Two Steps From Hell – Emotionale Klangwelten

Foto: Dita Vollmond

Hinter dem Projekt Two Steps From Hell steckt eine erstaunliche Erfolgsgeschichte, die eher zufällig in einem Onlineforum ihren Anfang nahm. Der US-Musiker Nick Phoenix und der norwegische Musiker Thomas Bergersen gründeten 2006 Two Steps From Hell, um unter diesem Label ihre Musik zu komponieren – der eine in den USA und der andere in Europa – und herauszubringen. Und zwar Musik für Film-, Serien- und Videospieltrailer. Dabei entwickelten sie ihren eigenen Signature-Sound – vielfach als „Epic Sound“ bezeichnet – der so erfolgreich wurde, dass mittlerweile über fünf Milliarden Streams ihrer Tracks auf der Habenseite stehen. Sie schufen Hits wie „Heart of Courage“, „Victory“, „Star Sky“, „Protectors of the Earth“ oder „Strength Of A Thousand Men” für Filme und Serien wie „Avengers“, „Star Trek“, „Harry Potter“, „Indiana Jones“, „Doctor Who“, „Breaking Bad“ oder „The Walking Dead“.

In diesem Sommer feierten sie spektakuläre Live-Auftritte mit Orchester, Chor und Rockband. Thomas, der auch schon im Jahre 2007 zusammen mit seinem Landsmann Boom Jinx den Progressive-Track „Remember September“ auf Anjuna Deep veröffentlichte, erzählt uns im Interview, wie sich die beiden kennengelernt haben, wie sie zusammenkamen und welche weiteren Projekte er verfolgt.

Hallo, Thomas, wie geht es dir, was machst du gerade?

Ich lade meine Batterien wieder auf. Unsere Tournee war sehr anstrengend für mich.

Was hat dich in deiner Kindheit und Jugend musikalisch beeinflusst und wie kam es dazu, dass du dich der Musik zugewandt hast?

Für mich war es elektronische Musik in ihren frühen Stadien und Orchestermusik, insbesondere dramatische symphonische Werke. Ich war fünf, sechs Jahre alt, als ich anfing, mich ernsthaft für Musik zu interessieren. Mein Vater war Kontrabassist im Orchester und ich liebte es, ihm beim Spielen zuzuhören. Der Klang des Kontrabasses vermittelt mir ein Gefühl von Ruhe und Heimat.

Wann und wo habt ihr euch kennengelernt, wie kam es zu der Idee, gemeinsam Musik zu machen und das Projekt Two Steps From Hell zu starten?

Wir haben uns bei einer Diskussion in einem Online-Forum kennengelernt, später haben wir uns dann in Los Angeles getroffen. Wir haben dann beschlossen, Musik für Filmtrailer zu machen, und von da an hat sich das Ganze irgendwie verselbständigt. Ein häufiges Missverständnis ist, dass wir zusammen Musik machen, was nicht der Fall ist. Ich schreibe meine Musik und Nick schreibt seine. Zusammen veröffentlichen wir sie dann eben unter dem Label Two Steps From Hell.

Wie seid ihr schließlich mit der Filmindustrie in Kontakt gekommen?

Nick hatte bereits ein gut etabliertes Kontaktnetzwerk, da er schon vorher ein wenig in diesem Bereich gearbeitet hatte. Wir arbeiteten zusammen, um das Konzept für jedes Album zu entwickeln, das wir veröffentlichten, und schrieben dann die Musik in unseren eigenen Studios. Unsere Musik wurde in einigen ziemlich großen Produktionen in Hollywood eingesetzt. Filme, von denen wir inzwischen alle gehört haben.

Wie würdet ihr euren „Epic Sound“ beschreiben, was ist für euch das Besondere daran? Und mögt ihr dieses „Label“ überhaupt?

„Epische Musik“ ist nicht wirklich ein Begriff, den ich gerne verwende, um meine Musik zu beschreiben, da sie so viel mehr ist als das. Ich finde, dass „emotionale Musik“ besser passt. In der Musik geht es für mich darum, Gefühle zu wecken. Ob das nun Trauer, Freude, Introspektion, Nostalgie, Mut, Hoffnung oder Liebe ist – es geht um Gefühle, daher „emotionale Musik“.

Wann und wie kam die Idee auf, die Musik für das neue Album mit Orchester, Chor und Rockband neu zu arrangieren?

In Bezug auf meine Stücke „Protectors Of The Earth“, „Strength Of A Thousand Men“ und „Heart Of Courage“ war das eine ganz natürliche Entscheidung, die ich traf, als ich wieder ins Studio ging, um die Stücke zu verlängern. Die Originale waren sehr kurz und funktionierten nicht in einem Konzertkontext. Ich hatte das Gefühl, dass eine Metal-Sektion nach dem Original die Energie der Musik verstärken würde, anstatt sie nur zu wiederholen. Wir hatten einen fantastischen Schlagzeuger und Gitarristen, also dachte ich mir: Warum nicht?

Wie verlief die Arbeit mit den Musiker*innen und dem Chor?

Das Orchester, der Chor und ein Teil der Band haben getrennt von uns geprobt, sodass wir erst am Ende der Proben wirklich herausfinden konnten, wie alles zusammen funktioniert. Es war eine angenehme Überraschung, und wir waren sehr zufrieden damit, wie alles auf natürliche und musikalische Weise zusammenpasste.

Wie kann man sich deine Arbeit im Studio vorstellen, wie sieht ein Studiotag aus?

Meine Tage variieren von Tag zu Tag sehr stark. Wenn ich nicht gerade in einer kreativen Phase bin, versuche ich, nichts zu erzwingen. Normalerweise setze ich mich ein oder zwei Stunden ans Klavier, um zu sehen, ob mir gute Ideen kommen. Dann etwas Geige. Manchmal sitze ich auch einfach in meinem Studio und schreibe etwas von Grund auf.

Wie kam es eigentlich zu dem Namen?

Es gab einen Nachtclub in Norwegen, der hieß Two Floors from Heaven. Ich mochte den Namen und habe ihn ein bisschen verdreht, damit er in der Film- und Serientrailer-Musikbranche funktioniert. Wir konnten ja nicht ahnen, dass der Name für die nächsten Jahre an uns hängen bleiben würde.

Foto: Dita Vollmond

Ihr habt Two Steps From Hell im Jahr 2006 gegründet, also vor 16 Jahren. Wahrscheinlich habt ihr euch nicht annähernd vorstellen können, wie erfolgreich ihr werden würdet?

Nein, wir hatten absolut keine Ahnung, dass es so weit kommen würde. Wir sind glücklich und dankbar, dass es so gekommen ist!

Wie blickst du auf das vergangene Jahr zurück, auch in Bezug auf die Tournee?

Ich kann nicht für Nick sprechen, aber ich habe es für meine Fans getan. Es kostet eine Menge Energie und es ist nicht jedermanns Sache, vor Tausenden von Menschen auf einer Bühne zu stehen, aber es ist eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich bin froh, dass ich das in meinem Leben erleben durfte, und dankbar, dass wir so eine tolle Fangemeinde haben.

Was können wir nächstes Jahr erwarten, welche Pläne hast du?

Im Moment arbeite ich hauptsächlich an meiner eigenen Musik. Mein Ziel ist es, irgendwann Thomas-Bergersen-Konzerte zu veranstalten und eine dynamisch interessantere und musikalisch buntere Auswahl an Musik aufzuführen. In der Zwischenzeit verbringe ich auch mehr Zeit mit meiner Familie und genieße das Leben, denn ich habe mein ganzes Leben bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer ungesunden Besessenheit für meine Leidenschaft für die Musik gewidmet, und ich möchte nicht nur funktionieren, damit andere in der Welt das Ergebnis genießen können, sondern auch mein Leben ein wenig genießen, bevor ich ins Gras beiße.

 

Aus dem FAZEmag 129/11.2022
Text: Tassilo Dicke
Foto: Dita Vollmond
www.twostepsfromhell.com