FAZEmag-Jahrespoll 2021: Producer

Und wieder gab es einen Wechsel an der Spitze. Nach Boris Brejcha 2019 und Drumcomplex im letzten Jahr haben wir dieses Jahr einen Künstler an der, der im letzten Herbst sein neues Album veröffentlicht hat.

01 STEPHAN BODZIN
02 Boris Brejcha
03 Purple Disco Machine
04 Paul Kalkbrenner
05 Thomas Hoffknecht
06 T78
07 Radio Slave
08 BjörnTorwellen
09 I Hate Models
10 Klangkuenstler

11 Klanglos
12 Thomas Schumacher
13 Reinier Zonneveld
14 Solomun
15 Robag Wruhme
16 Cinthie
17 Regal
18 Chris Liebing
19 Dominik Eulberg
20 Kobosil
21 Drumcomplex

 

INTERVIEW MIT STEPHAN BODZIN

Stephan, Glückwunsch zum Sieg in der Kategorie „Best Producer“. Wie geht es dir, wo befindest du dich gerade und wie sehr freust du dich?

Ich freue mich total, das ist wirklich unglaublich schön. Nach so vielen Jahren und einem solch langen Weg immer noch in einem relevanten Voting als Sieger hervorzugehen, erfüllt mich mit enormem Stolz und Dankbarkeit.

Bei unserem letzten Poll warst du „Best Live-Act“, nun bester Produzent – wie rekapitulierst du 2021 für dich?

2021 war ein äußerst großartiges Jahr für mich, wie ich bereits bei unserem großen Interview vor einigen Wochen im Detail erklärt habe. Das Album ist veröffentlicht worden, ich bin nach Lissabon gezogen und trotz der weltweit doch recht schwierigen Situation werde ich das Jahr äußerst positiv in Erinnerung behalten. Ich hatte sehr viel Zeit für meine Familie, sehr viel Zeit für Musik – quasi die beiden Pfeiler meines Lebens. Ich bin nicht wirklich der Typ, der sich viele Ziele setzt, sondern eher jemand, der sich voranarbeitet und jeweils schaut, was man aus der jeweiligen Situation machen kann. Und damit bin ich bis dato immer sehr gut gefahren.

Über Kunst zu urteilen, ist schwierig, manche sagen unmöglich und unnötig – aber was macht für dich gute Produzent*innen aus?

Ein guter Produzent ist für mich jemand, der Dinge gut in Szene zu setzen weiß. Neben dem aktuellen Zeitgeist schafft es ein sehr guter Produzent, sogar vor dem Zeitgeist zu sein und diesen maßgeblich zu beeinflussen. Allerdings passiert das meist nur nach jahrelanger intensiver Arbeit und mit äußerst viel Output – und zu Letzteren gehöre ich ja de facto nicht (lacht). Mein Fokus war und ist es nie, einem Trend zu folgen. In meiner Karriere bin ich eigentlich immer in meinen Gewässern geblieben, freue mich natürlich dann umso mehr, wenn mein Sound den Zahn der Zeit trifft.

Man lernt täglich dazu, was waren deine jüngsten Learnings in Sachen Soft- oder Hardware im Studio? Du bist ja erst kürzlich nach Lissabon gezogen.

Genau, und da ich gerade erst mein neues Studio in Portugal hochziehe, waren die letzten Wochen nicht so sehr geprägt von Feinheiten in Sachen Technik oder DAW. Dafür lerne ich allerdings einiges in Sachen Akustik. Auf diesem Gebiet wird mein neues Studio, sagen wir mal, „sehr präzise“, um in Zukunft einfach entspannter arbeiten und somit vielleicht ja sogar produktiver sein zu können. Das Studio in Bremen war zwar auch schön, hatte aber kein Licht und war eben in Bremen. Das neue hat Licht, ist in Lissabon und sogar bei mir im Garten. Im Vergleich zum Bremer XXL-Fuhrpark habe ich jetzt tatsächlich etwas aussortiert und Sachen wie 808, 909 und den MEMORYMOOG weggelassen, die ich so gut wie nie benutzt habe. Ich hatte lange ein großes Faible für analoge Geräte, mit denen ich aber nie sehr produktiv war. Ich hoffe, nun eine bessere Struktur gefunden zu haben.

Noch vor wenigen Wochen hatten wir ein großes Interview zu deinem Album „Boavista“ – wie blickst du auf die Wochen zurück, seitdem das Baby draußen ist?

Das Feedback ist wunderbar. Im Prinzip geht es genau darum, mit seinen Ideen dort draußen irgendjemanden zu finden, der daran Gefallen findet. Und das hat ganz gut geklappt. Auch die Visuals von Daniel Rossa sind sensationell, und wer sie bis jetzt noch nicht gesehen hat, möge sich die Afterlife-Show aus Tulum anschauen. Eine wahnsinnig schöne Atmosphäre. Die Symbiose zwischen Sound und Bild ist sehr, sehr gut geworden. Ich bin mit der Quantität sowie der Qualität der Feedbacks enorm glücklich und freue mich schon jetzt auf das neue Jahr, wenn das Live-Set durch das Remix-Album nochmals weiterentwickelt wird.

Ein guter Punkt. Am 25. Februar wird ein aller Voraussicht nach legendäres Remix-Album zu „Boavista“ erscheinen, zumindest wenn man nach der Liste der mitwirkenden Protagonist*innen geht.

Das Potenzial dafür ist zweifelsfrei gegeben, ja. Ich werde von den meisten Titeln viele Parts bzw. Stems bekommen und mit meinen Sachen der Originale zusammenfügen. Ein Haufen Arbeit und recht komplex, aber ich freue mich sehr darauf. Hier das ist ja ein schöner Anlass, um exklusiv die Namen zu verraten, oder? Mit dabei sind Solomun, Boris Brejcha, Ben Böhmer, Maceo Plex, Innellea, Dubfire mit zwei Mixen, Reinier Zonneveld inklusive neuem Downbeat-Pseudonym, Hernan Cattaneo, Adriatique, Agents Of Time, Hannes Bieger, Patrice Bäumel, Echonomist, Roman Flügel, Anfisa Letyago, MEUTE, ANNA, Wehbba, Carl Cox, Fideles, Denis Horvat und Kevin de Vries sowie ANII. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen, es werden jedenfalls rund 24 Remixe sein. Leider sind die Wartezeiten bei Vinyl gerade so astronomisch lang, daher wird es die 8-Vinyl-Box mit allen Remixen erst Ende des Jahres geben. Darauf freue ich mich auch schon sehr.

2022 – das Jahr der Hoffnung, raus aus der Pandemie. Was steht bei dir auf der Agenda für die nächste Zeit? Sowohl beruflich als auch privat, falls du magst.

Zunächst einmal gibt es für mich kein Jahr der Hoffnung, diese habe ich niemals aufgegeben und so wird es auch weiterhin sein. Raus aus der Pandemie halte ich persönlich hingegen für illusorisch, das wird alles meines Erachtens noch wesentlich länger dauern aufgrund der ganzen Dynamik – mal vorwärts, mal rückwärts. Das Virus wird sich irgendwann der Menschheit anpassen bzw. der Mensch der Pandemie. Sowohl medizinisch als auch gesellschaftlich, daran glaube ich. Dennoch werden wir alle, vor allem im Musik-Entertainment-Business, viel weniger davon betroffen sein, denke ich. Das wäre zumindest allen zu wünschen, dass wir uns wieder frei entfalten können. Neben den Arbeiten am Remix-Album und dem Update der Live-Show arbeite ich mit meiner Frau Luna Semara an ihrem Debütalbum, das wir wohl bis Ende März finalisiert haben werden. Das Ganze in Co-Produktion mit einem grandiosen Produzenten aus Kolumbien namens Ten Systems. Ansonsten die Gesundheit bewahren, maximalen Spaß haben und das einzige Leben, das wir haben, schlichtweg genießen.

 

Das könnte dich auch interessieren:
FAZEmag-Jahrespoll 2021 – weitere Ergebnisse
FAZEmag-Jahrespoll 2020: Produzent