Phono-Amptlich! Lehmannaudio Black Cube SE II Sven Väth Edition

Betreten wir eine Welt, die sich den meisten DJs und Tanzmusikfreuden erst ab einem gewissen Lebensalter eröffnet: Premium-HiFi-Sound. Sobald der Hintern zunehmend Dellen ins heimische Couchkissen drückt, statt im Club zu wackeln, wird einem bewusst, dass es noch eine andere aurale Befriedigung neben der Lautstärke geben muss: Einen möglichst ausdifferenzierten Klang. Leider nur erreichbar, indem man ordentlich in die Qualität jeder Einzelkomponente investiert. Eine davon ist ein Phonovorverstärker – sofern man den Turntable als bevorzugtes Abspielgerät betrachtet. In diesem Spezialbereich gibt es jetzt eine interessante Zusammenarbeit, die die Brücke von der DJ- in die HiFi-Welt schlägt: Den Black Cube SE II von Lehmannaudio aus Köln, entstanden in Kooperation mit dem unerschütterlichen Vinylisten Sven Väth.

Separater Phonovorverstärker – was soll das?
„Einen separaten Phono-Preamp brauch ich nicht“, wird mancher abwinken. „Der ist bereits in meinem DJ-Mixer oder HiFi-Verstärker integriert“. Was das Grundprinzip betrifft, sicherlich. Auch der Black Cube SE II SV sorgt dafür, dass die vom Tonabnehmer abgetasteten und in elektrische Impulse umgewandelten Schwingungen angehoben werden, um schließlich über einen nachgeschalteten Endverstärker den finalen Schub zu erhalten. Ohne Phono-Pre wäre das Audiosignal viel zu schwach. Gleichzeitig ist es für die Entzerrung des ausgegebenen Klangs zuständig. Und (nicht nur) in diesem Punkt sind Mixer- oder Endverstärker-integrierte Lösungen immer faule Kompromisse, da sie sich dem genutzten Nadelsystem nicht präzise anpassen lassen.

Schwarzer Meilenstein in einer langen Historie
Wie der Zusatz SE II verrät, ist der neue Black Cube das Ergebnis einer Produktentwicklung, die bereits 1995 mit der ersten Version ihren Anfang nahm. Sie erreichte aufgrund ihres herausragenden Preis-Leistungsverhältnisses bei HiFi-Aficionados aus dem Stand Legendenstatus und wurde von Mastermind Norbert Lehmann über die SE-Ausführung (2003) bis zum letztjährig herausgebrachten SE II weiter verfeinert. Die jetzige Sven Väth-Edition ist ein daraus abgeleitetes Sondermodell, das optisch wie technisch leicht von der Standardversion abweicht. Äußerlich unterscheidet sich die Spezialausführung vom Standardwürfel darin, dass sie ausschließlich mit schwarzer Frontplatte, orangefarbenem Schriftzug und gleichfarbiger Betriebs-LED erhältlich ist.

Für den Klang-Väthischisten
Zudem sind dem Produktpaket zwei Goodies beigefügt. Zum einen ein stabiles A4-Poster mit einem aktuellen Profilbild und Signet der DJ-Ikone. Zum anderen eine 7-inch-Scheibe mit zwei Hits, die seine Weltkarriere musikalisch klammern: „Electrica Salsa“ von 1986 mit seinem damaligen Projekt OFF sowie rückseitig der 2021 aufgenommene Slammer „Feiern“. Das pressfrische Vinyl hat nicht nur anekdotischen Sammelcharakter, sondern einen praktischen Nutzen. Denn nicht funktionieren wird: Seine verfingerten und abgenudelten DJ-Scheiben aus dem zerfetzten Jacket zu reißen, um dann vom Phono-Vorverstärker ein klangliches Wunder zu erwarten. Diese neue Welt ist die Welt der Baumwollhandschuhe, Rillenbürsten und gefütterten Innenhüllen. Also ist wohl eine neue Vinylsammlung fällig. Gleiches gilt für den Tonabnehmer.

Ran ans Mäuseklavier
Äußerlich wirkt der vätherliche Black Cube SE II weiterhin unspektakulär. Die Hauptkomponente ist eine knapp 11 x 12 x 5 cm kleine Metallbox mit Standfüßen. Als Anschlüsse stehen aus der Rückseite zum einen vergoldete Phono-In- und -Out-Buchsen im Cinch-Format heraus, ergänzt um eine große Schraube für den Massekabelanschluss. Ergänzend bahnt sich ein 2,5 m langes, vierpoliges XLR-Kabel seinen Weg aus dem Heck, um eine separate Netzteilkomponente mit Spannung zu versorgen. Die Hauptkomponente sollte dann auch wirklich weit vom Netzteil (und anderen Stromquellen) positioniert werden, um Signaleinstreuungen wie Brummen oder Rauschen auszuschließen. Bevor man sich dem Hörgenuss hingeben kann, muss man den SE II auf sein Nadelsystem einstellen. Dazu wendet man die Box auf den Rücken und sieht sich sechs DIP-Schaltern aka Mäuseklavieren gegenüber – drei pro Audiokanal. Über jeweils zwei Schalter lassen sich die Verstärkung und der Widerstand für die unterschiedlichen Tonabnehmersysteme einstellen, wie sie vom Nadelhersteller angegeben sind. Ohne die SE II-Bedienungsanleitung kommt man nicht weiter. Darin ist aufgeführt, welche DIP-Einstellung zu welchem Ergebnis führt. Innerhalb der Box lassen sich dann über Steckplätze weitere Einstellungen für völlig abseitige Tonabnehmer vornehmen. Grundsätzlich lassen sich sowohl Moving Coil (MC)-Systeme als auch Moving Magnet (MM)-Nadeln mit dem Black Cube betreiben. Auch hier bewegen wir uns nicht mehr in der 70-EUR-Region von DJ-Systemen, sondern HiFi-Tonabnehmern, die bequem das zehn- bis hundertfache kosten können. Andernfalls: Perlen… Säue… ihr wisst schon.

Schweben auf Clubsound-Wolke 7
Kommen wir zu dem, was die Sven Väth-Edition klanglich vom SE II-Standardmodell unterscheidet: Neben dem bereits bekannten DIP-Schalter, über den sich der Bassklang in 16 Stufen gezielt einstellen lässt, wurden für eine verbesserte Impulswidergabe anstelle der bislang verbauten MKP-Kondensatoren schnellere von Mundorf verbaut. Dort also, wo für Lehmann bislang die Erreichung eines bestmöglichen Klangs für Klassik- oder Jazz-Liebhaber Zielsetzung war, rückt mit der Väth-Edition die Generation Clubmusik ins Visier. Feste Vorgaben gibt es für die Basseinstellung nicht. Also den Würfel erstmal auf dem Rücken lassen und ganz nach Gehör ausprobieren. Richtig austariert, ist der Unterschied zwischen dem Klang eines klassischen DJ-Setups und hochwertigen HiFi-Systems dann wirklich frappierend. Wer die klanglichen Feinheiten seiner geliebten Techno-Stomper, die Hall- und Delayfahnen von Dub Tech-Cuts, die volle Dynamik seiner Electro- oder Drum&Bass-Tracks oder die transparenten Schichtungen seiner Ambient-Sammlung auskosten möchte, wird mit dem väthisierten Würfel reich belohnt. Break on through to the HiFi-side – für 1.200 EUR.

Aus dem FAZEmag 136/06.2023
www.lehmannaudio.com