
Es ist ein früher Donnerstagmorgen in München. Draußen ziehen die letzten Basswellen der Nacht durch die Arnulfstraße, vor dem Palais Club flackert noch das Restlicht des Feierbetriebs. Während Drinnen vielleicht noch nachgeglüht wird, wartet draußen eine Szene, wie sie auch aus einem David-Lynch-Film stammen könnte – wäre sie nicht so bitter real: Ein CSU-Bürgermeister, eine Polizeikontrolle und ein weißes Pulver. Der Stoff, aus dem nicht nur die Nächte, sondern auch politische Krisen gemacht sind.
Thomas Pardeller, 37 Jahre alt, Bürgermeister von Neubiberg, Jurist, Familienvater, wurde in den frühen Morgenstunden von einer Polizeistreife kontrolliert. Ort des Geschehens: Münchens feierwütige Mitte. Dabei soll laut Polizei ein kleines, unscheinbares Döschen mit etwa 0,2 Gramm Kokain gefunden worden sein. Der Verdacht: Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Umgang: weniger diplomatisch als erwartet. Erst der Widerstand, dann Handschellen. Keine klassische Amtshandlung für einen Bürgermeister – auch wenn das Setting fast schon filmreif ist.
Dass Politiker*innen auch nur Menschen sind, ist keine neue Erkenntnis – aber selten wird sie so greifbar wie hier. Die Ironie: Die CSU, bekannt für ihren law-and-order-Kurs und harte Haltung gegenüber Drogen, sieht sich plötzlich selbst mit einem kleinen Skandal im Club-Licht konfrontiert. Ausgerechnet einer der ihren, der noch vor wenigen Monaten einstimmig als Kandidat für die Kommunalwahl 2026 nominiert wurde, könnte jetzt ein Fall für den politischen Reinigungsprozess werden.
Und während das weiße Pulver derzeit auf seine genaue Zusammensetzung untersucht wird, brodelt in der Partei das, was man intern wohl am liebsten verschweigen würde. Die geplante Nominierungsversammlung? Verschoben. Die öffentliche Kommunikation? Betont zurückhaltend. Die Schlagzeilen? Dafür umso lauter. Für die einen ist es ein moralisches Totalversagen, für die anderen ein Beweis, dass auch Volksvertreter mal neben der Spur tanzen – oder eben feiern – können.
Doch der Fall wirft mehr Fragen auf als er beantwortet. Wird gegen Pardeller tatsächlich Anklage erhoben? Bleibt er im Amt? Und wie geht eine Partei, die sonst gerne auf streng und sauber macht, mit einem solchen Imagebruch um? In einer Welt, in der sich Politik und Nachtleben selten begegnen – außer vielleicht auf Wahlkampfplakaten in Ausgehvierteln – prallen hier zwei Wirklichkeiten aufeinander. Die eine feiernd, suchend, entgrenzend. Die andere ordnend, regulierend, beobachtend.
Für Pardeller selbst ist die Sache klar: Er will Transparenz zeigen. Öffentlich äußert er sich zurückhaltend, der Shitstorm hingegen ist da. Social Media kennt keine Gnade, und während auf X (ehemals Twitter) bereits Hashtags wie #KoksUndKommunalpolitik kursieren, dürften in Neubiberg die Gespräche auf dem Wochenmarkt gerade weniger um Bauprojekte oder Kita-Plätze kreisen.
Was bleibt, ist ein Fall, der sinnbildlich für das Spannungsfeld zwischen öffentlichem Amt und privatem Exzess steht. Und vielleicht zeigt er auch: Die Linie zwischen Alltag und Absturz, zwischen Karriere und Kontrollverlust ist manchmal dünner als ein Streifen auf dem Club-Waschbecken. Politik und Partyszene – ein ungleiches Paar, das sich in dieser Nacht kurz begegnet hat. Mit allen Konsequenzen.
Quelle: spiegel.de
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