Ian Pooley … macht sein Ding

Es war überfällig. Fast fünf Jahre ließ ließ sich Ian Pooley Zeit, aber nun endlich steht der Nachfolger von „In Other Words“, der noch auf Ministry of Sound erschien, in den (virtuellen) Regalen. Das letzte Jahr war ein recht ruhiges, sozusagen die Ruhe vor dem Sturm. Ein paar Remixe und schließlich dann im November die Vorab-EP „Compurhythm“ auf Innervisions, die kurz vor Jahreswechsel das neue Werk ankündigte. „What I Do“ lautet der Titel des neuen Longplayers, der auf Pooled Music erschienen ist, uns wieder in den seinen House-Kosmos abtauchen lässt und ein Jahr einläutet, das noch weitere Projekte auf Pooleys Agenda hat.

Diesen seinen Kosmos präsentiert er uns mittlerweile seit über 20 Jahren. Seine Karriere startete in seiner Heimatstadt Mainz, seit sechs Jahren wohnt er in Berlin. Zahlreiche Releases auf Force Inc., NRK, Definitive Recordings, V2 Records, Ministry of Sound und seinem seit 2003 existierendem Label Pooledmusic säumen seinen Weg. Dazu agierte er vor allem in den 90er-Jahren unter diversen Pseudonymen wie Ides, John Skipper Trax oder Silvershower. „Einerseits war der Sound immer ein bisschen anders und andererseits wollte ich damals meinen eigentlichen Namen nur für Force Inc., Definitive und NRK nutzen.“ So erschienen die Tracks z. B. von Silvershower auf Plus 8 Records, zuletzt 2011.

Die ersten Überlegungen für „What I Do“ gab es vor über zwei Jahren: „Es wird Zeit!“ Und so startete er locker die ersten Tracks zu sammeln – eine Phase, die bis Februar letzten Jahres andauerte. Produktionstechnisch ist der Wahlberliner mit walisischen Wurzeln ein paar Schritte in die Vergangenheit gegangen, hat den Computer deutlich weniger benutzt und dafür sein altes Equipment wieder hervorgeholt. Dabei hat er sich auch selbst limitiert und bestimmte Geräte nur für bestimmte Tracks benutzt, was insgesamt sehr gut funktioniert hat. Als Favorit kristallisierte sich der Memorymoog heraus, der
zwar schwer und unhandlich, aber „breit zu nutzen ist, für Flächen und Basslines“. Ebenfalls am Start war ein CompuRhythm CR-78, Namensgeber der Innervisions-Single. „Das Gerät hatte ich vier Jahre nicht an. und da gab es dann ab und zu einen Wackler, der sehr charakteristisch ist, dass eben die Snare nicht immer gleichmäßig da ist.“ Sein gesamtes altes Equipment hat Pooley nie verkauft, weil er immer der Überzeugung war, dass man damit immer anders an die Sache rangeht, als wenn man einfach nur Sampler in Logic oder virtuelle Emulationen nutzen würde.

Nach der Track-Sammelphase ging es etwas schleppend voran, bis August/ September. „Dann habe ich noch mal drei, vier Tracks reingeschleust, die ganz spontan entstanden sind und dadurch schließlich das Album auf den Punkt gebracht.“ Din paar Tracks flogen wieder runter, denn es waren einfach zu viele. „Ich warte in solchen Situationen immer ein paar Monate, dann höre ich mir die Geschassten noch mal an und entscheide spontan, was passiert. Aber es geschieht durchaus, dass Stücke einfach nicht mehr auftauchen. Und wenn ich dann alte DATs von mir anhöre, dann merke ich, dass ich auch einfach sauviele Sachen nur aus Spaß produziert habe.“ Eine Vorgehensweise, die heute immer mehr verkümmert, beklagt Ian. Es werde fast nur noch auf Deadline produziert, egal ob EP oder Remix. Dabei sei es durchaus wichtig, einfach mal drauf los zu produzieren, als Fingerübung oder um zu sehen, wo man steht. Heutzutage ist es nicht schwer, seine Tracks sobald wie möglich bei irgendeinem der unzähligen Labels unterzubekommen. „Es fehlt der Filter. Ich empfehle den Leuten immer, sich eine Drum Machine zu kaufen, irgendwas von Korg, Yamaha oder Kawai für zwei- bis dreihundert Euro, und dann setze dich mal ein Woche nur damit auseinander. Da klingt viel interessanter, als wenn man immer nur auf eine bestimmte Soundbank bei Ableton oder Logic zurückgreifen kann, wo dann z.B. so ein Standard 909 Open Hihat-Sound auftaucht, den jeder nutzt und bei dem ein bestimmter Zeitgeist vorherrscht.“ Seine ersten Schritte unternahm Ian natürlich noch gänzlich ohne Rechnerunterstützung. Er legte sich 1987/88 eine Yamaha F7 zu, eine 909 war damals noch zu teuer für ihn. „Die Yamaha hatte nicht so coole Sounds. Ich habe wochenlang herumprobiert, gepitcht, editiert, bis ich doch was Brauchbares herausbekommen habe. Und dieses Tüfteln, das fehlt mir einfach heutzutage, da ist schon einfach alles bereit und vorgefertigt.“

Während „What I Do“ gerade frisch auf den Markt gekommen ist, stehen schon weitere Aufgaben und Ideen an. Für Pooled Music hat er Indira Paganotto gesignt, um die er sich nun kümmert, an seinen beiden ersten Alben „Since Then“ und „Meridien“ hat er die Rechte wieder erworben und plant dafür eine Neuauf lage als Special Edition mit Outtakes, Vorab- oder Dub-Versionen und eine neue Single mit einem Nicht-Album-Track steht auch schon in den Startlöchern. Und dann gibt es ja auch noch Silvershower, die technoidere Seite von Ian. „Ende des Jahres habe erstmals aufgelegt unter dem Namen, im Amsterdamer Trouw. Dabei habe ich auch viele alte Technoplatten aus den Mitt- und Endneunzigern gespielt, einer Periode, die ich am liebsten mag, was diesen Sound angeht. Da habe ich wieder richtig Bock bekommen, etwas in diese Richtung zu machen.“ Konkret heißt das, dass es neue Tracks geben wird – nicht als Ian Pooley, evt. aber auch nicht als Silvershower – und dass er dafür auch ein Vinyllabel einführen möchte, das dann als Sublabel von Pooledmusic etabliert werden soll.

Viele neue Projekte, aber dennoch heißt es jetzt erstmal „What I Do“. „Ich bin sehr happy mit dem Album, es ist sehr stimmig. Ich finde meine Handschrift wieder, aber es klingt auch frisch und neu. Das ist gar nicht so einfach, weil ich ja nicht herumdesigne, um das in eine Richtung zu bringen, dass es ein Ian Pooley-Album wird. Ich mache einfach …“

Das macht er gut, seit über 20 Jahren.

 

Meine erste selbstgekaufte Platte … Pet Shop Boys – West End Girls
Mein erstes Musikinstrument … Yamaha RX 7 Drum Machine
Meine erste Platte, die ich aufgelegt habe … Mr. Fingers – Can You Feel It
Geheimwaffe … Thomas Bangalter – Club Soda
Der Track geht immer … Michi Lange – Brothers & Sisters/Michi’s Rewind Remix
Ein Tag ohne Musik ist … doof!
Der letzte Track, den ich mir gekauft habe … Trus’me – Somebody
Equipment für das Album … Roland TR 909, Roland CR78, Memorymoog, Roland Jupiter 8, Korg Polysix, Akai MPC 3000

www.pooledmusic.com

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