Heinrichs? Da war doch was…Keine acht Monate ist es her, da berichteten wir über das neue Album von Heinrichs & Hirtenfellner, und nun kommt Lars Heinrichs, der seinem Großvater zu Ehren den Vornamen Alfred als Künstlernamen angenommen hat, schon wieder zurück aufs Albumparkett und liefert mit „Personal Magic“ sein zweites Solowerk ab. Ein Projekt, das nicht von langer Hand geplant war und dessen Tracks in den letzten zwei bis drei Jahren entstanden sind. Das Album ist aber wegen der Trackauswahl wohl das bisher persönlichste Werk des 36-Jährigen und dann auch noch die Jubiläumsnummer 50 seines Labels supdub digitales, das sich in den letzten Jahren samt Schwesterlabel moonplay und Mutterlabel supdub sehr erfolgreich entwickelt hat. Es gibt also Gesprächsbedarf…
Am Anfang stand wie so oft der Berliner Plattenladen Hardwax. Ende 1991 wurde Alfred das erste Mal dorthin geschleppt und war sofort infiziert, legte sich eine umfangreiche Plattensammlung zu. Erst später entdeckte er das Clubleben und Läden, die auch genau die Musik spielten, die er sich zugelegt hatte („in laut war das natürlich noch mal geiler“) und wurde schließlich im Alter von 17 Jahren Resident im Club WM 66. Die fortschreitende Entwicklung der Technoszene und die daraus folgende Kommerzialisierung bewogen ihn dann, eine Auszeit zu nehmen. Er packte die Gelegenheit beim Schopfe und verpflichtete sich für zwei Jahre bei der Bundeswehr, was ihn ins gut 700 km entfernte Saarland brachte. „Das war eine sehr entscheidende Phase für mich.“ Kurz nach dem Jahrtausendwechsel kam Alfred wieder nach Berlin – frisch, mit neuem Elan und neuen Ideen.
Erinnerst du dich an deinen letzten magischen Moment?
Der letzte wirklich wichtige magische Moment war, als mein Sohn vor einem Jahr geboren wurde. Das war zugleich der ergreifendste und emotionalste Moment, den ich jemals hatte. Deswegen dann auch der Titel.
Im Mai letzten Jahres erschien noch das zweite Heinrichs & Hirtenfellner-Album, nun ein Soloalbum von dir. Wie ist das entstanden?
Als wir im Labelbüro erkannten, dass die Katalognummer 50 von supdub digitales ansteht, da sagten alle Mitarbeiter und Weggefährten, dass ich das eben als Labelowner machen sollte, obwohl das gar nicht geplant war. Aber in den letzten zwei bis drei Jahren gab es immer solche gewisse persönliche Momente, die ich dann in der Musik verarbeitet habe. Dabei sind Tracks entstanden, bei denen ich aber der Meinung war, dass sie nicht veröffentlicht werden müssten. Ich habe sie nur ab und zu in meinen Sets gespielt, um sie in gewisser Art und Weise individuell zu unterstreichen. Und dann kam eben die Sache mit der 50. Sechs Tracks waren fertig, dazu noch ein paar Ideen und Fragmente, und ich dachte mir, dass es jetzt vielleicht doch ein guter Moment sei, die Sachen auszupacken, weil sie eben mit mir ganz allein zu tun haben.
Das klingt nach einem Konzept…
Kein musikalisches Konzept, sondern eher: Das bin einfach nur ich, und jede einzelne Track ist eine Geschiche.
Wie hat sich denn die Arbeit daran von der zum letzten Heinrichs & Hirtenfellner-Album „Lenz“ unterschieden?
Es war schon ein etwas bewussterer Prozess. Bei H&H überlegen wir uns gemeinsam, was wir machen, was für ein Konzept wir verfolgen wollen, natürlich immer mit den Interessen vereint, die wir musikalisch vertreten. Und das war bei „Personal Magic“ eben nicht so, da habe ich dann die Sachen gemacht, auf die ich Bock hatte und die eben nicht zu dem Projekt mit Sascha [Hirtenfellner] passten. Zu zweit muss man ja auch oft Kompromisse eingehen, das ist ja klar, das ist ja eine 50/50-Situation, mit der man was anderes, Gemeinsames schafft.
Und wie würdest du den Unterscheid zum Solodebütalbum definieren?
Es fühlt sich intensiver an, genauer auf den Punkt. Ich habe mich viel bewusster mit den Dingen auseinandergesetzt, wie man Musik macht, auch technisch. „All Inclusive“ war die erste Abkapslung von Projekt H&H, um zu sagen „Hallo, hier bin ich“ und war dementsprechend noch nicht sehr ausgereift.
2005 hast du auch dein Label supdub gestartet. Wie kam es dazu?
In dem Jahr haben Sascha und ich angefangen, unsere Demos zu verschicken. Über 100 Stück, per Post mit CD und Anschreiben. Irgendwie wollte uns keiner haben. Das war natürlich ein totaler Niederschlag für uns, aber wir waren so von unserer Sache überzeugt, dass eben ein eigenes Label her musste. Und von unserer ersten Heinrichs & Hirtenfellner-Nummer „You Are I“ haben wir dann 7.000 Einheiten verkauft.
Wie ging es dann weiter, wie kamen die Acts zum Label?
Anfangs haben sich die Interpreten aus dem Freundeskreis
rekrutiert, wie z.B. Daniel Steinberg, der ein alter Schulfreund von Sascha ist oder René Bourgois. Dann kamen Leute wie Philip Bader, Dan Caster oder Niconé. Einige, die hier in ihrer Anfangsphase waren, sind dann aber weitergezogen, weil sie sich musikalisch anders entwickelt haben.
Mit was für einem Gefühl begleitet man solche Abgänge?
Wir sind natürlich weiterhin Freunde, das hat sich eben verschieden entwickelt. Anders wäre das natürlich bei einem Act, den wir von Anfang an aufgebaut, Zeit und Geld investiert haben und der dann letztlich unser Label doch nur als sein Sprungbrett nutzt. Das ärgert einen schon und dann möchte man auch manchmal alle Brocken hinwerfen, wenn man viel Zeit umsonst investiert hat. Aber das Gefühl verfliegt auch wieder schnell, weil ich einfach an die Sache und an unser Team glaube. Und ich muss auch ehrlich sagen, dass sich dieser Glaube wirklich gelohnt hat, weil wir momentan so ein tolles Team haben, wie nie zuvor – menschlich wie geschäftlich.
War dir damals eigentlich bewusst, was da auf dich zukommt, wenn man ein Label startet? Also die ganzen Sachen, die nichts mit der Musik selbst zu tun haben?
(lacht) Hör auf, das ist mir heute noch nichtmals so richtig bewusst. Überhaupt nicht. Wir haben ja eben als Künstler einfach angefangen, das Label zu machen, und dass es da noch ein Finanzamt gibt, das habe ich erst später mitbekommen, als der erste Brief kam. Und so ist man dann Schritt für Schritt aufgewacht, dass es natürlich viel mehr Arbeit im Hintergrund gibt, als einfach nur mal eben Musik zu veröffentlichen. Nach außen scheint das ja immer recht glamourös, aber im Hintergrund ist es dann ziemlich langweilig. Bürokratie, Verträge, GEMA, gerade auch, als wir dann auch noch die Bookingagentur gestartet haben, um unsere Acts noch besser vermarkten zu können. Nach fast acht Jahren weiß man dann doch ziemlich gut Bescheid, ist aber auch in genügend Fettnäpfchen getreten, für die man ordentlich zahlen musste. Ich sag mal: ‚Lernen durch Schmerz.‘
Und wie schätzt du eure momentane Situation ein?
Es läuft gut. Die digitalen Themen wachsen natürlich, die ganze Vinylgeschichte erfüllt eigentlich nur noch Promozwecke, da verdient man nichts mehr dran. Und wenn auch nach außen hin alles sehr gut aussieht, heißt das aber nicht, dass wir alle ein Einfamilienhaus haben mit einem Mercedes davor. Wenn heute ein Release erscheint, dann wird es spätestens am Tag danach illegal angeboten, da wird einem sprichwörtlich die Butter von der Stulle geklaut. Leider kann man dadurch natürlich auch nur bedingt Leute einstellen, weil man sich auf dem Kernbereich konzentrieren muss, zu dem inzwischen auch die Bookingagentur gehört, die einen sehr wichtigen Teil im Bereich Vermarktung und Einnahmen abdeckt.
Der menschliche Aspekt scheint aber dennoch sehr wichtig zu sein, wie du das eben schon angedeutet hast.
Nach außen verkauft man sich ja immer gerne als Familie, und intern ist es dann doch nur Business. Aber das ist hier wirklich anders geworden, das hat sich sehr toll entwickelt. Wir waren letztens im Kleinbus auf moonplay-Tour und haben uns dadurch noch besser kennengelernt, was uns noch mehr zusammengeschweißt hat. Im Büro ist das natürlich auch so. Es hat sich inzwischen ein Team geformt, wie man es sich immer gewünscht hat, was aber auch mehr als sieben Jahre gedauert hat. Momentan gibt es überhaupt keinen Grund aufzuhören. Das Label ist immer wieder in den Verkaufscharts oder wird von anderen DJs gechartet.
Wer gehört denn zur Artist-Stammcrew?
Der Stamm: René Bourgois, Mann der ersten Stunde, Carlo Ruetz, Steven Beyer, Jens Lewandowski, auch aus einer Freundschaft dazugestoßen sind Díaz & Parrée und dann noch Adler & Finn. Da gibt es auch einen ständigen Workflow untereinander, da supportet man sich und es gibt auch keinen Neid. Und das fühlt sich auch echt ganz gut an, dass das alles so läuft und man nicht viel dirigieren muss.
Alfred Heinrichs kurz und knapp:
Meine erste gekaufte Platte … Rotterdam Termination Source – Poing (Rotterdam Rec. 004)
Mein erster Gig … war im WM66/Berlin
Meine erste Gage … 150 DM. Vorher aber oft für Null gespielt.
Mein Lieblingsclub … Sisyphos in Berlin und jeder Club, in dem sich ein magischer Moment entwickelt.
Den Drink brauch ich immer beim Auflegen/Live-Gig … Wodka-Jägermeister-Wodka-Jägermeister … und dann Wasser.
Mein Glücksbringer auf Reisen … ist mein Supdub-Bändchen.
Läuft zur Zeit auf meinem Mp3-Player rauf und runter … da gibt es nichts zu hören, da ich aufgrund meines Jobs privat kaum Musik höre.
Mein erstes Tattoo … die Initialien einer Jugendliebe und damit auch eine Jugendsünde, die ich dann später habe übermalen lassen.
Der wichtigste Punkt auf meinem Rider … Playtime
Berlin … Inspiration, Zuhause, Familie und Freunde und deswegen auch die geilste Stadt der Welt.
Das Team: We are Supdub!
2005 gründete Alfred Heinrichs zusammen mit Sascha Hirtenfellner das Label supdub mit dem Leitgedanken „simple beats from the streets“. Heute gehören mit supdub digitales und moonplay zwei weitere Sublabels dazu sowie die supdub-bookingagentur. Alfred ist der kreative Kopf supdubs. Neben seinen zahlreichen musikalischen Ideen kümmert er sich noch um den Labelablauf und trifft die Musikauswahl. Seine Musik zeichnet sich sowohl durch melodische Klänge als auch groovende Basslines aus.
Ein supdub-Urgestein und seit Anfang an mit dabei. Für René ist Musik wie ein Tagebuch. Sowohl in seinen Sets als auch in seinen Produktionen wird diese Tatsache immer wieder untermalt.
Supdubs Shootingstar. Seit anderthalb Jahren dabei, ging es bei Carlo kontinuierlich bergauf. Sein Album „Breakthrough“ kletterte innerhalb von 24 Stunden auf Platz 1 der Minimal-Beatport-Charts und konnte sich dort drei Wochen lang auf dem Thron behaupten, was ihn unter anderen einen Auftritt auf Richie Hawtins .ENTER Veranstaltung im Space auf Ibiza bescherte.
Ebenfalls seit anderthalb Jahren dabei, startete seine Karriere mit der „Leave The Dream“-EP auf dem Flagschiff supdub records. Es folgten weitere zahlreiche Produktionen auf supdub digitales und moonplay.
Getreu seinem Motto „All or Nothing“, kaufte er sich vor über zehn Jahren von seinem letzten Geld das erste Vinyl, um seine Leidenschaft ausleben zu können. Das zahlte sich aus, denn inzwischen kann Steven Beyer auf zahlreiche Releases u.a. auf moonplay & supdub digitales zurückblicken. Im Januar steht seine erste VÖ auf dem Mutterlabel an. Stevens Sound zeichnet sich durch zarte, vereinzelte Soul-Elemente sowie einen knallenden Groove aus.
Die beiden sind der jüngste Zuwachs in der supdub-Familie und mit ihrem technoiden Sound auf moonplay beheimatet.
Das Duo, bestehend aus Mattias Adler und Benn Finn, überzeugt zuletzt mit seiner knackigen EP „Talk Is Cheap“ auf supdub digitales. Ihr außergewöhnlicher Sound, u. a. geprägt durch afrikanische Einflüsse, möchten die Jungs stets weiterentwickeln und auf die Suche nach neuen musikalischen Wegen gehen.
Stieß letztes Jahr zur supdub-Familie und war anfangs fürs Kaffeekochen zuständig. Heute kümmert er sich hauptsächlich um das Marketing und unterstützt Claudia in Booking-Angelegenheiten.
Claudia bildet das administrative Rückrat supdubs. Sie ist die Bookingchefin und hält das Geld zusammen, wenn
Alfred und Erik mit ihren Ideen mal wieder über die Stränge schlagen.
Weitere Künstler & Mitwirkende: Pieper & Kappetijn, Basti Pieper, The Chosen Two, Melli (Herz&Seele), Isi (Praktikantin), Manne (Grafiker), David Ulrich (Photo & Retouch)
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