DJ Koze – Verwirrung ist auch schön

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„Amygdala“ ist das neue DJ Koze Album auf Pampa. Beleuchten wir einmal vier Faktoren und Referenzen aus dem Leben und Schaffen des Stefan Kozalla:

Humor?
Ich mag die Erwartungshaltung nicht. Deswegen reagiere ich immer allergisch darauf, wenn die Leute meine skurrile Soundauswahl schon als humoristisch kategorisieren. Doch die kommt einfach daher, dass ich von den normalen Werksounds gelangweilt bin und eben nicht Deephouse-Vibes sondern eine Maultrommel benutzen und mit Rhodes kombinieren will. Das finde ich interessant und so noch nicht gehört. Ich versuche immer, Musik zu produzieren, die es genau so noch nicht gab. Sonst wäre das witzlos für mich. Und außerdem haben Gags auf Platte keine so lange Halbwertzeit. Ich bin ja viel mehr an Psychedelik und Verstörung interessiert, als an Schenkelklopfern. Und etwas, das verwirrend ist, hält auch länger. Doch das nehmen manche Leute oft als Humor wahr.

Verwirrung!
Ich freue mich über jeden, der meine Musik hört und zu den Auftritten kommt. Je länger die Leute mich begleiten, desto besser wissen sie, das Gesamte vielleicht einzuschätzen und schätzen es im besten Falle sogar, dass sie nicht genau wissen, was sie erwartet. Wenn sie angedockt haben und das Ganze gar nicht überblicken und verwirrt sind, ist das ja eigentlich auch schön für sie. Man ist ja selten verwirrt. Normalerweise erschließt sich alles ganz schnell – der macht Popbeats mit deutschem Ghetto-Rap, der macht Reggae, der macht Popmusik mit Streichern … Das ist manchmal sehr eindimensional und fad.

Nervende Musik?
Wenn man Techno/House eingibt und den ersten Treffer anhört, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es Kackmusik ist um einiges höher, als bei Folk, Country oder Reggae. Es liegt auch daran, dass man es schon als Housemusik etikettieren kann, wenn einfach eine dumme Bassdrum, ein dummes Signal, dumme Breaks, White Noise und irgendwelche Ravesignale da sind. Das könnte ein Sechsjähriger innerhalb einer halben Stunde erzeugen. Auch wenn er wahrscheinlich keinen guten Reggae-Dubtune machen könnte. In irgendeiner Form könnte er aber vermutlich sogar bessere Technomusik machen. Weil er keine Basslines spielen würde, die nur aus drei Tönen bestehen. Ich muss jedoch auch sagen, dass ich diese Musik gar nicht so stoisch verfolge. Ich höre mir nicht an, was in den Beatport-Charts ist. Letztendlich hat man nichts damit zu tun. Die Grenzen sind da ganz klar gezogen.

Hildegard Knef, Manfred Krug, Udo Lindenberg
Hildegard Knef ist für mich eine der bedeutendsten deutschen Sängerinnen. Weil sie gerade dazwischen lag. So wie meine Musik manchmal nicht einzuordnen oder zu kalkulieren ist, so war es mit ihrer auch. Für ihre Zeit war das unglaublich, was für Texte sie gemacht hat. Und wie sie gegen alle Konventionen verstieß. Wie eigen ihr Stil war, mit ihrer Reibeisenstimme, mit ihrem Sprechgesang, mit diesen komischen Worten, die sie benutzt und gedehnt hat. Wie HipHop. Das Spiel mit Sprache, mit Humor, mit Tiefe und Traurigkeit und gleichzeitig Absurdem. Da hat ein Orchester sie begleitet, aber es trällert die Frau nicht nur „Ich liebe dich“, sondern mäandert wie eine brüchige Säge hindurch. Das war für meine Ohren viel mehr HipHop, viel mehr Psychedelik und auch ungewohnter, als vieles andere. Manfred Krug hatte auch so eine Energie. Als ich sein Album mit Günther Fischer „Das war nur ein Moment“ (von 1971) zum ersten Mal hörte, dachte ich nur: Was ist das denn? Die haben sich Beatles und andere Westproduktionen angehört und haben es dann viel besser gemacht. Mit diesem Jazzansatz, aber auch, indem sie Sachen rückwärts aufnahmen. Das hatte einen richtig freshen Sound mit irren Texten, die nicht so formatiert waren, wie hierzulande der Schlager. Gleichzeitig waren Geheimcodes enthalten. Davon gibt es nicht soviel für mich. Ich kann Musik mit deutschen Texten nicht so gut aufspalten. Udo Lindenbergs Platte „Daumen im Wind“ (1972) war ebenfalls fantastisch. Total psychedelisch und ein totaler Trip, mit Hörspielelementen. Die ist auch heute immer noch einnehmend. Dadurch das bestimmte Sachen nicht richtig stimmen oder zu mutig sind.

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