Zeitgeschichten – mit Boris Blank

Foto: Martin Wanner

Als Teil des legendären Schweizer Duos Yello schrieb Boris Blank zusammen mit Dieter Meier Musikgeschichte. Unvergessen bleiben Hits wie „Bostich“, „You Gotta Say Yes To Another Excess“ und natürlich „Stella“, das 1985 mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet wurde. Wir haben die Zeit zurückgedreht und mit Blank über die glorreichen Anfänge von Yello, legendäre Synthesizer, Klaus Schulze und sein neues Soloalbum gesprochen.

Hi, Boris! 1978 – für deine Karriere sicherlich eines der bedeutendsten Jahre angesichts der Gründung von Yello. Erzähl uns etwas über die Anfänge.

1978 war das Jahr der Initialzündung: Dieter Meier, Carlos Peron und ich formierten uns zu Yello und richteten unser erstes, improvisiertes Tonstudio in einer alten leeren Fabrik ein. Unser erster Gig bei einer Modeshow in Zürich sorgte für Aufsehen, aber auch für Kontroversen. Das Fernsehen drehte eine Reportage und kurz darauf wurde uns ein erster Plattenvertrag von Perifery Perfume – einem kleinen Schweizer Label – angeboten. Später wurde dann Ralph Records, ein renommiertes Avantgarde-Label aus San Francisco, auf uns aufmerksam. 1980 erschien dort unser erstes Album „Solid Pleasure“.

Wie bist du damals mit dem Erfolg von Yello umgegangen?

Unsere damalige Plattenfirma hat uns glücklicherweise viel Zeit gegeben, um unseren musikalischen Impuls weiterzuentwickeln. Uns wurde nie ein Etikett umgehängt, wir hatten immer die Freiheit, das zu tun, was uns gefiel. Wir haben uns nie nach Trends orientiert.

Welche Ereignisse außerhalb der Musik haben dich zu jener Zeit beschäftigt?

Zur gleichen Zeit tobten in Zürich die sogenannten „Jugendunruhen“, also Proteste und Krawalle der jungen Generation gegen das Establishment. Ein Highlight war der „Opernhauskrawall“.

Wie sah das (elektronische) Musikmachen zu dieser Zeit aus?

Inspiriert von Herbie Hancocks Album „Sextant“ legte ich mir meinen ersten Synthesizer zu – den Arp Odyssey. Später sollten viele weitere Analog-Geräte folgen. Damals wie heute ist meine Art zu produzieren dieselbe: Ich arbeite wie ein Maler, der Step by Step seine Farben auf die Leinwand bringt, bis sich erste Konturen ergeben, die mir als Pfad dienen, bis letztlich ein vollständiges Klangbild entsteht. Oft bin ich selber überrascht, was dabei für Musik entsteht.

Dein absoluter Liebling war aber der Fairlight-CMI-Sampler/Synthesizer, oder? Was ist so magisch an dieser Maschine?

Der Klang war für die damalige Zeit hervorragend. Durch die Möglichkeit des Samplings und des Zuordnens der Samples an verschiedene Layer konnte man sehr dynamische Drums, Bässe & Co. erzeugen. Auch konnte man erstmals in die molekulare Struktur eines einzelnen Klanges „eintauchen“ und den Sound total umgestalten. Die Page R von Fairlight war lange Zeit ein unübertroffenes Tool für mich, das ich auch als Step-Sequencer einsetzte.

Provokant gefragt: Klaus Schulze – der Größte seiner Zunft?

Ich bin zu wenig vertraut mit seinem gesamten Werk, als dass ich mir ein Urteil anmaßen könnte. Was aber sehr lustig war, ist, dass Klaus Schulze mich ganz am Anfang der Yello-Karriere in sein Studio nach Winsen an der Aller eingeladen hatte, um über einen Vertrag mit uns zu sprechen. Das Angebot von Ralph Records hatte uns aber mehr überzeugt.

Was hat dich dazu angetrieben, auch als Solo-Künstler Musik zu machen?

Im Grunde genommen bin ich bereits seit der Gründung von Yello ein Solo-Künstler – immer bis zu dem Zeitpunkt, an dem Dieter Meier die Songs hört, und dann jeweils sehr schnell eine Figur erfindet und den Text schreibt, um sich dann als Sänger und Protagonist durch meine Klangwelten bewegen zu können.

An „Resonance“, deinem neuen Soloalbum, hat Dieter Meier hingegen nicht mitgewirkt. Wie kam es dazu?

„Resonance“ war anfangs eine Auftragsarbeit für ein Thermalbad bei Zürich. Die Gäste fragten, ob man die Musik, die dort spielte, auch kaufen könne. Also brachte ich die Songs in eine Album-Fassung. Der Sound auf der LP ist meditativ und klanglich eher ruhig – passend zu einem Thermalbad. Einige Songs wie „Vertigo Heroes“ Part I & II  oder „Ninive“ sind Uptempo-Stücke. Die Songs erzählen eine Geschichte, sie sind kinematografisch und natürlich haben sie die typische Klang-DNA von Boris Blank, hoffe ich zumindest. Dank Stefan Bock und Stefan Zaradic von den MSM Studios in München erscheint das Album auch als Blu-Ray mit Dolby-Atmos-Mix.

„Resonance“ ist am 16. Februar via Ian Records (Universal Music) erschienen.

Aus dem FAZEmag 145/03.2024
Foto: Martin Wanner
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