Sinee – Tipp des Monats: Equalizer und Frequenzen

Liebe FAZEmag-Leserin, lieber FAZEmag-Leser,

das Abmischen von fertig arrangierten Sessions gehört in der Welt der elektronischen Musikproduktion zur Königsdisziplin. Von den Producern wird in diesem Prozess viel abverlangt: Setzen sich die Hauptinstrumente gut durch? Welche Frequenzbereiche bleiben durch ein anderes Element verdeckt? Wieso hat meine Kickdrum auf „solo“ geschaltet Druck, aber im Mix nicht? Alle diese Fragen werden euch im kürzlich erschienenen Ultimate-Mixdown-Guide auf SINEE.de ausführlich erklärt! Der Kurs bezieht sich im Detail auf Frequenzen und Equalizer und ihr erfahrt alles Wichtige über verschiedene Equalizer-Typen, ihre Funktionen und wie ihr mit ihnen bestimmte Frequenzbereiche bearbeitet. Einige kleine Faustregeln und Tricks haben wir für euch aus dem Kurs ausgekoppelt und in diesem Artikel zusammengefasst.

Frequenzen cutten statt boosten

Bei allen Elementen im Track gibt es eine Faustregel, die wir uns beim EQing merken können: Bevor man angenehme Frequenzen boostet – also lauter macht –  sollte man erst einmal störende Frequenzen suchen, diese herausziehen und dann schauen, ob das gewünschte Ziel, nämlich die Freistellung des angenehmen Frequenzbereichs, schon erreicht ist. Wenn wir nämlich einzelne Frequenzbänder herausnehmen, werden die verbleibenden Frequenzbereiche automatisch lauter und präsenter. Zugleich räumt man seinen Mix in der Summe auf!

Frequenzen suchen mit dem Notch-Filter

Wie sucht man störende Frequenzen heraus? Dazu nehmt ihr euch den EQ Eight von Ableton Live und wählt ein Band mit einem Notch-Filter aus. Wichtig sind jetzt die Parameter Gain und der Q-Wert. Wenn ihr den Gain des Bandes voll aufdreht, könnt ihr mit der Maus durch das Frequenzspektrum fahren und einzelne Bereiche lauter abhören. Mit dem Q-Wert lässt sich der Frequenzbereich verringern oder vergrößern, den ihr abhören wollt. Seid euch bewusst, dass ihr mit dieser Technik die Frequenzbänder übertrieben anhebt, um diese genau anzuhören. Folglich klingt jeder Frequenzbereich irgendwie resonant und unangenehm. Man muss sich also noch zusätzliches Wissen aneignen, wie man angenehme Frequenzen von störenden unterscheidet, insbesondere dann, wenn man mit der „Lupe“ hört.

Störende Frequenzen finden bei Kickdrums

Bei Kickdrums gibt es viele Frequenzbereiche, die dem Druckpunkt der Kick den Platz rauben können. Was ist damit gemeint? Wenn ihr mit der oben beschriebenen Technik durch das Frequenzspektrum einer Kickdrum fahrt, werdet ihr schnell den Druckpunkt der Kick im tieferen Bereich ausfindig machen können. Je nach Charakter der Kick findet ihr im mittleren Frequenzspektrum oberhalb von 150 Hz viele störende Frequenzen: Es kann bei ca. 180 Hz zu einem unheimlich dominanten Dröhnen kommen, das dem Druckpunkt der Kick entgegenwirkt und diesen verdeckt. Zwischen 300 und 900 Hz findet man oft hölzerne und hohl klingende Frequenzbereiche. Wenn diese Frequenzen zum Beispiel zu laut sind, hört sich die Kickdrum eher nach einem geschlagenen Tennisball an, als nach einem musikalischen Instrument.
Sucht mit dem geboosteten Frequenzband nach genau dieser Frequenz: Wo verbirgt sich der „Tennisball“ im Spektrum? Wenn ihr diesen Bereich identifiziert habt, könnt ihr ihn mittels Q-Wert einkesseln und mit dem Gain-Regler absenken. Testet nach diesem Schritt immer mit einem A/B-Vergleich im Mix, ob der Eingriff mit dem Equalizer sinnvoll ist. Wichtig ist auch, dass man sich nicht auf sein Auge, sondern auf seine Ohren verlässt. Was sich jetzt vielleicht banal und offensichtlich anhört, ist ein ganz wichtiger Punkt: Lasst euch nicht dazu hinreißen, mit dem Auge zu arbeiten. Mit wachsender Erfahrung fängt man nämlich an, problematische Bereiche im Equalizer mit dem Auge zu erkennen. Man muss sich immer wieder daran erinnern, dass man alle Entscheidungen mit dem Ohr trifft – am besten, indem man einfach die Augen schließt, wenn man Absenkungen mit dem Gain-Regler vornimmt.

Low-Cuts setzen – Mix aufräumen

Ihr könnt ihn Low-Cut-, High-Pass oder auch einfach Bass-Cut-Filter nennen; sie alle meinen das Gleiche: Tiefe Frequenzen werden herausgefiltert! Bei allen Track-Elementen, die im höheren Frequenzspektrum sitzen, könnt ihr einen EQ Eight mit Low-Cut-Filter setzen. Selbst eine HiHat hat tiefe Frequenzanteile, die im Mix für einen verwaschenen Klang sorgen können. Mit einem Low-Cut-Filter nehmen wir der HiHat diese tiefen Frequenzen und säubern unseren Mix in der Summe. Der Klangcharakter der HiHat bleibt aber, denn die Hauptfrequenzbereiche, die die HiHat ausmachen, befinden sich oberhalb der Low-Cut-Kurve. Wenn ihr diesen kleinen Move in euren Workflow mit einbindet, kommt ihr schneller zu guten Ergebnissen, weil ihr „on the Fly“ schon etwas vormischt.

Weiche EQ-Kurven klingen musikalischer

Wie oben beschrieben sollte man immer schauen, ob man das Problem schon mit einer leichten Absenkung beheben kann. Harte Eingriffe in den Sound eines Instruments können  sich künstlich anhören und sogar Verzerrungen des Klangs bewirken. Deshalb setzt man Low-Cut-Filter mit einer möglichst geringen Flankensteilheit. Starke Absenkungen mit einem sehr geringen Q-Wert können dem Klang seine Natürlichkeit nehmen, weshalb man mit dieser Technik sparsam und auch sehr gezielt umgehen sollte.

Ein Beispiel: Ihr habt in eurem Projekt eine Ride, die sehr harsch und spitz klingt. Bevor ihr jetzt beginnt, jede einzelne Resonanz aus dem Sample zu ziehen, solltet ihr zunächst austesten, ob eine leichte Absenkung des gesamten Höhen-Bereichs hilft. Hierzu eignet sich der Shelf-Filter übrigens super! Mit der weichen Absenkung habt ihr ganz sanft in den Klang der Ride eingegriffen, weshalb sie ihren Charakter behalten wird; die harschen Frequenzen sind aber in den Hintergrund getreten.

A/B-Vergleich

Beim Musikmachen und vor allem beim Abmischen geht es immer um das Verhältnis – egal, ob es um Lautstärke, Frequenzverteilung oder Stereo-Panorama geht. Man muss die Track-Elemente mit ihren besonderen Klangeigenschaften immer in ihrem Verhältnis zueinander betrachten. Wir Producer können dabei auch in die Falle geraten, indem unserem Hirn vorgegaukelt wird, dass eine bestimmte Einstellung besser klingt, weil das Signal lauter geworden ist. Um sinnvolle Beurteilungen vorzunehmen, hilft uns der A/B-Vergleich. Wenn ihr mehrere Equalizer hintereinander benutzt habt, gruppiert diese zu einem Rack und schaltet das gesamte Rack aus und wieder an. Hört euch jetzt den Unterschied ganz genau an. Hat euer Eingriff mit dem Equalizer dem Mix geschadet oder eine Verbesserung bewirkt? Wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr den Sound durch zu viele EQ-Einstellungen deformiert habt, schaltet einzelne Bänder ein und wieder aus. So könnt ihr genau hören, welche Einstellung euren Mix nach vorne gebracht hat und welche nicht.

Wenn dir diese Faustregeln und Tipps gefallen haben und du Lust bekommen hast, endlich den Prozess des Abmischens genau zu verstehen, dann komm auf SINEE.de und sichere dir den Ultimate-Mixdown-Guide! Lass uns an deinen Mixdown-Skills gemeinsam arbeiten: Tausche dich in unserem Forum mit anderen Producern aus und lerne, deine Tracks professionell abzumischen!

 

Aus dem FAZEmag 112/06.21
Text: Fabienne von Canal
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