Hypnotised – eine Reise durch die Geschichte des deutschen Trance 1992-2001

Marmion

Mit seinem Buch „Hypnotised: A Journey Through Trance Music (1990-2005)“ veröffentlichte der niederländische Autor und Field-Records-Inhaber Arjan Rietveld 2021 eine 332-seitige Enzyklopädie, die die Geschichte des Trance auf globaler Ebene behandelt. Einhergehend mit der Veröffentlichung kuratierte Rietveld damals eine gleichnamige 27-Track-Compilation, die sich den essenziellsten Werken und Interpret*innen aus den Niederlanden widmete – eine der wichtigsten Geburtsstätten der Trance-Musik. Doch auch im Vereinigten Königreich und in Deutschland stieß Trance in den 90er-Jahren auf großen Zuspruch und entwickelte sich zum Massenphänomen, das mit Techno nicht selten Hand in Hand ging. Grund genug für Rietveld, zwei weitere länderspezifische Editionen zusammenzustellen, die im Juni und November dieses Jahres veröffentlicht wurden. Wie seine Faszination für die Musik ihren Ursprung fand und welche Kostbarkeiten uns auf „A Journey Through German Trance Music“ erwarten, erfahrt ihr hier im Feature.

Aber beginnen wir doch beim literarischen Teil. „Hypnotised“, das ist die erste Trance-Enzyklopädie, die das Phänomen während seiner produktivsten Jahre behandelt. Es ist ein immersiver Tauchgang in die Geschichte und Entwicklung des Genres, gespickt mit zahlreichen Interviews und einer nahezu vollständigen Diskografie der wichtigsten Alben, Label und Artists dieser euphorisch-fesselnden Musikart. Ferry Corsten bezeichnete es als „fantastische Lektüre“ und selbst Armin van Buuren, eine der größten Trance-Legenden überhaupt, gab an, viel aus dem Buch gelernt zu haben.Es muss um 2002 herum gewesen sein, als sich ein Moment im Leben von Arjan Rietveld ereignete, der für ihn alles verändern und fast 20 Jahre später dazu verleiten sollte, seine Liebe zum Trance in Wort und Sound zu manifestieren. „Im niederländischen Fernsehen stieß ich damals auf eine Live-Aufzeichnung von Tiësto. Er spielte auf einer Veranstaltung namens ‚Dutch Dimension‘, und ich war sofort von der Energie und Euphorie seines Sounds fasziniert. Er schien die Menschen so glücklich zu machen. Ich war sofort Feuer und Flamme.“ Rietveld war infiziert. „Die Fähigkeit von Trance, starke emotionale Zustände hervorzurufen, von tiefer Traurigkeit bis hin zu ekstatischem Glück und allem, was dazwischen liegt, ist für jedes andere Genre da draußen schwer zu übertreffen“, erzählt er. Doch der Zustand hielt nicht ewig: „Nachdem die Szene während der Nullerjahre implodierte, kam ihr wahrer Geist nie wirklich zurück. Es gab ein Gefühl der Nostalgie, das mich erkennen ließ, dass viele da draußen immer noch die gleichen Erinnerungen und Verbindungen zu einigen der besten Musikstücke aus dieser Zeit haben. Ich hielt es für wichtig, diese einzigartige Ära in einer physischen Form festzuhalten.“

Zu verstehen ist unter dieser physischen Form zum einen die Enzyklopädie, zum anderen aber auch die Compilation-Reihe, die digital und auf Vinyl erscheint, und nun in ihre dritte Ausgabe geht. Und natürlich hat Rietveld die Platte wieder selbst kuratiert. Dabei sind echte Klassiker wie Marmions „Schöneberg“, Javas „Cosmos“ oder Cybordelics „Adventures of Drama“, aber auch zahlreiche versteckte Perlen von Final Fantasy, Metal Master oder Taucher. Fragt man Rietveld nach den für ihn prägendsten Figuren und Instanzen des deutschen Trance, fallen schnell drei ganz bestimmte Namen: Sven Väth, Eye Q und Harthouse. „Wenn wir über den Aufstieg von Trance in Deutschland sprechen, darf der Name Sven Väth nicht fehlen. Väth, der seit Anfang der 80er-Jahre in das Club-Leben involviert war, wurde stark von den Sounds beeinflusst, die er während seiner ausgedehnten Reisen nach Goa erlebte. Zurück in seiner Heimatstadt Frankfurt, wurde er Resident-DJ im Dorian Gray, war Mitbegründer des Omen und rief 1991 zusammen mit Heinz Roth und Matthias Hoffman das elementare Eye-Q-Imprint ins Leben, dem ein Jahr später das Label Harthouse folgte“, erläutert der Autor, der für 2024 zusammen mit Black Hole Recordings eine vierte Compilation geplant hat. Welches Land wohl diesmal im Fokus stehen wird? Wir werden es sehen – und hören.

„Hypnotised: A Journey Through German Trance Music [1992-2001]” ist bereits via Black Hole Recordings erschienen.

Aus dem FAZEmag 142/12.2023
Text: M.T.
www.studio-rietveld.nl