Tangible Waves VMIX-10 – Wie klein muss ein Mischpult sein?

Foto: Alex Böcker

Das folgende Gerät ist ein effizienter, kompakter, vielseitiger, geldsparender, cleverer Workflow-Beschleuniger. Ok, ich glaube, nun bin ich erst einmal eine Erklärung schuldig. Erstens geht es um den VMIX-10 von Tangible Waves. Für Besitzer*innen der überaus beliebten Korg-Volca-Seria ist es der erste ernstzunehmende Mixer. Zweitens geht es um die Herausforderung, sein Studio sinnvoll zu strukturieren, wenn immer mehr Geräte dazukommen. Beide Aspekte werden im FAZEmag-Test geklärt.

Tangible Waves ist das Projekt des Synthesizer-Liebhabers Robert Langer aus dem schönen Murnau in Bayern. Vielen Nerds ist Tangible Waves als Firma hinter dem AE-Modular-System bekannt. Mit dem rohen, ungehobelten Sound und einem zudem extrem günstigen Preis wurde hier an einer Alternative des Euroracks gearbeitet. Mit dem Preis und dem etwas kompakteren Format richtet sich das Modularsystem auch an Anfänger*innen, die endlich in die Welt der berühmt-berüchtigten Module einsteigen wollen. Kein Wunder, dass viele Musiker*innen nicken, wenn man sie nach dem AE-Modulars fragt. Am internen Forum, das den Anspruch hat, spätestens in 24 Stunden jede Frage beantwortet zu haben, sieht man relativ schnell, dass der Support-Aspekt, aber auch die Konzeption von Geräten, die auf besondere Ansprüche von Musiker*innen eingehen, dem Chef und einzigem Mitarbeiter Robert besonders am Herzen liegen. Reich wird man mit einer kleinen Hardware-Schmiede sowieso nicht, dann kann man wenigstens das Beste für die Community von Tangible Waves rausholen. Mit diesem Mindset ist schließlich auch der VMIX-10 entstanden.

Dieser könnte das Bindeglied in der Volca-Serie von Korg sein. Kurz und knapp, für alle, denen die Volcas überhaupt nichts sagen: Vor einigen Jahren entfachte der legendäre Synthesizer-Hersteller Korg einen enormen Hype mit kompakten Tools, die weniger als 200 Euro kosten. Die Sampler, Groovebox, Bass-, FM-, Loop- oder Kick-Synthesizer leiteten den Siegeszug einer Vielzahl kompakter Synthies verschiedener Hersteller ein. Auch wenn manche Musik-Shops schlecht im Bereich elektronischer Musikproduktion bestückt sind, die Volca-Serie ist auch dort immer im Schaufenster. 2018 kam von Korg der Volca Mix, ein Mini-Mischpult, um mehrere Volcas zusammenzubringen. Doch das Konzept ging nicht auf. Wer nun auf Google nach dem Tool sucht, findet „Volca Mix Alternative“ als ersten Vorschlag.

Tangible Waves hat die Lücke erkannt und einen kompakten Mixer vornehmlich für die Volcas entwickelt, der allen Ansprüchen der Volca-Nutzer*innen genügen soll.

Im selben Format wie die kleinen Boxen von Korg kommt auch der VMIX-10 daher. Was heißt, dass der Mixer auch auf die Volca-Stands passt. Auf dieser Oberfläche sind sechs Mono-Eingänge und zwei Stereo-Eingänge verteilt. Das reicht auch noch, wenn man fast alle Modelle der Volca-Serie zusammen anschließt. Es gibt zwei übliche Ausgänge, einmal den Main-Out und einmal den Headphone-Out. Die weitaus spannenderen Ausgänge sind die Send/Return-Kanäle, um Effektgeräte wie Hall, Delay oder Distortion anzuschießen. Dabei ist das Signal, das rausgeht, also der Send in Mono, während das Signal als Stereosignal wieder reinkommt, was breite Hallfahnen und stereoide Delay-Kaskaden aus trockenen Synthesizer-Lines zaubert. Wer im Low-Budget-Bereich bleiben will, benutzt hier einfach Gitarrenpedale für abgefahrene Effektketten.

Ein Kanalzug startet von oben nach unten erst einmal mit einem Miniklinken-Eingang. Wer an dieser Stelle denkt, was das soll, der sollte mal einen Blick auf so einige aktuelle Kompakt-Synthesizer wie eben die Volca-Serie, aber auch die Roland-Boutique werfen, die, passend zu ihrem Design, nur Miniklinken verwenden. Wer anderes Equipment verwendet, löst das einfach mit einem Adapter auf große Klinkenkabel.

Nach dem Audio-Eingang geht es weiter mit zwei Send-Reglern zu den beiden Effektwegen sowie Panorama- und Lautstärke-Reglern. Ganz unten befindet sich noch ein Mute-Schalter – das Besondere hier ist, dass das elektronische Signal nicht kurz clippt, wenn man es an- und ausschaltet, wie das bei sehr vielen elektronischen Geräten der Fall ist.

Darüber kann der VMIX-10 noch vier weitere Geräte, die eine Spannung von neun Volt benötigen, mit Strom versorgen. Den Mixer gibt es auch in einer speziellen Version als Modul für das AE-Modularsystem von Tangible Waves. Außerdem wurden noch rauschunterdrückende Audiokabel für die Korg-Synthesizer entwickelt, denn die Volcas rauschen ziemlich, wenn man sie über den VMIX-10 mit Strom versorgt. Doch mit dem Kabel war nichts mehr davon zu hören.

Dass dieses Mixer-Konzept zunächst mal kein Hexenwerk ist, sagt auch der Erbauer des Ganzen. Doch erstens ist das Ergebnis extrem robust, gut verbaut und funktioniert ohne Macken. Zweitens ist ein solcher Mixer auch einfach verdammt praktisch.

Der typische Gebrauchsfall ist natürlich eine Live-Situation, in der man mit dem VMIX-10 schnell und intuitiv einen Stereomix verschiedener Synthesizer anlegen kann. Das klappt in der Praxis deutlich besser, als jeden Lautstärke-Regler der einzelnen Geräte im Blick zu haben. Stattdessen hat man alles in einem Gerät.

Wie einfach ist es denn nun, spontan einen Break zu bauen, indem man die Drumspur mutet und den Vocal-Loop zum Hallgerät schickt?

Im Studio trumpft der VMIX-10 dann auf, wenn Produzent*innen ihre Sounds möglichst roh, möglichst echt und möglichst nicht steril haben wollen. Statt später jede Einzelspur bis ins kleinste Detail nachzubearbeiten, ist es wieder im Moment ein verbreiteter Weg, den Sound z.B. einer Drummachine als Ganzes aufzunehmen, statt die Einzelspuren von Kick, Snare, Hi-Hats und Percussion einzeln zu recorden. Dieser Workflow funktioniert wie ein Äquivalent zur analogen Fotografie, da du bei der Gestaltung deines Sounds im Vorfeld perfektionistisch sein musst, wenn es nur einen Versuch gibt, ihn aufzunehmen.

Man nimmt also verschiedene Synthesizer, mischt sie sorgfältig zusammen im VMIX-10 und nimmt dann den gesamten Output auf.

Im Eingangstext habe ich darauf hingewiesen, dass ein kleiner kompakter Mixer wie der VMIX-10 auch helfen kann, wenn man irgendwann mehr Geräte im Studio stehen hat, als auch das größte Interface Eingänge hat. So kann man z.B. alle Einzelspuren einer Drummachine auf den Mixer bündeln und somit nur zwei statt zehn Spuren des Interfaces belegen. Und genau in dieser Anordnung wurde der VMIX-10 im FAZEmag-Studio getestet und hat einen angenehmen Twist in den dortigen Workflow gebracht.

Klare Empfehlung also für Jam-Sessions, Studios mit zu vielen Geräten und um sein Arsenal an Volcas zu beherrschen.

Aus dem FAZEmag 125/07.2022
Text: Bastian Gies
Fotos: Alex Böcker
www.tangiblewaves.com