FAZEmag-Jahrespoll 2023: Best Album – Róisín Murphy im Interview

Róisín, herzlichen Glückwunsch zum Sieg in der Kategorie „Album“. Es scheint, als habe der Albumtitel nicht zu viel versprochen. Wie fühlst du dich dabei?

Nun, es fühlt sich fantastisch an, diesen Preis zu bekommen. Vor allem, weil ich weiß, dass die Leserinnen und Leser dafür gestimmt haben! Also vielen Dank!

Ist dieser Award auch eine Art Bestätigung dafür, dass du auch nach so vielen Jahren in der Szene das richtige Gespür für den aktuellen Zeitgeist hast? In diesem Fall in Form der Kooperation mit DJ Koze und Ninja Tune.

Nun, Stefan trat vor vielen Jahren in mein Leben, als ich zu seinem Album „Knock Knock“ beitrug. Ich glaube, ich war die letzte Sängerin bzw. Songschreiberin, die etwas beigesteuert hatte, und danach hat er mir einfach immer wieder diese tollen Tracks zum Schreiben gegeben. So ist das bei mir meistens: Die richtigen Leute tauchen einfach in meinem Leben auf. Man muss sie nur erkennen, Geduld haben und ihnen die Freiheit lassen, die sie brauchen. Stefan brauchte Zeit. Er sagte mir von Anfang an, dass er sich nicht hetzen lassen würde, und das war für mich in Ordnung, denn in dieser Zeit habe ich die beiden Alben „Róisín Machine“ und „Crooked Machine“ fertiggestellt und veröffentlicht. Wir arbeiteten, wenn es uns passte und wenn es der Zeitplan zuließ, es dauerte fünf Jahre. Ich musste dieselbe Musiksoftware lernen, die er benutzt, was für mich förmlich eine Offenbarung war. Dank dieses Prozesses kann ich jetzt die endgültigen Vocals, die auf den Platten landen, ganz allein aufnehmen, ohne viel Stress. Als ich einmal so weit war, konnte ich die Dateien ganz einfach mit ihm austauschen, und wir mussten uns nicht mehr in einem Studio treffen. Das soll nicht heißen, dass es ein kaltes oder informelles Arrangement war. Denn wenn wir an Tracks arbeiteten, teilten wir alles recht schnell, Entwürfe von Songs und jede Inspiration, die uns kam. Heutzutage arbeite ich jedes Mal mit einem anderen Label zusammen, wenn ich eine Platte herausbringe. Ich mag diese Unabhängigkeit und es passt zu den ganz unterschiedlichen Platten, die ich mache, wenn ich mir nachher den richtigen Partner suche. So wie im Falle von Ninja Tune jetzt. „Hit Parade“ war fertig, bevor ich es jemandem vorgespielt habe, so arbeite ich jetzt gerne.

Du steckst inmitten der Vorbereitungen für deine anstehende Album-Tour, die in ein paar Tagen beginnt und bei der zahlreiche Shows bereits ausverkauft sind.

Die Live-Show ist das, wofür ich das hier alles mache. Sie ist quasi der Endpunkt, das Ziel. Es ist unglaublich, dass ich auf meiner kommenden Tournee in so vielen wunderbaren Städten spielen werde. Einen so großen Veranstaltungsort wie den Alexandra Palace in London ausverkauft zu haben, ist ein echter Meilenstein in meiner Karriere, und ich kann es noch gar nicht richtig glauben. Ich bin eine sehr engagierte Künstlerin – wenn ich auf die Bühne gehe, gebe ich alles. Mein Publikum ist unglaublich, so vielfältig in jeder Hinsicht, und ich glaube, dass es das absolut Beste verdient, was ich tun kann. Ich glaube, ich habe jetzt die beste Gruppe von Musiker*innen um mich herum, die ich je hatte. Sie sind alle absolut auf der Höhe ihres Könnens und unsere Verbindung zueinander ist tief und echt. Es ist nicht leicht, diese esoterischen, elektronischen Studioaufnahmen in ein echtes Live-Erlebnis zu verwandeln, und nicht viele Künstler können das schaffen. Der Grund, warum ich das kann, ist, dass ich den brillantesten musikalischen Leiter habe. Sein Name ist Eddie Stevens, er arbeitet schon seit Moloko-Zeiten mit mir zusammen.

Bei unserem letzten Interview vor ein paar Wochen hast du erwähnt, dass du einige andere Projekte in der Pipeline hast, an denen du nach der Tournee arbeiten wirst. Kannst du uns schon etwas darüber verraten?

Nein, tut mir leid, ich hasse es, etwas zu verraten (lacht). Diese „Geheimniskrämerei“ ist ein Überbleibsel aus den Moloko-Tagen, als Mark und ich allein in Sheffield arbeiteten, weit weg von der Musikindustrie in London, und alles sehr privat gehalten wurde, bis die Platte fertig war. Wir haben nur selten jemandem etwas vorgespielt, auch nicht unseren Freunden, denn so bleibt der Zauber erhalten. Und um den geht es doch letztendlich, oder?

Da hast du recht. Wie wird dein 2024 neben der Musik und der Album-Tour bis Ende März aussehen?

Ich habe das Gefühl, 2024 wird ein sehr, sehr unvorhersehbares Jahr werden, sowohl persönlich als auch global gesehen. Hoffen wir das Beste und haltet die Ohren steif!

Aus dem FAZEmag 144/02.2024