U60311 – ein neues Kapitel
Wir hatten euch ja bereits mehrmals über die Zustände vor und hinter den Kulissen des legendären U60311 berichtet. Und wenn ihr jetzt vielleicht hofft, wir verkünden euch ein ‚Re-Opening‘ – leider nein. Stattdessen verkündete das Journal Frankfurt gestern, dass der Betreiber des geschlossenen Kult-Clubs am Frankfurter Rossmarkt in einem wohl schon drei Jahre dauernden Rechtsstreit vor dem Landgericht von der Stadt Frankfurt 1,5 Millionen Euro fordere. Das erscheint erst einmal bizarr, denn die Versäumnisse des Betreibers Eger sorgten dafür, dass der Club zuerst ein negatives Image bekam und schließlich geschlossen werden musste. Aber drehen wir die Zeit ein wenig zurück.
Am Ostermontag 2011 prügelten drei Türsteher des U60311 einen Gast zu Tode. Die Türsteher plädierten auf Notwehr. Im selbsten Monat – April – ließ die Frankfurter Polizei ein Razzia im U60311 durchführen. Die im Rahmen dieser Razzia gefundenen Hygienemängel und festgestellten Verstöße gegen den Jugend- und Nichtraucherschutz sorgten dafür, dass das Ordnungsamt den Club mit sofortiger Wirkung schließen ließ. Das Liegenschaftsamt, dem die Kellerräume gehören, kündigte im Verlauf den Vertrag mit dem Betreiber Alexander Eger zum 31. Juli 2011, was sich der 34-jährige nicht gefallen lassen wollte. Und jetzt wird es kompliziert. Die Stadt verfolgte den Plan, den Club schnellstens räumen zu lassen und forderte von Eger einen Mietrückstand in sechsstelliger Höhe. Dieser seinerseits verklagte die Stadt für die Folgen eines Wasserschadens. Danach meldete Eger Insolvenz an, zog den Antrag wieder zurück und präsentierte einen neuen Nutzer, um letzlich das U60311 doch zu schließen. Nach langem juristischen Gerangel gibt es auch heute noch keine Einigung. Vorgestern, am 08.09.2014 wurde der Fall vor dem Frankfurter Landgericht verhandelt.
Wie das Journal Frankfurt berichtet, fordert Alexander Eger von der Stadt eine Millionensumme. Neben den Anwalts- und Prozesskosten sei ihm ein Schaden von 1,5 Millionen Euro entstanden. Denn das Liegenschaftsamt habe Interessenten, die den Club übernehmen wollten, abgewiesen. Dabei seien sie – so der Kläger – gewillt und in der Lage gewesen, für die vorhandene Licht-, Ton- und Klimaanlage sowie die Heizung und die an den Ort Rossmarkt gebundene Übernahme des Clubnamens ebendiese Summe zu bezahlen.
Die Stadt indes argumentiert, so das Journal Frankfurt, ein Gutachten habe den Wert des Inventars auf nur 75.000 Euro geschätzt, auch äußerten die Anwälte der Stadt Zweifel an den Interessenten. Am Dienstagnachmittag wurden Alfred Gangel, Leiter des Liegenschaftsamtes, und zwei Clubinteressen vor dem Landgericht Frankfurt angehört. Das Gericht wollte vorgestern damit klären, in wie weit eine Schadensberechnung überhaupt möglich ist.
Liegenschaftsamtsleiter Alfred Gangel wurde zu einem Telefonat mit einem der potentiellen Interessenten im Sommer 2012 befragt. Dieser sei, so Gangels Aussage, einer von „fünf bis zehn“ Bewerbern gewesen, die Interesse an der Liegenschaft bekundet hätten. Er habe jedem Interessenten geraten, zunächst mit Alexander Eger Kontakt aufzunehmen und bei der Stadt bis zum 30. Juni eine schriftliche Bewerbung unter Angabe von Bonität, Leumund und Referenzen abzugeben. Wie das Journal Frankfurt weiter berichtet, sagte Gangel: „Ein seriöser Bewerber weiß, wie er sich zu präsentieren hat„. Eine öffentliche Ausschreibung für das Objekt habe es nicht gegeben, weil man einen eng gesteckten zeitlichen Rahmen gehabt habe, letztlich habe man den Rückbau der Eingänge ausschreiben wollen. Gangel weiter: „Primär war für mich der Weiterbetrieb einer Disco vorrangig, weil sich der Ort von der Verkehrsanbindung gut eignet und es nur zu minimalen Störungen der Nachbarschaft kommt. Die musikalische Ausrichtung des Clubs war mir dabei egal,“ und entgegnet damit Gerüchten, er habe kein Interesse gehabt, Nachfolger zu finden oder gar erneut einen Club am Rossmarkt einziehen zu lassen.
Im weiteren Verlauf der Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt wurden die beiden geladenen Interessenten befragt und es stellte sich der Eindruck ein, dass sowohl Herr J., der sich als Fan des U60311 outete und seinen Beruf als Kaufmann, Dachdecker und Rettungssanitäter angab, als auch der Altenpfleger Maximilian U. keine Ahnung hatten, wie ein Club zu führen sei. Weiter drängte sich der Eindruck auf, als ob diese und auch die anderen Kaufinteressenten vorgeschoben wurden, um die Schadensersatzforderungen von Eger zu untermauern.
Wie das Journal Frankfurt weiter berichtet, wurde die Verhandlung auf Dezember vertagt. Wir halten euch auf dem Laufenden.
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