Zeuz – Energie, Ästhetik, Eskalation

Zeuz – Energie, Ästhetik, Eskalation. Credit: Dimension Media

Vom Raver zum gefragten Hard-Dance-Act: Innerhalb weniger Jahre hat sich ZEUZ in der Szene, vor allem jener der härteren Gangart, etabliert – mit brachialen Sets, einer rasant wachsenden Fanbase und ausverkauften Nächten, darunter in seiner Heimatstadt Köln. Im Interview spricht Tim Kremer, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, über seinen Sound, seine Wurzeln, seine neue Modemarke und warum ein Gyros vom Iltis-Grill ihn immer wieder erdet. Außerdem zeichnet er diesen Monat für den offiziellen FAZEmag-Download-Mix verantwortlich.

Tim, du hast dich in kürzester Zeit zu einem der gefragtesten Artists in der Szene entwickelt. Wie hast du diesen schnellen Hype selbst erlebt?

Es fühlt sich immer noch ein wenig surreal an. Vor fünf Jahren habe ich zum ersten Mal offiziell als ZEUZ aufgelegt, heute darf ich auf großen Stages stehen. Mir hilft es, alles in kleine Etappen zu zerlegen: jede Show, jede neue Single, jedes Treffen mit Fans. Dadurch bleibt der Fokus auf der Musik und nicht auf Klickzahlen. Wenn ich danach um drei Uhr früh vom Set komme und das Adrenalin nachlässt, bin ich wieder der 28-jährige Typ aus Köln, der einfach gern laute Musik baut.

Deine musikalischen Wurzeln liegen im Tech- und Deep-House, heute stehst du für harten, kompromisslosen Sound mit Hardcore-Einflüssen. Wie kam es zu diesem Wandel?

Ich habe als Club- oder Festivalgast immer die Momente geliebt, in denen das Tempo plötzlich anzieht. Tech-House-Grooves waren mein Einstieg in die Raver-Welt, aber innerlich wollte ich noch mehr Energie. Als ich angefangen habe zu produzieren, habe ich im Studio alle Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgehoben. Ich bin immer weiter dabei, meinen eigenen Sound zu finden und zu entwickeln. Er ist aber immer brachial, schnell, mit meinen typischen Screeches versehen und mit einer Portion Chaos obendrauf.

Deine Festivalshows in diesem Sommer waren pure Energie. Wie schaffst du es, dein Publikum von Anfang bis Ende in diesem Tempo mitzunehmen?

Ich erzähle eine Geschichte mit klaren Peaks und Tälern. Die ersten zehn Minuten sind wie die Aufwärmrunde vor einem Boxkampf, danach steigt der Puls kontinuierlich. Technisch wechseln sich härteste Drops mit Vocal-Breaks ab, damit die Crowd kurz Luft holen kann. Zusätzlich habe ich etwa ein Dutzend personalisierte Edits in der Hinterhand, die nur für diese Saison existieren. Wenn alles greift, entsteht ein Flow, den ich von der Bühne aus genauso spüre wie die Leute vor mir.

Du warst bereits auf großen Festivals wie Airbeat One, Parookaville und Open Beatz. Gibt es einen Auftritt, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?


Parookaville 2024 war mein persönliches Highlight. Ich wollte dort spielen, seit ich das erste Aftermovie gesehen hatte. Als ich dann den komplett gefüllten Floor betrat, brauchte ich zehn Sekunden, um zu realisieren, dass das wirklich passiert. Die Energie war so extrem, dass selbst Wochen später noch ständig Fan-Videos aufgetaucht sind. Das bleibt für immer ein Meilenstein.

 

Auch international warst du viel unterwegs: Miami, Polen, Kroatien, Frankreich … Wie unterscheiden sich die Crowds dort von deinem Publikum in Deutschland?

Die Grundstimmung ist überall Euphorie, doch es gibt feine Unterschiede. In Polen flippen die Leute besonders auf Gabber-Kicks aus, in Kroatien wollen sie melodische Breaks zum Mitsingen. In Miami zählt vor allem Showmanship, also Performance und schnelle Übergänge. In Deutschland dagegen achten die Fans richtig auf Details im Arrangement. Das zwingt mich, flexibel zu bleiben und jedes Set anzupassen.

Im Bootshaus hast du gleich zwei AllNightLongShows ausverkauft. Was macht diese Nächte für dich besonders und was hast du für Januar 2026 geplant?

Bootshaus ist Wohnzimmer und Kathedrale zugleich. Für „Tempus Concept“ 2025 haben wir auf dem Mainfloor einen riesigen Tempel gebaut. Als ich den das erste Mal gesehen habe, war ich sprachlos. Wir haben monatelang an dem Projekt gearbeitet, und dann das Ergebnis zu sehen, war komplett verrückt. Die Resonanz war global spürbar. 2026 bauen wir erneut einen Tempel, legen aber noch eine Überraschungsschicht drauf. Wieder All Night Long, wieder 100 Prozent ZEUZ, doch mit unerwarteten Gastmomenten, die aktuell noch geheim sind.

Zusammen mit Black Leaf hast du kürzlich deine „Hits Like A Lightning“-Kollektion gelauncht. Wie kam die Idee zustande und was steckt hinter dem Design?

Mit Black Leaf arbeite ich schon länger zusammen. Sie sind Partner der ersten Stunde und irgendwann kam die Idee auf, eine eigene Kollektion zu entwickeln – mit Pieces, die ich selber feiern würde. Herausgekommen sind Rolling Trays, zwei Grinder-Modelle, Bambus-Organizer-Boxen, Feuerzeuge und passende Halter. Das Key-Piece ist ein Edelstahl-Grinder mit gelasertem Logo. Die Range startet bei 1,50 Euro für ein Feuerzeug und geht bis 50 Euro für die Box. So findet jeder etwas Passendes.

Nebenbei arbeitest du gerade an deiner eigenen Modemarke „NOTIMETOCRY“. Was können wir von der ersten Kollektion erwarten?


Der Drop ist für Herbst 2025 vorgesehen. Die Linie ist schwarz, industriell, high-fashion-inspiriert und legt Wert auf kantige Silhouetten. Weißer Druck trifft auf Metall-Details, das Icon steht für sich selbst – ohne ZEUZ-Bezug und Merchandise-Vibes. Es ist eine eigenständige Brand, nicht nur DJ-Merch.

Du bist derzeit viel im Studio – was kannst du uns über kommende Releases und geplante Collabs verraten?

Mein Ziel ist simpel: ab September jeden Monat eine Single. Dafür sitze ich fast täglich im Studio. Große Collabs sind in Arbeit, die Namen bleiben vorerst unter Verschluss. Im Oktober treffe ich die Gebrüder Brett, Jebroer, Dr. Donk und Lost Identity bei einem Production-Camp. Da wird garantiert etwas Explosives entstehen. Im Plug-in-Rack laufen gerade Serum 2, Dune 3, Fabfilter Suite, The Balance von Phil Speiser und natürlich Valhalla – ohne das kein ZEUZ-Reverb existiert.

Zuletzt erschien die Single „Someone“:

Im September bist du auch für den offiziellen FAZEmag-Download-Mix verantwortlich. Was dürfen die Hörerinnen und Hörer erwarten, und was macht für dich einen gelungenen Mix aus?


Er startet soft-hard und endet hard-hard – also genau meine Dramaturgie. Ein guter Mix liefert Überraschungen, hält aber einen roten Faden. Ich will, dass die Leute ihn beim ersten Hören feiern und beim fünften noch neue Details entdecken.

Trotz deines Erfolgs betonst du immer wieder deine Kölner Wurzeln. Was bedeutet dir die Stadt und wie beeinflusst sie deinen Sound?


Köln war schon immer ein Melting-Pot für Musik. Zwischen Technokeller, Karnevalsumzug und Falafelbude lernst du, Gegensätze zu lieben. Mein Lieblingsspot ist der Iltis-Grill, dort hole ich mir unter der Woche ein Gyros und schalte komplett ab. Das erdet immer wieder und hilft runterzukommen, wenn der Tourkalender voll ist und man selten zu Hause ist. Köln ist meine Heimat und wird es für immer bleiben.

Zeuz über den Dächern Kölns:

Aus dem FAZEmag 163/09.2025
Text: Triple P
Credit: Dimension Media
www.instagram.com/zeuztechno