abkürzungen der Rechenzeit qua Verweis auf Erwartungen machen kann“, schreibt Dietmar Dath in dem gemeinsam mit F.A.Z.-Kollegin Swantje Karich entstandenen „Lichtmächte“-Buch. Es erzählt von der iPad-Kunst David Hockneys und dem Lars von Trier-Film „Melancholia“, von „Lost“ und Robert Zemeckis „Contact“. Es fragt, weshalb das Blockbusterkino spätestens seit den frühen 1980er-Jahren „in den meisten Fällen Science-Fiction oder SF-nah“ ist, und was passiert, „wenn man eine Zeitmaschine in eine Zeitmaschine stellt und innerhalb von deren Eigenzeit reist?“ Seit der Erfindung der Elektrizität werden Orte, an denen sich Menschen begegnen, mit Licht beleuchtet. Und es gibt Mächte, die entscheiden, worauf der Scheinwerfer gerichtet ist. Wie können, Film, Literatur, Malerei, Theater, Fotografie, Performance, Clubs und Social Communities mit ihrer Lichtführung beschrieben werden? Auf was fallen die Lichter, wer profitiert? Die scheidende Facebook-Chefin Sue Gardner zitierte vor Kurzem einen ehemaligen Mitarbeiter mit den Worten: „Die besten Köpfe meiner Generation denken nur noch darüber nach, wie man Menschen dazu verleitet, auf Werbung zu klicken. Das ist doch beschissen.“ – Zeit, die Lichtführung zu verstehen, bevor nur noch leuchtet, was den Märkten nützt.
Dietmar Dath / Swantje Karich
Lichtmächte: Kino-Museum-Galerie-Öffentlichkeit
diaphanes, 272 Seiten, 24,95 EUR