Mila Dietrich – Techno „made in France“

Die 23-jährige Newcomerin hat einen verblüffenden Start in der elektronischen Szene hingelegt. Mila kommt aus Marseille und lebt mittlerweile in der französischen Hauptstadt Paris. Für sie war klar: Wenn sie etwas mit ihrer Musik erreichen will, ist eine Veränderung notwendig – und die breite Szene in Paris machte es möglich. Im Jahr 2014 begann ihre Karriere als DJ und Produzentin, seitdem hat sie bereits mit Labels wie Civil Disobedience Records, Dense Audio, Carton Pate Records und Occultech Records zusammengearbeitet. Ihr Sound ist dunkel, aber wirkt durch eigene Vocals gleichzeitig lebendig. Techno, Electro, Minimal – da blüht sie auf. Doch eine Karriere als DJ war nicht ihr erster Traum. Mit 14 Jahren fing sie an, in verschiedenen Rockbands als Schlagzeugerin zu spielen. Wie so oft begann all das in einer Garage, wo sie sich mit verschiedenen Stilrichtungen wie Rock, Punk und Metal auslebte. Doch im Gegensatz zu den anderen Bandmitgliedern strebte Mila nach mehr. Sex, Drugs, Rock ’n’ Roll, das komplette Programm. Und ihr war bewusst, dass für den Erfolg im Musikbusiness die Produktion eines Albums notwendig ist. Eigentlich wollte sie das volle Rockstarleben, Tourbus und Gigs in den verrücktesten Locations inklusive. Da sie in ihrer Band mit diesem Wunsch allein war, beschloss sie kurzerhand, all ihre Energie in ihre andere Leidenschaft zu investieren: die elektronische Musik. Und siehe da, sie hat es geschafft, denn der Erfolg blieb nicht aus.

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2018 war für dich wohl ein sehr wichtiges Jahr in Bezug auf deine Karriere. Es ist viel passiert. Was waren die wichtigsten Ereignisse für dich?

2018 war für mich eigentlich ein wirklich aufregendes Jahr. Ich habe letzten Sommer auf großen Festivals gespielt und in Ländern, in denen ich noch nie zuvor war. Zum Beispiel im Libanon und auf Mauritius, an Orten, die wirklich wunderschön sind. Ich hatte auch die Möglichkeit, eine neue DJ-Crew in Paris mit anderen talentierten und vielversprechenden Künstlern aufzubauen. Wir werden „Conspiration“ genannt und haben viele Veranstaltungen und gemeinsame Projekte für das Jahr 2019 geplant.

Zusätzlich wurde ein weiterer meiner Tracks als Soundtrack für einen TV-Spot von L’Oréal aufgenommen, „Whatever“, und das ist für einen jungen Künstler wie mich wirklich motivierend. Richtig glücklich war ich auch, als ich Yelle, eine berühmte französische Popband, bei einem Festival getroffen habe, auf dem sie ebenfalls spielten. Sie waren so fasziniert von meinem Set, dass sie mir vorschlugen, einen Remix für einen ihrer Tracks zu machen. Und sie haben mich eingeladen, bei einem ihrer Auftritte dieses Jahr in Paris zu spielen. Für mich ein absoluter Traum, ich könnte mir kein größeres Projekt in Sachen Kollaborationen wünschen.

Du stehst noch ziemlich am Anfang deiner Karriere. Wie viel Zeit hat der Job bisher in Anspruch genommen und hast du eine Ahnung, was die Zukunft für dich bereithält?

Das ist richtig, ich bin erst seit vier Jahren dabei. Mein Einstieg war früh, obwohl ich vorher Schlagzeug gespielt habe. Die ersten beiden Jahre habe ich mit intensiven Studio-Sessions verbracht. Ich konnte mir mit meinem Equipment alles selbst beibringen. Ich habe viele Stunden und harte Arbeit in meine ersten Tracks investiert, worunter auch mein Privatleben sehr gelitten hat. Aber ich bin stolz darauf und es hat sich definitiv gelohnt. Für die Zukunft möchte ich natürlich weiter den Fokus auf mein künstlerisches Projekt legen. Mehr Kollaborationen mit anderen Produzenten und Künstlern und möglichst viele Gigs in verschiedenen Ländern stehen auf meiner Wunschliste. Für mich ist es sehr wichtig, dass ich im kommenden Jahr eine coole Booking-Agentur finde, die sich um meine Auftritte in Frankreich und auch in Europa kümmert. Da ich rund um die Uhr beschäftigt bin, bleibt für die Organisation leider nicht mehr viel Zeit übrig.

Was hat dich zum DJ und zur Produzentin werden lassen? War der Traum schon immer da?

Als ich mich dazu entschied, mein Rock-’n’-Roll-Abenteuer zu beenden, um in die Szene der elektronischen Musik einzusteigen, hörte ich natürlich schon viel Electro und Minimal. Ich war auf diversen Festivals und Techno-Partys mit meinen Freunden. Letztendlich gab das den Ausschlag für den Wunsch, meine eigenen Tracks zu kreieren. Als ich noch Schlagzeug spielte, war ich auch immer ein wenig frustriert, da ich mit meinen Drums keine Melodien komponieren konnte, sondern nur Rhythmus. Den Traum, eine Musikkarriere zu starten, hatte ich bereits in meiner Kindheit.

Du stammst aus dem schönen Marseille. Seit wann lebst du in Paris und warum? Wie sieht die Szene in beiden Städten aus?

Letzten Sommer habe ich viel Zeit in Paris verbracht. Hier habe ich viele wirklich interessante Leute aus dem Bereich der elektronischen Musik getroffen und wir haben unser DJ-Kollektiv gegründet, also musste ich vor Ort sein. Auch wenn Paris manchmal eine überfüllte, stressige Stadt sein kann, fühle ich mich dort wohl. Ich liebe Marseille, es ist meine Heimatstadt und ich bin immer glücklich, wenn ich wieder einmal dort bin. Aber leider ist die Musikszene dort nicht so groß wie in Paris, wo es jedes Wochenende eine elektronische Veranstaltung nach der anderen gibt! Meiner Meinung nach ist Paris der beste Ort für einen französischen Künstler, sein eigenes Projekt zu starten.

Ich finde, dein Look ist sehr außergewöhnlich, daher bist du mir auch sofort aufgefallen. Es scheint, als wäre dir die Meinung anderer nicht wichtig. Stimmt das?

(lacht) Danke, meine Liebe. Ich verstehe, was du meinst, ich kann manchmal richtig grungy aussehen, aber es gefällt mir. Ich glaube, das kommt von meinem Rock-’n‘-Roll-Background. Ich habe die Rockstars schon immer für ihr Image und ihre Einstellung bewundert. Das Aussehen und Image eines Künstlers spielt für mich eine große Rolle – denn das ist es, was man zuerst wahrnimmt. Deshalb lege ich großen Wert darauf. Und außerdem liebe ich es, Neues auszuprobieren und mich von anderen zu unterscheiden.

Ich stelle es mir sehr stressig vor, hinterm Pult zu stehen. Hattest du mal eine negative Erfahrung?

Das Spielen in großen Clubs kann für einen unerfahrenen DJ ziemlich stressig sein. Ich erinnere mich an eine besonders schlechte Zeit, ganz am Anfang. Ich war ein wenig nervös, weil es einer meiner ersten Auftritte vor einem riesigen Publikum war. Also wählte ich die nächstliegende Lösung, um mich besser und selbstbewusster zu fühlen, und fing vor dem Gig an zu trinken. Im Nachhinein ist klar: Das war nicht meine beste Idee. Ich spielte zwei Stunden und am Ende war ich richtig betrunken. Glücklicherweise konnte ich mein Set mehr oder weniger beenden. Danach war ich jedoch richtig dicht und nicht mehr zu gebrauchen, das Personal musste mich letztendlich aus der Location tragen. Die Crew fand die Aktion nicht so toll, aber so hatte ich immerhin mal einen richtigen Rock-’n‘-Roll-Gig! (lacht) So viel dazu. Heute würde ich da anders rangehen – diesen Fehler macht man nicht zweimal.

Du hast kürzlich deine EP „Density“ auf Christian Hornbostels Label Dense Audio veröffentlicht. Sein Sound passt definitiv zu dir. Wie ist der Kontakt zustande gekommen?

Ich war wirklich sehr glücklich, meine neue EP auf Dense Audio zu veröffentlichen. Ich liebe Maksim Darks Sound und den Stil seines Plattenlabels. Zusammen mit meinem Kollegen Anthracite – der im Übrigen ein genialer Produzent ist – habe ich eine EP in meinem Studio gemacht. Mein Ziel war es, diese auf Dense Audio zu veröffentlichen. Also schickte ich die Tracks an Maksim und sie gefielen ihm. Die Zusammenarbeit mit Anthracite und Maksim war super, alles verlief schnell und unkompliziert. Ich hoffe, das war nicht das letzte Mal, dass ich mit den beiden etwas gestartet habe.

Letzte Frage, Mila, kannst du mir drei Lieblingstracks aus deiner eigenen Produktion nennen? 

Zu meinen persönlichen Favoriten zählen „Nymphomaniac“, „This Is Not Called Love“ und „Hurt Me Harder“.

 

Aus dem FAZEmag 083/01.2019
Text: Sofia Kröplin

 

 

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