KomaCasper – Manege frei für Vocaltekkno

Foto: PX Graphics

Mit seiner Definition von melodischem Techno hat Ruben Torz aka KomaCasper in den letzten Monaten nicht nur einen Hype um sich als Künstler erzeugt, sondern das Genre rund um Vocaltekkno, wie er es nennt. Und so genießt der Mann aus Aschersleben einen prallgefüllten Tour-Kalender, bei dem es ihn in diesem Sommer zu unzähligen renommierten Festivals in der Republik ziehen wird. Er verkauft darüber hinaus sein eigenes Merchandise und veröffentlichte dieser Tage seine neueste Single „Miss Your Touch“ auf Spinnup in Kooperation mit Oliver Brauer. In dieser FAZEmag-Ausgabe gibt KomaCasper eines seiner ersten Interviews.

Ruben, wie bist du zur Musik gekommen und was hat dich maßgeblich beeinflusst?

2008 habe ich recht viel Zeit mit meinem Bruder verbracht. Dabei hatte ich des Öfteren die Möglichkeit, ihm beim Produzieren und Herumprobieren mit dem damals gängigen Produktionsprogramm FL Studio 08 über die Schulter zu schauen. Das Setzen der Spuren, das die Produktion ja beinhaltet, hat mich von Anfang an gereizt und ich wollte ganz schnell mehr. Er erklärte mir das Programm und ich verstand immer mehr, was er da machte und mir war klar, dass ich sowohl diese Software als auch einen fähigen Laptop brauchte. Ich sparte mir das Geld zusammen, indem ich jeden Mittwoch Zeitungen austrug. Irgendwann fragte mich meine Mutter, was ich an Geld zusammenhatte und legte mir den Rest dazu. Somit konnte ich mir recht schnell die benötigten Sachen kaufen und endlich anfangen, an Samples zu schrauben.

Wie verlief der Weg von den ersten Beats zu KomaCasper?

Irgendwann kommt ja jeder Hobbymusiker an den Punkt, wo er in irgendwelchen Clubs oder auf Bühnen spielen und seine Musik präsentieren möchte und sogar die Möglichkeit dazu bekommt. Also musste ein Name her. Meine Mutter, meine Tante und ich saßen in der Runde und dann ging eigentlich alles ganz schnell. Da ich schon immer ziemlich verrückt und lustig drauf war, war ich in der Familie eh schon immer der Kasper. Das wollte ich nun mit den harten Sounds verbinden, die ich zu dem Zeitpunkt produzierte. Ergo KomaCasper.

In den letzten Monaten hast du das Genre „Vocaltekkno“ quasi salonfähig gemacht – wie genau definierst du diesen Stil?

Anfänglich wollte ich mich einfach abheben von dem ganzen Einheitsbrei dort draußen. Ich habe mich schlichtweg inspirieren lassen und das, womit ich mich tatsächlich zu 100 Prozent habe identifizieren können, in meine Produktion einfließen lassen. Vocaltekkno ist für mich die Definition von Gesang, Melodien und qualitativ hochwertigen Basslines. Das Ziel, Hardtekk auf die großen Bühnen zu bringen, stand anfangs für mich gar nicht im Fokus. Umso schöner ist es jetzt, mein Baby wachsen zu sehen und zu spüren, mit wie viel Liebe die Leute meine Leidenschaft teilen und feiern.

Der Hype um dich als Künstler wird gefühlt täglich größer, wie erklärst du dir das und wie fühlst du dich damit?

Dieses Gefühl der Anerkennung fühlt sich natürlich wunderschön an. Dennoch bin ich da immer sehr bescheiden. Zudem vergesse ich bei dem ganzen Trubel um meine Person  nicht, dass meine Musik ohne die Leute, die es genauso fühlen und leben wie ich, gar nicht eine solch große Aufmerksamkeit erlangen würde. Alles in allem bin ich durch und durch einfach nur dankbar. Das Ganze wird darüber hinaus Woche für Woche in hochqualitativen Videos und Fotos festgehalten, was der digitalen Sichtbarkeit sicherlich einen guten Schub verpasst. Anfang 2019 haben mein mittlerweile sehr guter Freund  Julian Lucke, der mit seiner Videoproduktionsfirma „Julian Lucke Productions“ auch andere größere Künstler*innen betreut, und ich uns zusammengesetzt und gefühlt Tage und Nächte damit verbracht, das richtige Marketingkonzept für Vocaltekkno auszuarbeiten. Wir geben quasi Woche für Woche High Level.

Welche Message möchtest du mit deiner Musik und deinen Shows vermitteln?

Die Message ist, dass man sich frei von Ängsten machen sollte, sich trauen sollte, Sachen anders zu machen als andere. Klar, kann ich das nicht direkt mit meiner Musik ausdrücken, aber mein momentaner Erfolg zeigt ja, dass es das wert ist, mal einen Schritt ins Ungewisse zu machen und neue Dinge auszuprobieren. Mir ist auch bewusst, dass ich das Rad nicht neu erfunden habe, dennoch war es erst einmal ein riesiger Schritt, den ich machen musste, gepaart mit dem Risiko, auch scheitern zu können.

Was unterscheidet dich, deiner Meinung nach, von der „herkömmlichen“ Tekk-Szene?

Ohne hier jetzt jemandem zu nahe treten zu wollen, denke ich, dass sich mein jetziger Sound bereits in den Wurzeln zu vielen der Szene unterscheidet. Angefangen in der Produktion, übers Abmischen bis hin zum Mastering. Aber man lernt ja nie aus, da nehme ich mich selbstverständlich nicht aus. Ich wusste damals zum Beispiel auch nicht, das man Frequenzen ausdünnen muss, die im Mix stören. Und vieles, vieles mehr. Der springende Punkt in der Aussage ist, dass man sich stetig weiterentwickeln und am Ball bleiben muss. Einer der vielen positiven Aspekte für mich in der Corona-Zeit, die dafür Möglichkeiten geboten hat.

Erzähle uns von deinem aktuellen Jahr – von Releases, Shows bis hin zu weiteren Sachen auf deiner Agenda.

Anfang 2022 schwebte die dunkle Wolke der Pandemie ja leider noch in vollen Zügen über uns. Rückblickend betrachtet hat mir diese Zwangspause viel Zeit im Studio beschert, viel Zeit für neue Releases und dafür, mir neue Dinge anzueignen und bestehende Kenntnisse zu festigen. Nichtsdestotrotz war ich natürlich heiß darauf, meine frisch geschraubten Hits endlich wieder vor Publikum spielen zu dürfen. Im März war es dann endlich so weit, der erste Gig nach der Pandemie. Ich war sichtlich nervös. Als ich dann die ersten Kicks meines Sets am Mixer reinschob und als die Leute den Moment der Freiheit mit mir feierten, hat es in mir von oben bis unten gekribbelt. „Ich bin endlich wieder zu Hause“, dachte ich mir. In den darauf folgenden Wochen hat sich mein Booking-Kalender gefühlt stündlich aktualisiert und gefüllt. Airbeat One Festival, Sputnik Springbreak Festival, Havelbeats Potsdam, Break the Rules Festival, Love Music Fetival und dazu viele Clubs aus ganz Deutschland. Ein tolles Gefühl, ganz klar. Ich bin heiß auf das, was vor mir liegt.

Kannst du dir in absehbarer Zeit ein Album vorstellen?

Ich glaube, jede/r Künstler*in denkt sicherlich darüber nach, seine besten Stücke auf ein Album zu packen. Ich genauso, die Nachfrage ist auch stetig vorhanden. Aber ich will ein Album produzieren, wenn ich das Gefühl habe, dass ich ein Rundumpaket an Tracks schnüren kann, das mich und meine Musik und die Gefühle, die ich damit übermitteln möchte, zu 100 Prozent widerspiegelt. Nicht unter Druck, weil ich damit Kohle machen will. Die momentane Zeit ist so schnelllebig, wenn es nach den Leuten ginge, müsste ich jede Woche ein neues Set rausbringen, weil meine Fans so heiß darauf sind, ständig neu gekitzelt zu werden. Das ist aber leider, wenn man einen Anspruch auf Qualität setzt, schlichtweg nicht umsetzbar. Ich bin Künstler, das Album kann in jede X-beliebige Richtung gehen, aber eins kann ich versprechen, Vocaltekkno wird wie auf meinen Shows Programm, sollte das Album-Projekt demnächst Gestalt annehmen.

 

Aus dem FAZEmag 125/07.2022
Text: Lisa Bonn
Foto: PX Graphics
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