Titelverwaltung im File-Zeitalter: Marcus Worgull & H.O.S.H.

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Titelverwaltung im File-Zeitalter Pt. 2

Und auf geht’s zu unserem zweiten Teil der Trackmanagement-Fragerunde. Dieses Mal im Fokus: Marcus Worgull und Holger Behn aka H.O.S.H. – also erneut zwei international bekannte Veteranen und musikalische Schwergewichte, die den Umbruch vom analogen ins digitale DJ-Zeitalter voll miterlebt haben. Und weiterhin dreht sich alles um die Fragen: Wie legt ihr heute auf? War früher wirklich alles besser? Oder sogar schlechter? Oder schlicht anders? Hier die Antworten.

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Marcus Worgull

Welchen Datenträger bevorzugst du?

USB 3.0 sollte es sein, nicht zu groß, nicht zu klein.

Welche Kriterien muss der Datenträger erfüllen?

Schnell und genügend Speicher, so 128 GB sind gut.

Welches Digitalformat in welcher Datenrate nutzt du?

Mindestens 320 kbps bei MP3, sonst Wav oder Aiff.

Wie viele Sicherheitskopien führst du mit?

Immer mehrere mit dem gleichen Inhalt. Sie kommen ja auch gerne mal weg. Teils stecken böse Buben dahinter, teils ist es ein Übermaß an ganz persönlicher Blödheit (meistens).

Wie viele Tracks befinden sich auf deinem Datenträger?

Puh … so etwa 2000. Werden immer schwerer mit der Zeit, die Dinger. (lacht)

Wie verwaltest du deine Tracks?

Ordner helfen ungemein. Teils nach Zeitpunkt oder Gig unterteilt, teils nach Musikstil. Wobei die Stile dabei jetzt nicht unbedingt „Deep House“ oder so heißen, sondern eher danach unterteilt sind, ob es beispielsweise Tracks sind, die tendenziell „anziehen“ oder Ähnliches.

Wie sortierst du deine Tracks bzw. Playlists?

Wie schon angedeutet, sind es meist Gigs, die die Überschrift für den Ordner hergeben. Gerade komme ich aus Tel Aviv, da heißt der Ordner dann nach dem Club, „Beit Maariv“. Eventuell benutze ich den Ordner nächste Woche noch mal, meistens mache ich aber einen neuen.

Wie behältst du den Überblick bei der Flut an Digitalfiles?

Das geht immer noch intuitiv und hat sich nicht geändert. Dabei geht mir aber zwangsläufig auch immer mal der eine oder andere Track durch die Lappen. Das wird sich aber wohl auch nicht ändern und macht ja auch den nicht enden wollenden Reiz auf der Suche nach Neuem aus.

Wie läuft der Prozess vom Promo-Hören über das Runterladen bis zum Clubeinsatz ab?

Na ja, so wie du schon sagst: anhören, runterladen, spielen. Dass er gefällt, spielt wohl auch noch eine Rolle. (lacht)

Was könnte man an der „digitalen Plattentasche“ technisch verbessern?

Auf die Schnelle fällt mir nichts Konkretes ein. Noch etwas mehr Zeit, um die Dinge mit mehr Ruhe anzuhören, wäre gut. Ich kann leider auch nicht immer und überall Musik hören, dazu gehört schon auch die nötige Muße. Die habe ich nicht immer, also jedenfalls nicht 24 Stunden am Tag.

Wie hat sich deine Wahrnehmung in Bezug auf Musik seit der Digitalisierung verändert?

Na ja, insgesamt ist eine Datei natürlich schon deutlich unpersönlicher und irgendwie wertloser als eine Schallplatte. Man kann sie eben nicht anfassen, hochhalten, in den Arm oder mit ins Bett nehmen und so weiter. Verglichen damit, sind Dateien schnell und leicht zu bekommen, zu transportieren, fast jederzeit anhörbar und vor allem editierbar. Das sind die dominanten Vorteile. Ich habe 15 Jahre einen Plattenladen betrieben, aber die oben genannten schönen Seiten der Schallplatte nehme ich mehr und mehr als nostalgisch wahr. So schade das auch sein mag.

Also vermisst du es nicht wirklich …

Was immer toll war, war das Blättern der Platten auf der Suche nach dem nächsten Tune. Das ist nun … nun ja: weg. Man „blättert“ nicht in Dateien. Dafür habe ich aber die Möglichkeit, auf sehr viel mehr Musik sehr viel schneller zuzugreifen, unmittelbar vor einem Gig noch mal in verschiedene Tunes reinzuhören und sie – wie schon erwähnt – zu bearbeiten.

Wie anders fühlt sich das heute mit den anderen Tonträgern?

Die Auswahl, das Handling und die Entscheidung, was man als Nächstes spielt, sind aus beschriebenen Gründen anders. Das eigentliche Mixen und Stücke spielen unterscheidet sich aber gar nicht so sehr voneinander.

Gab es Vorteile bei der Verwaltung von Vinyls oder CDs?

Ja, gab es. CDs nehme ich da aber mal raus, das war immer recht chaotisch.
Schallplatten sehen gut aus, sind im Regal, im Plattenkoffer, sind dreckig, sauber, neu, Whitelabels, Originale, Nachpressungen, haben schicke Cover, sind gut oder schlecht gepresst, manchmal farbig. Dateien sind unsichtbar und neutral, gut aufgelöst oder schlecht aufgelöst. Aber eben leider auch aus den unterschiedlichsten Gründen äußerst praktisch.

 

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H.O.S.H.

Welchen Datenträger bevorzugst du?

Ich benutze zwei Modelle momentan. Den Kingston Data Traveller Hyper X mit 128 GB und 256 GB und seit Kurzem die portable SSD T3 von Samsung.

Welche Kriterien muss der Datenträger erfüllen?

Stabilität und Performance sind natürlich die wichtigsten Kriterien. Das Teil muss einfach stabil laufen und schnell genug sein, um auch mal drei Pioneer-CDJs mit Wavs oder Aiffs in 24-bit-Qualität zu spielen.

Welches Digitalformat in welcher Datenrate nutzt du?

Meine Tracks sind ziemlich gemischt. Alles, was ich online kaufe, ist in 16-bit-Aiff, sofern verfügbar. Promos gibt es manchmal nur als MP3. Die müssen dann die höchste Datenrate von 320 kbps haben. Teilweise gibt es manche Perlen nur auf iTunes mit etwas schlechterer Qualität. Ich höre mir die dann ganz genau auf einem guten System an und entscheide, ob die Qualität und der Tracknutzen in einem gesunden Verhältnis stehen. Meine eigenen Tracks spiele ich ausschließlich als Aiff in 24 bit. Das ist das Beste, was derzeit möglich ist. Ich hoffe, die Online-Shops bieten ebenfalls demnächst 24-bit-Files an.

Wie viele Sicherheitskopien führst du mit?

Momentan habe ich zwei Sticks und eine kleine SSD-Platte dabei. Meine Sticks sind im Endeffekt auch kleine SSDs. Es befinden sich auf allen so ziemlich die identischen Playlists. Mir ist es leider im letzten Jahr einmal passiert, dass mir zwei Sticks an einem Abend abgeraucht sind und ich ein Set mit einem drei Jahre alten Ministick bestreiten musste. Das war eine echte Herausforderung, kam aber trotzdem super an. Aber wenn ich mich entscheiden kann, dann habe ich doch lieber noch ein paar aktuelle Sachen zur Wahl.

Wie viele Tracks befinden sich auf deinem Datenträger?

Das weiß ich, ehrlich gesagt, gar nicht. Sind schon einige Tausend.

Wie verwaltest du deine Tracks?

Das ist in meinen Augen die größte Herausforderung. Ich hasse es, externe Datenträger zu nutzen, um meine Tracks zu speichern. Oft erstelle ich meine Playlists im Flieger. Und da muss ich schon mal zwei bis drei Festplatten anschließen, bis ich das Gewünschte zusammengetragen habe. Zum Glück wird sich das mit den nächsten Festplatten-Generationen erübrigen. Dann kann man endlich alles in bester Qualität auf dem Rechner speichern. Da ich iTunes hasse, nutze ich direkt Pioneer rekordbox. Der Speicherort ist ein Überorder mit mehreren Unterordern, zum Beispiel rekordbox Folder 1 bis 40. Das hat den Vorteil, dass rekordbox beim Folder-Import nur den Unterordner checkt und nicht die komplette Datenbank. Das geht wesentlich schneller.

Wie sortierst du deine Tracks bzw. Playlists?

Ich „packe“ heute statt meiner Plattenkiste meine Playlists. Und zwar genauso konzentriert wie damals mein Vinyl-Case. Natürlich gibt es immer ein paar aktuelle Lieblinge, die man in so ziemlich jedem Set spielt. Aber das war auch früher so. Das Schöne an digitalen Playlists ist, dass bestimmte Track-Kombis, die mal auf einer Party funktioniert haben, nicht mehr verloren gehen. Heute springe ich in diese Playlist – und die Kombinationen sind wieder da. Das ging früher nicht so einfach und ich möchte den Vorteil nicht mehr missen. Generell nutze ich die Suchfunktion häufiger auf der Suche nach älteren Perlen im Live-Einsatz. Hier suche ich meist nach dem Artist.

Wie behältst du den Überblick bei der Flut an Digitalfiles?

Also, ich lebe hier etwas von meinen Einfällen. Ich bin nicht der krass penible Sortierer. Es gibt zwar Folder mit meinen liebsten Klassikern und auch Folder der Kategorie Warm-up, Advanced-Warm-up, Peak-Techno, Peak-House, Emobretter, hinten raus Melo oder spacey und so weiter. Aber auch hier ist vieles vom Zufall beziehungsweise von spontanen Einfällen bestimmt. Früher habe ich auch einfach irgendwo im Plattenregal eine Platte rausgezogen und selbst wenn es nicht die Gewünschte war, kam mir ein anderer Einfall dazu. Das bestreite ich digital ähnlich.

Wie läuft der Prozess vom Promo-Hören über das Runterladen bis zum Clubeinsatz ab?

Für Promos haben wir bei Diynamic immer jemanden, der für uns grob sichtet und schon mal das offensichtlich Überflüssige ausmerzt. Dann kann jeder Artist, der bei uns Zugriff auf den Folder hat, entscheiden, was für ihn passt. Das passiert alles über Dropbox, sprich, die Tracks befinden sich bereits auf dem Rechner. Von da aus geht es dann im Auswahlverfahren in meinen rekordbox-Folder mit den Unterordnern und dann in meine rekordbox-Playlists.

Was könnte man an der „digitalen Plattentasche“ technisch verbessern?

Vor allem mehr Festplattenspeicher auf dem Rechner. Beste verfügbare Qualität. Bessere Darstellung vielleicht und schlauere Algorithmen in rekordbox zum Vorbereiten. Das gibt es ja schon bedingt mit der Auswahlmöglichkeit „welcher Track könnte zum jetzigen passen“. So was ist schön und da geht definitiv noch mehr.

Wie hat sich deine Wahrnehmung in Bezug auf Musik mit der Digitalisierung verändert?

Es ist einfach alles rasant schnell geworden aufgrund der vielen Tracks, die es gibt.

Was war bei der Vinyl-Auswahl anders, vermisst du etwas?

Die Haptik war einfach schöner. Man fasst gerne etwas an und es ist schön, wenn sich nicht alles gleich anfühlt. Aber das wiegt sich locker auf mit den Vorteilen, die wir von moderneren Medien haben. Ich bin da nicht sehr nostalgisch. Techno bedeutet Technologie und ich bin ein absoluter Freund von Fortschritt.

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