Clubsterben und subkulturelle Verdrängung: Großdemo in Hamburg geplant

Hamburg geht auf die Straße. Am 2. September plant ein Verbund von Hamburger Kollektiven und Clubs die Großdemonstration „Demorave für Subkultur”. Protestiert wird explizit gegen das immer weiter voranschreitende Clubsterben sowie subkulturelle Verdrängung im Allgemeinen. Wir haben mit Alex Struth vom DANS Kollektiv gesprochen.

Hallo Alex. Vielleicht möchtest du anfangs ein paar Worte zum DANS Kollektiv sagen. Wer seid ihr und wofür steht ihr?

Wir sind ein Kollektiv aus Hamburg, was sich Kunst und elektronischer Musik widmet. Entstanden sind wir aus drei großen Freundeskreisen, die sich immer schon über Ecken kannten, daher sind wir auch ziemlich groß, ca. 25 Personen, die verschiedenste Aufgaben übernehmen. Unser Hauptaugenmerk liegt auf zwei Veranstaltungsreihen: Unserer geliebten Kunstbar im Gängeviertel und reinen Raves. Gleichzeitig sehen wir uns alle dem linken Spektrum zugeordnet und haben daher die Motivation auch politische Themen anzugehen. Techno war ja auch immer schon politisch und sollte es auch bleiben.

Am 2. September habt ihr eine Großdemonstration „Demorave für Subkultur“ geplant. Wie viele Teilnehmer*innen erwartet ihr? Wie sieht die Organisation aus? Welche Clubs und Kollektive nehmen Teil?

Die Organisation gestaltet sich über uns und dem Ecopolis Kollektiv. Beide Kollektive haben in letzter Zeit bereits Demoraves veranstaltet. Nach unserem Demorave sind wir dann auf das Ecopolis Kollektiv zugegangen, um gemeinsam an die Sache ranzugehen. Inzwischen sind wir zwölf Kollektive/Clubs, die mitmachen. Unter anderem Verflixt Music, Initiative Sternbrücke, das Fundbureau und Mise en Abyme.

Die Intention für euren Demorave ist eindeutig: Der Freiflächen-, Club- und Kulturraum-Bestand schrumpft in Hamburg kontinuierlich. Könnt ihr ein paar Beispiele nennen?

Sehr prominent ist gerade die Thematik um die Sternbrücke in HamburgAltona. Im Sternbrücken-Komplex befinden sich mehrere altbewährte Clubs und Bars, wie das Fundbureau, Waagenbau oder die Astrastube, die alle in naher Zukunft schließen müssen. Eine alternative für die Clubs wurde noch nicht veröffentlicht.

Das Traurige dabei ist, dass Hamburg eine Metropole ist, aber kaum Orte für kulturelle Vielfalt anbieten kann. Sichere Orte, an denen Menschen zusammenkommen können, die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören, gibt es nur eine Handvoll und trotzdem werden immer mehr solcher Kulturstätten geschlossen oder alternativlos verdrängt.

Schaut man über den Hamburger Tellerrand hinaus, sieht man, dass diese Problematik auch in anderen Teilen Deutschlands Bestand hat. So schließt etwa das Mensch Meier (Berlin), das Institut für Zukunft (Leipzig) hat akute Probleme, die Betriebskosten zu stemmen und der potenzielle Ausbau der Stadtautobahn A100 in Berlin hätte zur Folge, dass die Renate und das ://about blank verdrängt werden.

Es geht aber nicht nur um die Clubs. Im Endeffekt dreht es sich um ein nachhaltigen und sozialgerechten Wandel der Stadtpolitik.

Welche Maßnahmen wünscht ihr euch explizit von der Politik?

Flächen und Immobilien für Kultur freigeben. In Hamburg gibt es viele Freiflächen, die offiziell der Hamburg Port Authority (HPA) gehören, auf denen aber regelmäßig illegale Raves stattfinden. Statt solche Veranstaltungen ebenso regelmäßig aufzulösen, könnte die Stadt in Kooperation mit den Kulturschaffenden und der HPA ein Konzept entwickeln, um diese Brachflächen offiziell an die Subkultur zu übergeben.

Insgesamt sollte ein wirtschaftlicher Rahmen geschaffen werden, in dem kleine subkulturelle Gemeinschaften überleben können.

Wie sieht euer derzeitiger Austausch mit der Politik aus? Wo liegen die größten Hürden, wo gibt es Lichtblicke?

Bisher widmen wir uns der Öffentlichkeitsarbeit, damit dieses Thema auch in der breiten Hamburger Gesellschaft wahrgenommen wird. Wir haben aber auch innerhalb der Orga-Gruppe Menschen, die sich mit der Aufgabe befassen, wie man bestmöglich Kontakt zur Politik aufnimmt. Wir sind aber alle realistisch, dass es wohl nicht bei einem DemoRave bleiben wird, um die Stadtplanung nachhaltig kulturfreundlicher und sozialgerechter zu beeinflussen.
Problem bei dem Ganzen: Hamburg ist die Stadt der Reichen und Millionäre. Alles was nicht Elbphilharmonie heißt, Hafencity-Flair hat oder nicht auf der Reeperbahn enden möchte, hat in Hamburg kaum eine Existenzberechtigung.

Ihr fordert eine „aktive Integration von Subkultur in der Hamburger Stadtentwicklung“. Wie könnte diese eurer Meinung nach aussehen?

Eine langfristigen Fördertopf – nicht nur während Corona -, regelmäßiges Austauschen mit Clubs, echte Alternativen anbieten, falls Clubs aufgrund von Lärmstörungoder Bauarbeiten schließen müssen. Überhaupt aber auch die Kultur der nicht elitären Hamburger*innen zu berücksichtigen. Hamburg ist nicht nur die Stadt der Millionäre.

Wie kann man sich als „herkömmlicher“ Partygast, dem Subkultur am Herzen liegt, für eure Zwecke einsetzen? Wie kann man euch unterstützen?

Die Bewegung unterstützt man am besten, wenn man am Tag der Demo mit uns tanzt und zeigt wie viele wir sind! Auch auf andere Demonstrationen zu gehen, die sich sozialer Gerechtigkeit widmen, kann einen Effekt haben. Seien es Klimademos, antifaschistische, oder antikapitalistische Demonstrationen. Ganz konkret ist es für viele unserer Kollektive aber auch hilfreich, in den Fördertopf zu spenden, den wir momentan einrichten. Hiermit versuchen wir die Kosten, die unsere Demonstration aufbringt, zu decken.

Die Großdemo „Demorave für Subkultur” findet am 2. September statt.


Hamburger Clubs setzen sich für mehr Awareness ein