Die Zukunft ohne Zukunft – Alex Dallas im Interview über den Zürcher Club

Alex Dallas

Im Februar erschütterte diese Nachricht die Szene in unserem Nachbarland. Der Zürcher Club Zukunft, ein Leuchtturm des Schweizer Nachtlebens, wird das Jahr 2024 nicht überstehen – zumindest nicht in seiner jetzigen Form. Das Gebäude, was den Club beherbergt, wird abgerissen. Alex Dallas, einer der beiden Gründer und Betreiber, erzählt uns, wie es nun weitergeht, ob es darüber hinaus weitergeht und wirft auch einen Blick zurück.

Die Zukunft hat keine Zukunft mehr – sorry für das Wortspiel –, bitte erkläre uns noch mal genau warum.

Die Zukunft muss Ende März 2024 nach 18 Jahren die Räumlichkeiten an der Dienerstrasse 33 verlassen, weil das Haus abgerissen und neubebaut wird. Wir sind quasi Opfer der Gentrifizierung, zu welcher wir mit der Eröffnung des Clubs im Jahre 2005 beigetragen haben, als die Langstrasse noch ein klassischer Red-Light-District war. 😉

Denkt ihr schon darüber nach, ob ihr euch eine neue Location sucht oder ist der Club zu sehr mit seiner aktuellen verbunden?

Der Club Zukunft und die Bar3000 sind natürlich sehr stark mit der Dienerstrasse 33 verbunden, ob man das Ganze an einem neuen Ort weiterführen will und ob man im stark gentrifizierten Zürich überhaupt noch einen Ort für laute Musik und schillernde Nachtschwärmer findet, ist noch unklar.

Wie kam es dazu, dass ihr den Club eröffnet habt, was waren eure Beweggründe damals?

Wir wollten einen Ort schaffen, an dem wir uns wohl fühlen dürfen, der Grenzen sprengen darf, Dinge anders angeht und in dem stets qualitative Musik im Vordergrund steht. Wir sind das wie Musiker und Fans angegangen, haben die Leute gebucht, welche wir super fanden und hatten das Glück, eine Community um uns zu haben, die uns über so viele Jahre unterstützt hat, offengeistig und offenherzig geblieben ist und junge Menschen stets willkommen zu heißen – so wurde der Club dann über die Jahre auch generationsübergreifend. Es ist eine bunte und diverse Gemeinschaft und das ist doch, was ein Club sein sollte: Vermittler*in zwischen Schichten, Kulturen und Generationen. In einem Club verfallen im besten Fall die Grenzen und der Club trägt somit, zu einem Kitt bei, der essentiell für die Überwindung von Vorurteilen und Ressentiments ist.

Foto: Florian_Kalotay

Eine Anekdote, an die du dich besonders gerne erinnerst? Oder zwei?

Ein einschneidendes Ereignis war am zweiten Geburtstag der Zukunft. Ich hatte gerade I-Cube und Gilb-R von Versatile Records am Flughafen abgeholt, als mich meine Frau anrief und mir sagte, dass die Wehen eingesetzt haben. Ich fuhr die DJs noch zum Hotel und danach sind meine Frau und ich ins Geburtshaus, wo dann meine Tochter Namia zur Welt kam. Wir hatten dieses Jubiläum sehr groß gefeiert und noch die Kaserne dazu genommen. Kalabrese spielte noch mit einer Ad-Hoc-Formation als „Future Is Now“-Soundsystem und stimmte dann Gratulationsgesänge an und es feierten dann ein paar hundert Leute die Geburt meiner Tochter. Die Videos danach zu sehen war herzwärmend.

Wie hat sich der Club im Laufe der Jahre verändert?

Der Club ist in einem stetigen Wandel, gefühlt wechseln die Generation alle fünf bis sechs Jahre, junge Menschen kommen ständig dazu, ältere ziehen sich zurück. Das macht es aber auch unglaublich spannend, man darf am Puls der Zeit bleiben. Es bleibt stets aufregend und die Neugier auf frische Grooves, Strömungen und Szenen ist natürlich bereichernd. Kurz gesagt, es macht unglaublich Spaß und ich kann mir kaum einen vielfältigeren und emotional so bereichernden Beruf vorstellen an dem man mit so vielen verschiedenen Menschen in Kontakt kommt.

Wie geht ihr nun die Restzeit an, mit welchem Gefühl und welchen Plänen?

Wir haben noch etwas mehr als 22 Monate vor uns und planen einige Specials. Für die letzten Monate werden wir weitere Räumlichkeiten neben dem Club und der Bar bespielen. Da werden einige Dinge wieder versucht. Z. B. ein Chill-Out-Floor wie in den 90ern, eine NFT-Gallerie und weitere Highlights, an denen wir aktuell grad arbeiten. Zudem wollen wir natürlich auch viele Künstler*innen, die uns am Herzen liegen, noch einmal an die Dienerstrasse locken.

Ein paar Worte über das Zürcher Nachtleben?

Das Zürcher Nachtleben ist im Verhältnis zur Größe der Stadt enorm und mittlerweile auch sehr vielseitig. Es gibt natürlich einige Clubs für elektronische Musik. aber auch Kulturzentren wie die Rote Fabrik und die neue Zentralwäscherei. Im Sommer gibt es Festivals und auch viele Day-Raves. Underground Spots, die nur Insidern bekannt sind, sowie auch eine tolle Live-Musik-Community die in Jazzclubs oder auch den alternativen Konzertlokalen spielen. Da läuft sehr vieles für Mikro- und Makroszenen in verschiedensten Genres. Man kann in unserer kleinen Stadt unglaublich gute Zeiten in der Nacht erleben. Die Menschen sind freundlich und interessiert, das macht es umso schöner.

www.zukunft.cl

 

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