Lasse Matthiessen – „Kick in the arse“ hin zur elektronischen Musik

Dänemarks Elektro-Poet, Lasse Matthiessen, veröffentlichte am 4. November sein neues Album „Dreams Don’t Make Noise“ via Zpektakel Records und unterstreicht damit seine Wandlung vom Singer-Songwriter hin zum elektronischen Indie-Pop-Act.

Auch wenn seine bis dato veröffentlichten Vorab-Singles „Emotional“ und „Ocean“ zu dieser Beschreibung passen, nimmt Matthiessen selbst vorsichtig Abstand davon: „Ich habe ich mich nie wirklich als Songwriter gesehen. So haben mich immer andere genannt. Für mich geht es bei der Musik darum, sie irgendwo in mir zu finden: Ich kann spüren, wenn ich etwas zu singen habe, das einen Wert hat. Etwas schwingt in mir mit. Was es ist, ist schwer zu erklären.“

Die meisten seiner neuen Songs könne er auch auf einer Akustikgitarre spielen, meint der Däne. Die Produktion des Albums geschah allerdings in enger Zusammenarbeit mit dem schwedischen Produzenten Joakim Buddee, dessen elektronische Welt die Aufnahmen stark geprägt habe. „Ich habe versucht, mich dazu zu drängen, Elemente beim Songwriting zu verwenden, die ich vor ein paar Jahren niemals verwendet hätte“, erzählt Matthiessen und ergänzt: „Bei dem Song ‚Rome‘ wird meine Stimme im Refrain gesampelt und als Melodielinie verwendet. Ein Trick aus der EDM-Musik, auf den ich vor zwei Jahren geschworen hätte, ihn niemals anzuwenden. Jetzt fühlt es sich ganz natürlich an.“

„When We Collided“ zählt zu den bisher erfolgreichsten Nummern seiner Diskografie und doch scheint der Däne nicht der Typ Musiker zu sein, der seinen Anhängern Bewährtes bieten möchte. Er nehme seine Zuhörer sehr ernst, aber sie dürften niemals die Musik kontrollieren, die er schreibe. „Ich mag diesen Song und diesen Stil. Aber ich glaube nicht, dass meine Fans hören wollen, wie ich die ganze Zeit denselben Song schreibe. Ich denke, sie wollen Musik hören, die zählt.“ Das wiederum erfordere, dass er sich auch mal selbst einen „Kick in the arse“ gebe und sich herausfordere. Auf seiner großen für November angekündigten Deutschland-Tour können sich seine Zuhörer*innen dann aber doch auf einen Mix aus „Dreams Don’t Make Noise“ und Classics einstellen: „Ich freue mich wie ein Kind darauf, wieder live für meine Fans zu spielen. Ich werde alle Songs von meinem neuen Album mit Power spielen. Es wird laut, energiegeladen und mit Raum für ein bisschen Introversion sein, vielleicht gewürzt mit einigen meiner früheren Songs wie ,When We Collided‘ und .Travelling Song‘.“

Zu den insgesamt 13 Städten seiner Tour zählt dann auch Berlin, eine Stadt die Matthiessen prägt, wie keine zweite. „Berlin ist für mich unverzichtbar. Vielleicht ist eines der Dinge, die mich am meisten mit Berlin verbinden, dass sich die Stadt ständig und schnell verändert und ich in mehreren verschiedenen Versionen der Stadt gelebt habe. Ich kann weiterhin Elemente davon erforschen. Einige der Orte, die ich in Berlin erkunde, sind im Video zu ,Dreams Don’t Make Noise‘ zu sehen.“ „Emotional“ habe er in Berlin geschrieben, nach einer späten, nächtlichen Fahrt. „Es hätte auch ein Volkslied sein können. Das lassen wir in der Produktion durchscheinen – wir schälen alle Schichten ab und hören in der zweiten Strophe nach dem ersten Refrain, wie mich nur noch die Gitarre begleitet.“

Dass der Elektro-Poet Matthiessen kein festgefahrener Künstler ist, wird einem schnell bewusst – von Songwriting bis Produktion. Selbst bei der Frage, mit welchen Künstler*innen er gerne einmal im Tonstudio verschwinden würde, sprudelt es aus ihm heraus: „SOHN vielleicht? St. Vinzent? Sufjan Stevens? Auch die Schwedin Alice Boman wäre toll. Es wäre auch fantastisch, mit der Norwegerin Susanne Sundfør zu schreiben. Ich habe in letzter Zeit auch mit einigen großartigen Deutschen geschrieben. Aber das verrate ich lieber erst, wenn die Songs – vielleicht – herauskommen.“

Aus dem FAZEmag 129/11.2022
Text: scharsigo
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