FAZEmag DJ-Set #06: Felix Kröcher – exkusiv bei iTunes
Felix Kröcher gelingt es seit zehn Jahren, auf den größten Bühnen der Welt zu stehen – Tendenz steigend. Die Anzahl seiner Fanclubs ist inzwischen schwer zu definieren, doch fest steht: Sie geht weit über die Landesgrenzen unserer Republik hinaus. Mit seinem Album „LÄUFT.“ gelang ihm 2011 ein echter Hype, der dieser Tage weiter anhält. Ob Time Warp, MAYDAY oder Electronic Daisy Carnival Las Vegas – der Name Kröcher ist Teil des LineUps. Doch während sich viele Akteure der Szene unter der Woche dem Hören von Promos oder ihrer Freizeitgestaltung widmen, ist Felix’ Kalender zum größten Teil mit einem Eintrag gefüllt: sunshine live. Seit elf Jahren ist er dort als Musikredakteur tätig. Uns gewährte der Frankfurter einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen und erzählte uns detailliert von seinem Alltag abseits der DJ-Kanzel.
„Ich habe mich damals mit einem Mixtape bei sunshine live beworben. Noch richtig oldschool auf Kassette. Meine Schwester hat eine wirklich abgefahrene Kompaktanlage, bei der man zeitgleich Musik hören und per Mikrofon dazwischenquatschen konnte. So haben wir zu dieser Zeit schon unser eigenes Radio gemacht und Mixtapes aufgenommen. Egon, unser Schulbusfahrer, ließ morgens um sieben schon immer sunshine live laufen. So war ich schon früh ein großer Fan des Senders. Als ich dann mit der Schule fertig war, wollte ich zum Radio. Von allen Sendern, bei denen ich mich damals beworben habe, hat sich sunshine live dann als erstes gemeldet“, erzählt Felix über seinen Einstieg beim erfolgreichsten deutschen Radio für elektronische Musik. Seine Tätigkeit hat sich in all den Jahren nicht verändert. „Ich bin Musikredakteur und damit für das tägliche Programm zuständig. Wir bekommen jeden Tag Hunderte von Bemusterungen, aus denen wir dann die für uns besten Tracks auswählen. Viele Agenturen beschäftigen sich allerdings gar nicht mit den Empfängern, sondern verschicken ihre Promos an eine riesige Datenbank. So kann es sein, dass uns auch mal eine nette Schlagerplatte erreicht.“
Seine persönlichen Interessen muss Felix dabei außen vor lassen. „Ich unterscheide immer, ob ich mir die Musik als Privatperson, als DJ oder als der Musikredakteur Felix Kröcher anhöre. Als Musikredakteur ist es mein Job, aus diesem riesigen Pool an Musik objektiv die typischen ‚Hits‘ zu erkennen, die in den kommenden Wochen erfolgreich werden könnten. Da liegt man oftmals richtig, aber natürlich auch ein paar Mal daneben.“ So entscheidet Felix, der am Wochenende für seine technoid-treibenden Sets gefeiert wird, unter Umständen auch über das neueste Release eines Armin van Buuren. „Wenn der Track gut ist, bewerte ich ihn auch dementsprechend. In meinen Sets würde ich aber natürlich nicht darauf zurückgreifen. Wenn es um die musikalische Bandbreite von mir als Musikredakteur geht, bin ich also sehr breit aufgestellt, würde ich sagen. Bei der Entscheidung bin ich aber tatsächlich sehr kritisch. Die Quote an Tracks, die wir aus den verfügbaren letztendlich spielen, ist demnach sehr gering. Ein Track der es z.B. bei uns in die Heavy Rotation geschafft hatte und quasi durch sunshine live auch für andere Medien entdeckt wurde, ist der allseits bekannte Hit ‚Nein, Mann‘ von Laserkraft 3D.“
Auch wenn Felix sehr leidenschaftlich über seinen Beruf beim Radiosender berichtet, stellt sich einem dennoch die Frage, warum er seine Woche nicht lieber individuell gestaltet und der Sonnenseite des Lebens noch mehr Beachtung schenkt. „Es ist definitiv eine Herzensangelegenheit und meine Art, einen gewissen Alltag unter der Woche zu haben. Ich bin mit diesem Team quasi aufgewachsen, und wir ziehen in der Gemeinschaft hier alle an einem Strang. In unserer Szene ist ja oft so, dass man mehr als nur Arbeitskollegen, eben Freunde um sich hat. Es macht eine Menge Spaß, mich so ausgiebig mit Musik auseinanderzusetzen. Wenn ich nur auflegen würde, würde ich das so sicher niemals tun.“
Auch der Bezug zur Region ist es, der ihn die Fahne zum Rhein/Main-Gebiet hochhalten lässt. „Ich bin in Frankfurt geboren und aufgewachsen. Es ist mein Zuhause, und ich kenne mich gut aus. Von der Sprache mit ihrem Dialekt bis hin zu der Herzlichkeit der Menschen gefällt es mir hier sehr. In Schwetzingen, der Stadt, in der ich wohne, ist auf dem Schlossplatz samstagabends sogar mehr los als in der Frankfurter Innenstadt. Es gibt eine Bar nach der anderen, und so kann man sich hier tatsächlich ein paar Stunden amüsieren. Heidelberg hingegen ist eher malerisch und positiv verträumt. Nach den harten Wochenenden, die sich meist in den größeren Städten abspielen, freue ich mich immer wieder, hierher zurückzukehren und durch diese wunderschöne, gemütliche Stadt zu bummeln.“
Wer bislang dachte, Felix Kröcher führe ein Leben voller Allüren, der irrte. Wer ihn kennt, der weiß um seine Bescheidenheit. Keine endlos langen Rider voller Wünsche wie T-Shirts, dem neuesten Rum aus Papua-Neuguinea oder Schlauchboot samt Pumpe. Ein junger Mann aus der Nachbarschaft, der keinen Wert darauf legt, auf der Straße erkannt zu werden. Der nicht sonntags vom Pizzalieferanten mit den Worten „Du bist doch der Kröcher“ begrüßt werden möchte, wenn er in Boxershorts die Tür öffnet. „Ich sehe am Wochenende schon viele abgehobene Künstler. Das ist der Punkt, an dem ich mir den Spiegel vorhalte und mit den Füßen auf dem Boden bleibe. Ich brauche keine Limousine und auch keine zehn Hosen, wie sie in manchen Ridern stehen. Es geht einzig und allein um die Musik. Ich werde als Künstler gebucht, der mit seiner musikalischen Darbietung einen Club aufmischen soll. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Natürlich gibt es dann auch das andere Extrem. Der Fahrer, der vor ein paar Wochen in der Ukraine am Flughafen auf mich wartete, war alles andere als nüchtern. Da bin ich natürlich nicht eingestiegen. Die Automarke ließ sich auch nicht definieren, zumindest kannte ich sie nicht. Es muss ein ukrainischer Panzerwagen gewesen sein“, erinnert sich Felix lachend, eher uns eine für ihn typische Woche schildert.
Der Montag.
Während unter den Künstlern der Spruch „Monday is DJs Sunday“ eine große Bedeutung hat, erledigt Felix montags die Sachen, die unter der Woche liegen geblieben sind. „Das kann von Buchhaltung bis hin zu Amstsgeschichten oder etwas in der Stadt zu Erledigendes alles sein. Aber meist beginne ich den Tag mit einem Saft und versuche so etwas wie Schadensbegrenzung vom Wochenende zu begehen (lacht). Da geht man dann auch mal ins Kino oder verbringt den Tag im Wellness-Hotel in Speyer, wo man die Seele baumeln lässt. Meine Mutter wohnt in der Nähe von Bad Homburg – da schaue ich ab und an mal vorbei. Spätestens um elf gehen aber die Lichter bei mir aus, da dienstags wieder der Ernst des Lebens beginnt.
Der Dienstag.
Von dienstags bis donnerstags steht Redaktionsarbeit beim Sender an. „In der Regel beginnt der Tag um neun Uhr. Es kann aber durchaus auch mal halb zehn werden. Ich gebe mir wirklich Mühe, das zu ändern. Ich nehme mir auch nichts besonderes heraus, weil ich denke, etwas Besseres zu sein. Ich bin einfach so. Ich stehe um acht Uhr auf, aber tatsächlich um neun am Schreibtisch zu sitzen, gestaltet sich schwierig. Der Mensch ist einfach ein Gewohnheitstier. Ich glaube, wenn ich um zehn anfangen müsste, wäre es nicht anders. Dienstags ist also erstmal Sortierarbeit angesagt – sei es in Sachen Unterlagen oder meinem Kopf (lacht). In der Regel brauche ich morgens erst ein paar Zigaretten und ein paar Minuten für mich, um in Fahrt zu kommen. Zigaretten sind sicher eines meiner größten Laster. Morgens gibt es dann erst die Redaktionskonferenz, die ein bis zwei Stunden andauert. Da wird über allgemeine Themen und Aufgaben diskutiert. Anschließend gibt es dann die ‚Abhöre‘. Man setzt sich mit den anderen Musikredakteuren und ein paar Leuten aus dem Marketing zusammen und hört sich verschiedene Titel an, in denen wir Potenzial sehen. Dabei ist unter allen ein breiter Musikgeschmack vorhanden, umso eine möglichst objektive Meinung zu erhalten. Diese Titel werden dann mittels einer ’stillen Wahl‘ bewertet. Daraufhin legen wir fest, wie oft welche Tracks gespielt werden. Umso besser einer also bewertet wird, desto häufiger läuft er. Die endgültige Liste wird dann vom Programmchef abgesegnet und in die Playlist der nächsten Woche eingebaut. Gegen 15 Uhr endet mein Tag beim Sender. Meist fahre ich dann noch bis acht oder neun Uhr ins Studio, um an ein paar neuen Tracks zu arbeiten. Nach erfolgreicher Studioarbeit war es das aber dann auch genug Musik für den Tag.
Der Mittwoch.
Vormittags habe ich frei, da ich Abends meine Sendung von 21 bis 23 Uhr auf sunshine live habe. Gegen 14 Uhr fahre ich in den Sender und stehe ab da eigentlich bis abends unter Strom. Die Planung für die nächste Woche steht an. Den Tag über stehe ich auch mit meinem Booker in Kontakt, um gewisse Dinge zu klären. Aber eigentlich telefonieren wir die gesamte Woche mehrmals am Tag. Am späten Nachmittag – also nach dem Tagesgeschäft – beginne ich dann mit der Vorbereitung für meine Sendung. Karotte sendet die zwei Stunden vor mir. Mit ihm sitze ich auch noch etwas zusammen. Alle paar Wochen hat er den Bodo, einen guten Freund mit im Studio. Er ist einer der besten Barkeeper hier im Rhein/Main-Gebiet. Er mixt dann die neuesten Kreationen für uns, und nach dem zweiten Glas muss man schon aufpassen, dass man die Sendung noch reibungslos über Bühne bringt und der Kopf nicht allzu rot wird (lacht). Gegen ein Uhr liege ich dann auch im Bett.
Der Donnerstag.
Gegen elf Uhr fahre ich zum letzten Mal in der Woche in den Sender. Da wird die komplette nächste Woche final geplant, wie z.B. Programmablauf, Werbeblöcke, Plays per Track und so weiter. Anschließend werden dann E-Mails bearbeitet. Mit den Ridern bereite ich mich dann auf das kommende Wochenende vor, ehe es abends wieder für ein paar Stunden ins Studio zum Produzieren geht. Auch wenn ich mich schwer dabei tue, genaue Daten zu nennen, habe ich geplant, in diesem Jahr noch was zu veröffentlichen. Ich habe ein paar Entwürfe fertig, aber ich mache mir keinen Druck. Das endgültige Ergebnis soll schließlich gut werden und bevor ein paar Labels angeschrieben werden, müssen meine persönlichen Ansprüche an einen Track erfüllt werden. Ich bin aber guter Dinge und hoch motiviert.
Der Freitag.
Der Freitag startet meist entspannt, da ich Abends gegen sieben meist schon auf dem Weg zum Flughafen bin, um zu meinen Gigs zu reisen. Ich höre tagsüber also nochmal ein paar Promos und packe meine Tasche fürs Wochenende. Natürlich schlaucht das Reisen etwas, besonders wenn es innerhalb von zwei Tagen in verschiedene Länder geht. Ich achte wirklich sehr darauf, mir meine Kraft fürs Wochenende gut einzuteilen, um wirklich jedem Gig und meinen Fans gerecht zu werden. Das ist nicht immer einfach, gerade wenn man mit machen Promotern schon jahrelang befreundet ist und sie meist die völlige Ekstase erwarten.
Und die gibt es. Spätestens wenn Felix – nach fünf Tagen zwischen Büroarbeit und Privatleben – am Wochenende wieder im Scheinwerferlicht steht und den Fader nach oben zieht. Neben seinen gefeierten Sets ist es wohl seine authentische Art, die Felix Kröcher sowohl als Privatperson, als Musikredakteur oder als DJ so liebenswürdig macht. In den kommenden Wochen stehen neben seinem siebten Gig in Folge bei der NATURE ONE auch das SonneMondSterne Festival und das Amnesia Ibiza Festival auf dem Plan. Im CocoonClub in Frankfurt feiert er am 21. September seine Premiere – ehe es dann früher oder später erneut in eine heiße Herbst/Winter-Saison geht. Doch bis dahin widmen wie uns dem exklusiven FAZEmag Download-Mix August.