Format:B – DIN:Kult

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Betrachtet man den Künstler-Innercircle der in Deutschland und dem Rest Europas stattfindenden Festivals, stellt man nach nicht allzu langer Zeit fest, dass Format:B einer jener Acts ist, deren Popularität mitnichten abzufallen droht. Stattdessen überzeugen Franziskus Sell und Jakob Hildenbrand seit nunmehr zehn Jahren mit ihren Aktivitäten wie z. B. in puncto Veröffentlichungen. Damit angefangen haben sie 2005 auf Imprints wie Highgrade, Opossum oder Stil vor Talent. Dreht man die Timelines etwas zurück, findet man Jakobs musikalische Wurzeln sowohl in Hardcore als auch in Jazz- und Funk-Bands am Bass, wohingegen Franz über das Mastering klassischer Piano-Sessions in die Welt der Musik eintauchte. Nach der Entdeckung elektronischer Sound-Gefilde lernten sich beide an der SAE kennen, wo sie den Studiengang Audio-Engineering belegten. Tracks wie „Vivian Wheeler“, „Edding 500“ oder Remixe für Sébastien Léger, Paul Kalkbrenner, Oliver Koletzki und DJ Madskillz avancierten zu waschechten Hits ebenso wie ihr Debütalbum „Steam Circuit“ 2008, gefolgt vom Follow-up „Restless“ 2011 auf ihrem zwei Jahre zuvor gegründeten Imprint Formatik Records. Mit ihrem Ende 2014 veröffentlichten Track „Chunky“ wurde dann jedoch alles bis dato Erreichte nochmals um Längen getoppt und vor allem in Großbritannien erlangte der Track Kultstatus. Gründe über Gründe, warum Format:B nicht irgendeinen, sondern genau den Jubiläums-Mix für uns anfertigten und uns darüber hinaus natürlich Rede und Antwort saßen.
Wie geht es euch gerade und wie war das vergangene Wochenende?

Jakob: Ausnahmsweise keine außergewöhnlichen Vorkommnisse zu vermelden. Ich hab’s zu Hause locker hängen lassen und Franz ist soweit heil aus Würzburg zurückgekehrt (lacht). Das tat mal ganz gut, nicht die Haustür zu verlassen. Vor drei Wochen saß ich im Flieger von Düsseldorf nach Manchester, als wir plötzlich auf halbem Weg umdrehen mussten, weil die Tür nicht mehr richtig schloss. Die hielt zum Glück noch 30 Minuten halbwegs dicht. Als wir dann zur Landung ansetzten, fand man in Düsseldorf zeitgleich zwei alte Weltkriegsbomben unter der Landebahn, weshalb der Flughafen sofort gesperrt wurde. Zu guter Letzt löste ich dann noch einen Bombenalarm im Flughafen aus, weil, wie ich dann lernte, in meiner – scheinbar speziellen – norwegischen Handcreme Glycerin enthalten war. Ein grandioser Tag.
Selbst für Frequent-Traveller, wie ihr es seid, noch wahre Erlebnisse. Ihr habt im Jahr mehrere Hundert Gigs. Was ist euer persönlicher Tipp, um sowohl maximalen Spaß zu haben als auch den Strapazen – wie den bereits genannten – gerecht zu werden?

Jakob: Franz schwört ja Stein und Bein auf seine Noise-Cancellation-Kopfhörer, die ihn vor allerlei Nervenzerrern wie abdrehenden Babys bewahren. Ich persönlich stecke mir Hansaplast-Gehörschutz bis ins Mittelohr, dann bin ich schön abgemeldet für meine Umwelt. Und das eine oder andere Stündchen Schlaf hilft auch gegen Nerven aus Nudeln. Spaß ist bei uns immer maximal, deshalb dann auch eher die Ruhe davor und danach.

Karotte mag Gourmet-Küche und viel Gin, Richie braucht Sake und Koletzki wahrscheinlich reicht eine Bratwurst. Welchen kulinarischen Favoriten geht ihr auf Tour nach?

Franz: Auf Tour sind wir beide verhältnismäßig unkompliziert. Ein guter Wodka muss für mich in die Grundausrüstung, das macht die müden Knochen munter. Wir gehen beide schon sehr gern gut essen und schätzen gute Küche, aber da unterwegs eigentlich immer ein recht enger Zeitplan herrscht, passt das oft nicht zusammen. Dann heißt der Hauptgang schon mal ,zarter Bockwurstsaitling an Bautzener Senfcreme, serviert mit weißer Toast-Scheiblette mit schönem Raststätten-Panorama’.

Techno im Job – aber auch privat? Wie sieht eure musikalische Bibliothek zu Hause aus?

Franz: Tatsächlich hat Techno im Beruf den Techno privat komplett verdrängt. Da wir ja an drei bis vier Tagen pro Woche noch im Studio sind, kommt Techno also auch unter der Woche nie zu kurz. Zu Hause höre ich allerdings gerne Non-elektronisches, wo die Bassdrum mal nicht gerade durchklopft. Jakob ist da sogar wesentlich radikaler, er hat gar keine Musikanlage mehr zu Hause. Dafür wohnt er aber keine fünf Gehminuten vom Studio entfernt.

Im April werdet ihr bei Carl Cox in Sidney und Melbourne spielen. Was verbindet euch mit dem Altmeister?

Jakob: Carl Cox ist einer, der quasi seit unseren ersten Raves, als wir noch als verwirrte Teenager durchgingen, konstant dabei ist – sowohl in seinem Schaffen wie auch in seiner Popularität über die Generationen. Deshalb freuen wir uns besonders, mit ihm zusammen demnächst zu spielen.“

Für viele ist Format:B „der“ Festival-Act. Warum ist das so und mit welchen Kollegen teilt ihr euch am liebsten die Festival-Stages, die die Welt bedeuten?

Jakob: Ist das so? Wir nehmen diese Aussage dankend entgegen. Es macht auf jeden Fall immer noch mehr Spaß, wenn man im Sommer mit Freunden zusammen auflegt. Wir spielen immer gern mit den Andhim-Jungs zusammen und mit Kaveh von Pleasurekraft. Natürlich lieben wir Club-Gigs, weil dort meist eine wesentlich intimere Atmosphäre entsteht. Aber Festivals sind einfach Festivals, da entwickelt sich eine gänzlich andere, aber nicht minderwertige Energie – vor allem wenn die Sonne scheint oder gar untergeht, während man spielt.

Ende letzten Jahres habt ihr Martin Solveig geremixt und generell seid ihr als Remix-Götter bekannt. Die Liste der von euch neu interpretierten Acts ist äußerst ansehnlich. Was ist da 2016 geplant?

Franz: Danke für die Blumen! Wir probieren uns gerade an ein paar sehr poppigen Originalen aus. Ich sage mal UK-Charts, so als Style-Bereich. Tracks, bei denen man niemals denken würde, dass wir daraus was machen könnten. Es ist halt eine spannende Herausforderung, die wir annehmen wollten. Tatsächlich ist es auch schwierig, ,unseren Sound’ daraus zu schrauben, aber nach einigen Wochen wildem Geschraube und mit tauben Ohren sind wir bislang sehr zufrieden mit den Ergebnissen.

Apropos UK. „Chunky“ war generell ein sehr großer Erfolg – besonders in England. Wie erklärt ihr den Fakt, dass die Briten noch mehr auf den Track abgingen als alle anderen?

Jakob: Das lag wohl zum einen daran, dass sich Ministry of Sound aus London dem Re-Release angenommen hat. Dementsprechend war ihre Arbeit auch stark auf UK konzentriert, z. B. was Radioshows anging. Zum anderen hat der Track vielleicht einfach auch gut zum englischen Markt gepasst, was jetzt vielleicht zu fachmännisch klingt, aber dennoch nicht von der Hand zu weisen ist. Die UK-Charts unterscheiden sich stilistisch ja schon deutlich vom Rest. Wir freuen uns jedenfalls über den Umstand.

Der Track ist auf eurem eigenen Label Formatik Records erschienen, das sich in den letzten Monaten und Jahren zum Vorzeige-Label entwickelt hat. Wie seht ihr die Entwicklung des Brands und was waren für euch persönlich die wichtigsten Meilensteine?
Franz: Die Entwicklung der letzten Zeit gefällt uns sehr gut. Wir haben das Label stilistisch etwas geöffnet und supporten auch einige frische, junge Namen, deren Musik wir spannend finden. Das, was man klassischen Labelsound nennt, gibt es ja heutzutage immer weniger. Die Zeiten, wo ich im Club eine mir unbekannte Scheibe sofort einem Label zuordnen konnte, sind vorbei. Als persönlichen Label-Meilenstein muss man neben ,Chunky’ sicherlich die ,Gospel’-EP nennen, die 2010 erschienen ist. Aktuell ist eine EP von Tinush draußen, bis zum Sommer wird es noch Output von Tobi Kramer, Alec Troniq, den Deepshakerz und David Keno mit Robosonic geben.

Auch eure Formatik-Labelnächte erfreuen sich größter Beliebtheit. Pläne für die nächsten Raves?

Jakob: Wir waren im März im Ritter Butzke, dort haben wir alle Künstler eingeladen, die in der letzten Zeit bei uns veröffentlicht haben, wie z. B. Raumakustik, Danny Serrano und Tinush. Auch im Romy S. in Stuttgart waren wir. Am 6. Mai sind wir in der Halle 02 in Heidelberg zu Gast. Dort werden wir die charmante Jannicke Reberg dabeihaben.

Euer letztes Album kam 2011, EPs erscheinen allerdings am laufenden Band. Ist das Format Album nicht mehr interessant oder können wir da in Zukunft etwas erwarten?

Franz: Tatsächlich haben wir schon seit einiger Zeit beobachtet, dass das Format wirklich viel von seiner früheren Bedeutung verloren hat. Zu unseren Anfangstagen wollte wirklich noch jeder junge Künstler so schnell wie möglich ein Album machen, weil das auch immer ein kleiner Ritterschlag war, wenn das Label daran glaubte. Dem fertigen Album wurde dann auch entsprechend größere Beachtung geschenkt. Das konnte einem Produzenten schon einen echten Kick geben. Das gilt heute nicht mehr. Zum einen, weil der Markt sich fast ausschließlich nach dem Charterfolg von einzelnen Tracks richtet, und zum anderen, weil ein Künstler auch immer fest für einen Sound steht. Ein Album mit sehr verschiedenen Tracks ist also für einen Club-Act oft gar nicht hilfreich. Demnach steht es aktuell in den Sternen, ob bzw. wann das nächste Album erscheint.

Was steht für die kommenden Wochen und Monate an?

Jakob: „Wir werden als nächstes eine Kooperation mit einem ungarischen Newcomer namens Newmanhere fertigmachen und endlich auch eine neue Format:B-Single. Und dann geht auch schon bald die Festival-Saison los und wir kommen zu nichts mehr – du weißt ja, Festival-Act und so (lacht)!“ / Rafael Da Cruz

Aus dem FAZEmag 050/04.2016
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