Martin Eyerer testet Native Instruments Kontrol F1 und Traktor 2.5 – Zugmaschine mit Lachgas-Booster


Es ist mal wieder so weit: Die Berliner Kultschmiede Native Instruments stellt einen neuen Controller für die DJ-Linie vor, genannt Kontrol F1. Da ich seit geraumer Zeit ohnehin entweder mit dem NI Kontrol S4 oder aber zwei Einheiten des Kontrol X1 in Verbindung mit Timecode-Vinyls bzw. CDs auflege, fühlte ich mich bei der Ankündigung zunächst einmal gar nicht wirklich angesprochen. Denn was sollte die handliche Unit können, das mein umfangreiches Setup nicht ohnehin schon irgendwie beherrschte? Dachte ich jedenfalls und wurde – so viel vornweg – eines Besseren belehrt.

Erster Eindruck
Rein optisch macht das Gerät schon beim Auspacken, wie alle NI-Controller, auf jeden Fall einen sehr guten Eindruck. Im grundlegenden Aufbau dem Bruder-Tool  Kontrol X1 entsprechend, passt auch der F1 mühelos in die bereits angebotenen Taschen und Koffer. Die Haptik fühlt sich auch hier gewohnt qualitativ hochwertig an, das Gewicht ist weder zu leicht (was sich sonst billig anfühlen würde) noch zu schwer (was Handgepäck-DJs stören würde). Buttons, Fader, Pads und Encoder laufen angenehm mit leichtem Widerstand, was wiederum ein Gefühl von Wertigkeit vermittelt..

Die Hardware
Insgesamt gibt es auf dem Kontrol F1 16 Pads, die ähnlich aussehen wie bei Maschine, allerdings nicht drucksensitiv arbeiten. Dafür können sie allerdings in verschiedenen Farben leuchten und geben einen perfekten visuellen Überblick über den jeweiligen Status und das Gesamtgeschehen. Über diesen befinden sich acht Knöpfe, ein Druck-Encoder mit LED-Display sowie darüber liegend nochmals vier Fader und vier Drehregler. Als Anschluss genügt eine USB Buchse auf der Stirnseite. Im Boden ist, wie schon beim beim Kontrol X1, praktischerweise ein Loch eingelassen, um den F1 auf dem Mittelstift eines Plattenspieler ablegen zu können kann.

Die Software
Parallel mit dem Kontrol F1 bringt Native Instruments die neue Traktorversion 2.5 heraus. Aus gutem Grund. Denn ohne die darin enthaltenen Neuerungen bliebe  auch die neue Hardware einigermaßen sinnlos. Traktor installiert sich gewohnt unkompliziert, wird mit dem Servicecenter freigeschaltet und schon geht’s los. Was noch optional dazu kommen kann, ist ein Paket mit sogenannten Remix Sets. Diese werden einfach entpackt und in den geöffneten Traktor-Browser gezogen – der Import erfolgt dann vollautomatisch.

Auf den ersten Blick hat sich auf der Oberfläche von Traktor 2.5 nicht viel getan. Unter der Haube sieht es allerdings anders aus: Man kann jetzt die Funktion eines jedes Decks separat festlegen. Alternativ zum traditionellen Loop Deck bietet Traktor hier nun alternativ das sogenannte Remix Deck an. Dieses besteht aus vier Slots, von denen jeder vier Samples untereinander laden kann. Jedes Deck hat wiederum vier Pages, so dass sich insgesamt 64 Samples bzw. Loops pro Remix Deck speichern lassen. Deren Länge spielt hierbei keine Rolle. Jedes dieser Slots hat eigene Volume Fader, Filter und kann einzeln gestartet und gestoppt werden. Außerdem lassen sich im laufenden Spielbetrieb verschiedene Funktionen für die einzelnen Samples aktivieren. Pitch, Samplelänge oder Startpunkt können so modifiziert werden und erlauben einen gleichermaßen kreativen wie intuitiven Einsatz. Was mir hier noch fehlt, ist die Möglichkeit, einen Ausschnitt innerhalb eines Loops oder Samples festlegen und verschieben zu können. Aber das sind Feinheiten, die in künftige Versionen bestimmt noch Einzug halten werden.

Einzelne Samples können natürlich als Loops oder One Shots festgelegt werden, ferner gibt es einen Trigger-Modus, um alle Samples, ähnlich wie auf einem Keyboard, abzufeuern. Wenn man dabei das Pad gedrückt hält, wird es geloopt wiedergegeben. Das kann man dann On-the-fly fixieren, woraufhin das Sample in den Play Mode umschaltet – wirklich durchdacht, muss ich sagen!

Auch eigene Klanghappen können sehr einfach im Capture Mode erstellt werden. Hat man einen schönen Loop in einem Traktor Deck, kann man diesen, ähnlich wie früher mit einem Loop Recorder, aufnehmen, in ein Remix Deck laden und auch abspeichern. Gleiches gilt für Mikrofonaufnahmen.

Doppelter Einsatz
Nun aber zurück zur Hardware. Der Kontrol F1 ist mit seinen Pads und Buttons genau so konzipiert, dass damit alle Funktionen, die die neuen Remix Decks betreffen, direkt gesteuert werden können. Über die Shift-Taste bekommt er quasi eine zweite Ebene und tatsächlich braucht man für keine einzige Funktion die Maus des Computers zu bemühen. Das ist sehr wichtig, denn Native Instruments hat mit den Remixdecks ein bei näherer Betrachtung außerordentlich mächtiges Software-Tool geschaffen, das auch wirklich nur dann Sinn ergibt, wenn man den F1 hinzukauft. Denn so kann man einen kleinen Live Act abfahren – und wer will da schon im Eifer des Gefechts mit der Maus am Rechner herum klicken?

Der KF1 lässt sich übrigens, auch wie der KX1, in einen MIDI-Modus schalten. Dadurch hat man die Möglichkeit, diesen nicht nur in Verbindung mit jeder Software zu betreiben, sondern kann sich auch alle Funktionen nach eigenem Belieben auf die entsprechenden Tasten legen. In Traktor 2.5 selbst ist dafür natürlich schon ein perfekt eingerichtetes Template enthalten.

Die Möglichkeiten, die sich hier ergeben, eröffnen wahrlich eine neue Dimension. Man denke nur an vier Remix Decks, vollgepackt mit den Samples eigener Tracks, und schon kann man mit Traktor einen kompletten Live Act spielen. Dazu empfiehlt sich der Einsatz mindestens zweier F1 Controller. Denn obwohl man den auf die einzelnen Decks mit Shift umschalten kann, wäre das bei vier Decks dann doch zu stressig. So lässt sich auch ein DJ Set mit einem Live Set kombinieren oder bei kreativem Einsatz der Remix Decks neue Versionen vorhandener Tracks erstellen.

Fazit
Wie schon zu Beginn festgestellt, entpuppt sich der kleine F1 als eine wirklich tolle und interessante Ergänzung zum bestehenden Setup für alle Traktor User. Und obwohl in Zukunft sicherlich eine riesige Auswahl an Remix Decks-Sets bekannter DJs seitens NI angeboten werden, empfiehlt es sich dennoch, möglichst viele eigene zu kreieren. Irgendwo ist man dann ja hoffentlich doch noch eigenständiger Künstler. Vom erhöhten Spaßfaktor beim Selbstgenerieren ganz zu schweigen. Gleichzeitig benötigt man wahrlich nicht viel Fantasie, um sich die vielen Features vorzustellen, die bestimmt noch kommen werden. Ableton dürfte mit Live mittelfristig in Zugzwang geraten, zumindest was das Deejaying und Live-Remixen betrifft. Denn für Nichtproduzenten sind der Kontrol F1 und die neuen Traktor-Funktionen eine höchst interessante Erweiterung, um die Performance individueller zu gestalten.

Ich selber habe mit den Loop Decks der Vorgängerversionen nie wirklich gearbeitet. Mir aber jetzt gleich zwei Kontrol F1 bestellt und freue mich schon wahnsinnig darauf, die neuen Remix Decks im Einsatz zu haben.

Native Instruments Kontrol F1
USB / MIDI-Controller für Traktor ab Version 2.5
16 softwaregesteuerte, beleuchtete Pads
4 Fader
4 Drehknöpfe
12 Buttons
1 Endlosdrehregler
zweistelliges LEDisplay
Preis: 249 Euro inkl. Traktor 2.5 und 1,4 GB Remix-Sets

Native Instruments Traktor Pro 2.5
DJ-Software Neuerungen:
Remix-Decks
Remix Deck Quantizise
Sample Reverse
Effekte pro Slot
Punch Mode
Verbesserte BPM-Erkennung
Erweiterte Browser Features
Pioneer CDJ Jogwheel Support
Preis: Vollversion 79 Euro inkl. 1,4 GB Remix-Sets
(Update ab Traktor Pro 2, S2, S4 kostenlos)

Martin Eyerer
Seit über 25 Jahren ist der Stuttgarter als DJ und Produzent und Mastering Ingenieur aktiv. Seine Gigs führen ihn von Asien bis nach Südamerika, von der Barentsee bis in den Libanon. Mit mehr als 200 Releases und Kooperationen mit Künstlern wie Oliver Klein, Oliver Koletzki, Thomas Schumacher, Alex Flatner, Florian Meindl oder Sasse veröffentlicht er auf Labels wie Renaissance, Audiomatique, Boxer, Trapez ltd., Flash, Buzzin Fly oder seinen eigenen Imprints Session Deluxe und Kling Klong. Neben einigen Singles, die 2012 auf Kling Klong, Metroline ltd. und Boxer erscheinen werden, steht der Umzug nach Berlin an, wo Eyerer ein großes Recording Studio eröffnen wird. Seine wöchentliche Kling Klong Radioshow ist sonntags auf Sunshine Live zu hören.

www.martineyerer.de, www.klingklong.com