Zwar ist schon ein halbes Jahr vergangen, trotzdem muss man sich erst daran gewöhnen: Seit Beginn dieses Jahres firmiert der Weltmarktführer im Bereich DJ-Technik nicht mehr als Pioneer DJ Corporation, sondern AlphaTheta Corporation. Damit wurde ebenso eine gleichnamige neue Marke etabliert, in deren Produkten zwar weiterhin das technische Herz von Pioneer DJ schlägt. Mit frischem Innovationsgeist und verjüngter Körperlichkeit möchten die Japaner jedoch zugleich die Szene neu befruchten. Pioneer-DJ-Produkte wird es laut Hersteller weiterhin geben. Welche Richtungen die Schwestermarken letztendlich einschlagen, wird die Zukunft zeigen. Für mobile DJs hat AT jetzt mit dem Omnis Duo seine erste Duftmarke gesetzt. Das FAZEmag hat ausgiebig daran geschnuppert.
Der erste Eindruck, den der Omnis Duo nach dem Auspacken hinterlässt, ist: klein, hübsch, sehr robust, aber kein Leichtgewicht. Mit einem Maß von 500 × 307 × 71 mm erfüllt er perfekt die Erwartung an ein Mobiltool, das sich auch dank der abgerundeten Kanten flugs in die optional erhältliche Transporttasche oder jeden Rucksack stecken lässt. Dass er mit seinem Gewicht von 4,6 kg dennoch dezent an den Schultern zieht, dürfte zu einem erheblichen Anteil auf den intern verbauten Lithium-Ionen-Akku zurückgehen. Er versorgt das All-in-One-Gerät, je nach Lautstärke und Feature-Ausreizung, im Normalbetrieb für immerhin vier bis fünf Stunden mit dem benötigten Saft. Wer die Laufzeit strecken möchte, sollte rechtzeitig den Eco-Betrieb aktivieren, wodurch man bis zu drei Stunden hinzugewinnen kann. Wiederaufgeladen wird er mit dem mitgelieferten Netzteil oder einer handelsüblichen 45-W-Powerbank. Beim Design stellt sich eine interessante Empfindung ein. Man fühlt und erkennt zwar, dass der Omnis Duo Pioneer-DJ-Gene besitzt. Gleichzeitig weicht das Tool in seiner Gesamtästhetik und zahlreichen Details vom konsequent tradierten Trademark-Stil der Branchenführer-Brand deutlich ab. So fällt es bislang schwer, sich ein Pioneer-DJ-Werkzeug vorzustellen, das, wie dieser Omnis Duo, in einer petrolblauen Färbung daherkommt. AlphaTheta traut sich, sie nennen die Farbe übrigens „Slate Indigo“, da sie von klassischer Denim-Jeans inspiriert ist. Statt reiner Funktionalität spielt also auch der Lifestyle-Aspekt eine gewichtigere Rolle.
Die neue Ordnung
Bei der Bedienoberfläche fällt ebenso auf, dass sie weniger haptische Elemente aufweist, als es bei einem nahestehenden Pioneer-DJ-Werkzeug wie dem XDJ der Fall wäre. Mit einem Minimum an Beschriftungen wirkt er fast schon blankgeputzt. Pro Playerseite sind ein feinfühlig führbares 13-cm-Jogwheel, Beat-Jump-Buttons, ein Beat-Loop-Regler, Cue- und Play-Tasten, 2 x 4 gummierte Performance-Pads sowie ein Pitcher vorhanden. Hinzu kommen über die gesamte obere Flanke verteilt zwei Mikrofon-Gains inklusive Talkover-Button, Booth- und Master-Ausgangsregler sowie ein pushbarer Browse-Encoder mit zwei Deck-Load-Buttons. Neu ist eine dedizierte Bluetooth-Abteilung am oberen Ende des linken Decks, dazu später mehr. Haken wir zunächst noch die Mixerabteilung gleich mit ab: Dort schichten sich Trim-Regler, 3-Band-EQs, Color-Effektregler und Kanalfader übereinander, links ergänzt um eine Headphone-Sektion mit Cue/Master- sowie Level-Potis. Rechts lassen sich die Beat-FX einschalten, gemeinsam im Level/Depth-Verhalten regeln sowie mit kleinen Pfeiltasten in der Taktung anpassen. Den unteren Anschluss bildet natürlich ein Crossfader, wobei sämtliche Faderlaufwege dem Mobilmaß entsprechend auf 6 cm gekürzt sind. That’s it.
Selbst, wenn man die über eine Shift-Taste aktivierbaren Doppelbelegungen einbezieht, scheint der Omnis Duo ein minimal ausgestatteter DJ-Player & Controller zu sein. Den vollständigen Funktionsumfang offenbart er erst, wenn man mit dem 7,1“ messenden Touch-Display spielt. Über ihn kann man zahlreiche Funktionen erreichen, die man in Hardware-Ausprägung auf der Oberfläche vermisst. Dazu gehört die Auswahl und Zuweisung der internen Sound-Color- und Beat-Effekte, das Setzen von Loops innerhalb der Wellenformdarstellungen, die Einstellung der Pitch-Range, des Jogwheel- und EQ-Verhaltens, der Quantisierung und vieles mehr.
Sehr schön: Das Display lässt sich in einen Dunkel- oder Hellmodus versetzen und zudem in der Helligkeit einstellen, damit man es auch bei starker Sonneneinstrahlung noch gut ablesen kann. Klar ist aber auch: An den Funktionsumfang eines stationären All-in-One-Players, egal ob von der Schwestermarke Pioneer DJ oder eines Wettbewerbers, reicht der Omnis Duo nicht heran. Darauf ist der mittelgroße Touchscreen nicht ausgelegt; so viele aufpoppende Fenster-in-Fenster-Darstellungen, wie nötig wären, ließen sich nicht mehr sinnvoll beherrschen. Es wäre auch gar nicht im Sinne der Erfinder. Denn die angepeilten Einsatzgebiete überschaubarer, mitunter spontaner Partys sind kaum der Ort, um bei der Crowd mit seiner gesamten Skillpalette anzugeben. AlphaTheta hat den Feature-Umfang deshalb so beschnitten, dass die Mixing-Basics noch flüssig von der Hand gehen und dennoch einige Möglichkeiten für kreative Moves bleiben. Deutlich wird das unter anderem daran, dass die Zahl der internen Beat-Effekte auf acht reduziert wurde und die Performance-Pads A bis H pro Player ausschließlich für die Ablage von Cue-Punkten inklusive Slip vorgesehen sind.
Hey, Mr. DJ, stream me!
Um Tracks in den Omnis Duo zu laden, stehen zum einen altbewährte Optionen zur Verfügung. Dazu zählt ein – leider nur rückseitiger – USB-A-Port, an den sich Sticks und Festplatten anschließen lassen. Hinzu gesellt sich ein SD-Slot, um darin Karten im SD-, SDHC- oder SDXC-Format vollständig zu versenken. Eine Maximalkapazität bis 2 TB ist möglich, sodass die SD-Option einer internen Festplatte gleichkommt. Ein USB-B-Anschluss ist ebenfalls obligatorisch, um einen Rechner anzuschließen und die recordbox-DJ-Software oder alternativ Serato zu steuern.
Das Tool in ein Wi-Fi-Netz zu werfen, um kabelfrei u.a. auf die recordbox-Cloud zuzugreifen, ist ebenfalls kein Problem. Gleiches gilt für den rekordbox-Link-Export. Was den AlphaTheta-Vertreter jedoch von anderen Mobil-Controllern abhebt, ist die bereits angedeutete Bluetooth-Integration. Dafür wurde an der Tool-Oberkante eine Hardwaresektion eingerichtet, über die sich jedes gewünschte Mobilgerät koppeln lässt, um die darauf enthaltenen Titel per Kopfhörer vorzuhören, mit Fast-Search-Tasten zu durchsuchen und direkt abzuspielen. Das alles funktioniert natürlich prinzipiell auch über den Touchscreen, nur dann eben etwas umständlicher. Gedacht ist der Bluetooth-Direct-Betrieb unter anderem, um Wunschtitel aus dem Publikum zu erfüllen. Also das, wofür man früher von entnervten Club-DJs mit gesteigert künstlerischem Eigenanspruch einen Wodka-Bull ins Gesicht bekam. Die Titel werden dabei übrigens nicht in Echtzeit vom Phone gestreamt, sondern erst gepuffert und analysiert, um spielbereit zu sein – dann sogar inklusive Waveform-Darstellung mit den gewohnten Funktionen wie Cueing und Tonhöhenkontrolle. Allerdings darf der übertragene Track eine Spieldauer von zehn Minuten nicht überschreiten. Weiterhin lässt es der Omnis Duo zwar zu, seine DJ-Ergüsse auf dem angeschlossenen USB-Massenspeicher mitzuschneiden. Ausgenommen sind aber auch hier die von Dritten einströmenden Songs – nicht zuletzt aus urheberrechtlichen Gründen. Ansonsten ließen sich die externen Bluetooth-Titel kostenlos rippen, zumal vom Omnis Duo ja über das Mobilgerät auf einen Streamingdienst zugegriffen werden kann. Sobald ein Bluetooth-Gerät als Musikquelle ausgewählt wird, ist die Record-Funktion deshalb nicht verfügbar. Von unterschiedlichen Musikquellen zu mixen, also Track A von SD und Track B vom Laptop, ist wiederum möglich. Nur lässt sich dann die AutoSync-Funktion nicht anwenden. Sie greift nur, wenn man zwei Titel von einer Quelle einlädt. Generelle Grundvoraussetzung ist zudem, dass diese im neuen rekordbox-Library-Plus-Format verewigt sind, sonst werden sie nicht mehr unterstützt. Eventuell muss vor dem Einsatz also ein Umkonvertierungsaufwand eingeplant werden.
Touchscreen statt Knopfdrehen
Mit dem Omnis Duo gelingt AlphaTheta ein äußerst gelungener Einstieg in die Mobile-DJ-Welt – was technisch und ebenso bezüglich des satten Klangs kaum überrascht, schließlich zehrt die Marke von der jahrzehntelangen R&D-Erfahrung der Schwestermarke Pioneer DJ. Eine neue Ausrichtung bezüglich des Designs und des Arbeitsprozesses sind erkennbar. Dort, wo bei Pioneer-DJ-Tools bezüglich des Zusammenspiels von Touchscreen und Hardware-Bedienelementen weitreichend ein „sowohl als auch“ möglich war, schlägt der Omnis Duo radikaler den Weg „entweder oder“ ein. Zahlreiche Funktionen lassen sich zugunsten eines sehr cleanen Layouts ausschließlich über den Touchscreen erreichen. Das ist mitunter frickelig und gewöhnungsbedürftig, da der 7,1“-Bildschirm in Zeiten von 10,1“-Screens nur mehr mittelgroß ist. Mit ein wenig Übung und Konzentration gerät man aber auch hier zeitnah in den gewünschten Flow.
Dass AlphaTheta die Kreativfunktionen im Vergleich zu einem Pioneer-DJ-Tool intelligent beschnitten hat, kommt dem zugute. Als echten Zugewinn wird die junge Smartphone-Generation die umfassende Bluetooth-Integration begrüßen. Ergänzend sei an dieser Stelle erwähnt, dass AlphaTheta parallel einen passenden Outdoor-Lautsprecher mit der Bezeichnung Wave-Eight herausgebracht hat. Er lässt sich dank eingebauter Akkus ebenfalls Stromquellen-unabhängig betreiben. Ebenso ist ein Audioübertragungskabel überflüssig, da die Box über einen mitgelieferten Sender per SonicLink vom Omnis Duo aus strippenfrei mit Sound beschickt werden kann. Der AlphaTheta Omnis Duo kostet 1.499 Euro, ein Wave-Eight-Speaker 999 Euro.
Aus dem FAZEmag 148/06.2024