Eric SSL – die sunshine-live-Ikone im Interview

Seit 24 Jahren gilt Eric Wust alias Eric SSL als eine der tragenden Säulen des kultigen Electronic-Music-Radios sunshine live. Er war von Anfang an als Moderator sowie DJ mit von der Partie und serviert uns auch heute noch seine feinsten Klänge gepaart mit all seiner moderativen Routine und Leichtfüßigkeit. Wir haben ihn interviewt.

Wir drehen die Zeit auf den 20. Juni 1997 zurück – die Geburtsstunde von sunshine live – mit dir als Moderator. Wie lief die erste Sendung damals?

Es fühlt sich an, als wäre es gestern gewesen. Das gesamte Team war an diesem Tag anwesend und alle waren unglaublich aufgeregt. Weil vorher auf der Frequenz ein an Erfolglosigkeit nicht zu unterbietender Schlagersender lief, mussten wir uns erst einmal beweisen, denn die Leute fragten sich (berechtigterweise), was denn jetzt wohl als Ersatz für dieses „Dudelradio“ kommen würde. Als es dann um 15 Uhr los ging, war das Gänsehaut pur und alles fühlte sich sehr befreiend und richtig an. Jede*r im Sender wusste damals schon, dass an diesem Tag ein neues Stück Geschichte geschrieben wird. Dass wir im Nachhinein allerdings so erfolgreich sein würden, konnte keiner ahnen. Trotz anfänglicher Pannen wie Technikfehler, Sendelöcher und falsch gedrückter Knöpfe konnten wir das Publikum für uns gewinnen. Wir waren nicht perfekt, aber eben authentisch.

Während dieser nunmehr 24 Jahre gab es da einen speziellen Moment, der sich dir besonders eingeprägt hat?

In dieser Zeit gab es natürlich eine ganze Reihe an besonderen Ereignissen, sowohl positiver als auch negativer Natur. Am nachhaltigsten geprägt hat mich wohl leider die Loveparade-Katastrophe im Jahre 2010. Wir haben damals die Abschlusskundgebung von der Hauptbühne übertragen und ich moderierte das Ganze. Irgendwann sickerten dann immer mehr Informationen zu dem Unglück durch, von Minute zu Minute wurde es konkreter, dramatischer und erschütternder. Ich musste den Menschen im Radio erklären, welch Grausamkeit da gerade vonstattenging. Diese äußerst bizarre und verstörende Situation mitansehen zu müssen und gleichzeitig live zu kommentieren, war eine ganz harte Nummer für mich.

Auch als DJ bist du seit über 30 Jahren aktiv. Wie, würdest du sagen, hat sich dein Musikgeschmack in dieser Zeit entwickelt?

Ich hoffe doch sehr, dass er sich zum Positiven entwickelt hat (lacht). In meiner Anfangszeit, also in den 1980er- und 1990er-Jahren, habe ich so ziemlich alle Genres, die durch die Clubs wummerten, mitgenommen. Ich bin lange dem Mainstream mit all seinen Facetten gefolgt und ich hatte Spaß daran – egal ob mit EBM, New Wave, Eurodance, Trance oder Elektro-House in den frühen 2000ern. Mittlerweile bin ich Genre-technisch jedoch spezieller geworden und lebe mich im technoiden und Tech-House-Bereich aus. Vielleicht ist das so etwas wie ein „musikalisches Erwachsenwerden“. Ich genieße und spiele aber nach wie vor auch Classic-Sets, allein wegen der tollen Erinnerungen.

Apropos Entwicklung: Wie siehst du es generell um die heutige Szene bestellt? Es gibt ja viele kritische Stimmen hinsichtlich der Kommerzialisierung und Massenproduktion …

Das sehe ich differenziert, denn die Entwicklung der Szene ist meiner Meinung nach Fluch und Segen zugleich. Grundlegend freue ich mich aber über die wachsende Popularität von elektronischer Musik – das beschert uns beispielsweise eine größere Hörerschaft – und ich respektiere jede*n, die/der mit ihrer/seiner Musik Geld verdient. Kritisch betrachte ich hingegen die Entwicklung des Eventsektors, denn viele Veranstaltungen bzw. Festivals gleichen heutzutage eher einem Zirkus als einem Ort der ausgelassenen elektronischen Feierei. Ein wenig mehr Musik statt Konfetti wäre vielerorts wohl angebracht. Glücklicherweise gibt es aber immer noch genügend Ausnahmen, wie zum Beispiel die Nature One, die sich seit nunmehr 25 Jahren treu bleibt.

Gibt es irgendwelche Projekte, die du in naher Zukunft realisieren möchtest?

Ich freue mich auf mein gemeinsames „Arsch auf Eimer“-Projekt mit meinem Kumpel Jay Frog. Als Classics-DJ-Team wollen wir die Floors nochmal so richtig aufmischen. Eigentlich hätte es bereits im April 2020 losgehen sollen, doch wir wissen alle, was uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Das Interesse ist aber nach wie vor sehr groß und wir freuen uns, endlich loslegen zu können.

 

Text: Milan Trame
Aus dem FAZEmag 113/07.21
www.sunshine-live.de