Gregor Tresher – GTO

Foto. Bernd Bodtländer

Seine Karriere begann der gebürtige Frankfurter bereits in den 90er-Jahren. Der endgültige Durchbruch gelang ihm Mitte der Nullerjahre mit Releases wie „Still“, „Neon“, mit seinem Remix für Sven Väths „Komm“ und seinem „Full Range Madness“ betitelten Beitrag zur „Cocoon-Compilation F“. Im Jahr 2008 legte er mit „A Thousand Nights“ einen weiteren waschechten Super-Hit hin, der zum meistverkauften Techno-Track des Jahres bei Beatport avancierte. Nur ein Jahr später gründete der Hesse mit Break New Soil sein eigenes Label, auf dem er neben unzähligen gefeierten EPs auch vier Studioalben veröffentlichte. Er releaste auf renommierten Imprints wie Drumcode, Ovum, Music Man, Great Stuff, Terminal M, Cocoon und Moon Harbour und fertigte Remixe für Künstler wie Depeche Mode, Moby, Mark Lanegan, Camouflage, Laurent Garnier, Extrawelt und Sven Väth an. Letzterer ließ aufgrund der enormen Qualität im Hause Tresher sein aktuelles Album „Catharsis“ von eben jenem produzieren. In diesem Jahr lanciert Gregor Tresher seine neue Live-Show, kuratiert eigene Events und veröffentlicht gemeinsam mit Pig&Dan ein Album auf Truesoul. Für diese Ausgabe mixt er den offiziellen FAZE-Download-Mix und stand uns Rede und Antwort. 

Gregor, dein Fazit zu den ersten Wochen von 2023?

Den Jahreswechsel habe ich in Konstanz verbracht, wo ich auch gespielt habe. Es hat wie immer großen Spaß gemacht. Danach habe ich mir zwei Wochenenden frei genommen, ehe es dann auch direkt wieder in die Vollen ging mit Dates im Watergate, Harry Klein, Freud Club und anderen. Im Studio habe ich einen Remix für Joachim Pastor fertiggemacht, der bei Erscheinen dieses Hefts auch schon veröffentlicht sein wird.

Während die gesamte Szene 2021 durch die Corona-Pandemie stillgelegt wurde, hast du Sven Väths aktuelles Album „Catharsis“ produziert. Wie kam die Zusammenarbeit zustande und wie lief der Produktionsprozess?

Sven rief mich im Januar 2021 an und fragte, ob ich Lust hätte, einen Track mit ihm zu produzieren. Er hatte Vocals im Kopf und eine ungefähre Vorstellung für den Sound. Ich habe mich sehr gefreut über seine Anfrage und wir hatten die Nummer quasi nach kurzer Zeit im Kasten. Sven kam anschließend nochmal zu mir ins Studio, um den finalen Mixdown zu begleiten. Irgendwann war uns klar, dass es das nicht gewesen sein sollte und wir arbeiteten ein paar weitere Ideen aus. Wir entwickelten sehr schnell eine kreative Atmosphäre, die Ideen kamen wie im Rausch, und so war irgendwann klar, dass wir an einem Album für ihn arbeiteten, ganze 20 Jahre nach seinem letzten. Sven kam dann für mehrere Wochen zu mir ins Studio und nach nur zwei Monaten hatten wir die Sketches für alle Tracks fertig. Danach kam die Fleißarbeit, alles auszuarbeiten – und dann war das Album fertig. Ich bin sehr froh, dass sich der Kreis mit diesem Projekt in gewisser Weise schließt. 30 Jahre, nachdem ich im Omen durch Svens DJ-Sets nachhaltig beeindruckt wurde und nicht zuletzt deswegen Techno mein beruflicher Lebensinhalt geworden ist, ist es eine schöne Bestätigung für meine Arbeit, mit ihm eine komplette Albumproduktion zu machen.

Auch aktuell stehen bei dir einige Projekte auf der Agenda, wie z.B. eine neue Live-Show, kuratierte Events z.B. in Köln, die Ausstellung im MOMEM, Releases etc. Lautet das Motto nach einer längeren Durststrecke in der Szene endlich wieder Vollgas?

Es fühlt sich auf jeden Fall so an, ja. Es sieht ja nun zum Glück wirklich so aus, als ob wir Corona endlich abhaken können, und alle Zeichen stehen wieder auf Rave. Die neue Live-Show ist eines meiner Hauptprojekte dieses Jahr, aber natürlich werde ich auch viele DJ-Gigs spielen. Bei allem aktuellen Fokus auf die Live-Show ist es mir dennoch wichtig, das DJing nicht zu vernachlässigen, dafür mache ich das einfach viel zu gern. Jede Woche neue Tracks finden und diese dann zeitnah im Club im richtigen Kontext und Mix zu spielen, mache ich immer noch am liebsten.

Lass uns dennoch über dein kommendes Live-Projekt „GTO“ sprechen, das du in diesem Jahr lancieren wirst.

Ich spiele ja nun schon seit bald zehn Jahren auch live, allerdings hatte ich mir das immer nur für einzelne besondere Shows aufgespart. Im Gespräch mit Sven Väth kam die Idee, den Live-Act nochmal neu zu konzipieren – nach einer ersten Show in Bulgarien im Dezember ist der Plan gereift, im Sommer 2023 damit zum ersten Mal wirklich auf Tour mit vielen Shows zu gehen. Ich habe mich konzeptionell vor allem dazu entschieden, noch mehr Tracks aus meiner Historie einzubauen, teilweise in neuen Versionen. Ich hatte mich immer gesträubt, zu viele meiner „Klassiker“ zu spielen – weil ich es auch als DJ nie mache, da es mir immer etwas „zu einfach“ erscheint. Bei der Live-Show macht es aber Sinn, auch „A Thousand Nights“ oder „Goliath“ zu spielen, einfach weil die Leute es in diesem Kontext erwarten und es für mich persönlich live auch Sinn macht. Zusätzlich zum erweiterten Repertoire wird es auch Custom-made Visuals geben, an denen wir gerade arbeiten. Die erste Show wird auf der MAYDAY in Dortmund stattfinden und über den Sommer werde ich dann auf vielen Festivals live zu sehen sein.

Du bist in der Szene ein begnadeter Live-Act. Wie hat sich dein Setup, auch inklusive technischer Möglichkeiten, im Laufe deiner Karriere entwickelt?

Es gibt unterschiedliche Ansätze für Live-Acts, die alle ihre Berechtigung haben – für mich persönlich zählt vor allem die Musik, die aus den Lautsprechern kommt – noch vor jedem technischen Ansatz. Ich denke, jede Künstlerin und Künstler, der live spielt, muss seinen Weg, seine Musik live zu präsentieren, finden. Als Produzent ist mir das Arrangement meiner Musik sehr wichtig, daher verändere ich die Songs nicht komplett, sondern arbeite z.B. teilweise mit anderem Drumming. Ich versuche, die Live-Shows im Ablauf grob wie ein DJ-Set zu strukturieren. Neben Tracks, die ich bisher noch nie live gespielt habe, werden auch neue Titel und die ein oder andere Überraschung dabei sein.

Am 18. März kuratierst du im Kölner Bootshaus ein eigenes Event und lädst dazu einige Gäste ein, darunter Ben Klock, Mathew Jonson, Karotte, Anja Schneider & Co. Generell bist du in der Domstadt ein gern gesehener Gast. Wie entstand die Kooperation?

Ich spiele seit vielen Jahren zwei- bis dreimal im Jahr in Köln, üblicherweise eine Show im Bootshaus und dann meistens noch zwei Clubshows, einmal bei Beats x Bass x Cologne und einmal bei Bergwacht. Die Clublandschaft in Köln ist einfach großartig, vom Gewölbe über das Odonien und das Artheather bis hin zum Bootshaus gibt es tolle Venues mit fetten Anlagen, und wenn ich unter der Woche morgens um 7:00 Uhr immer noch im vollen Club stehe und die Stimmung brodelt, frage ich mich schon, warum das in Städten mit ähnlich langer Techno-Historie teilweise nicht mal am Wochenende so ist. Ich habe mit Sascha Weber vom Bootshaus schon länger darüber gesprochen, eine von mir kuratierte Nacht auf die Beine zu stellen. Und da wir beide im März Geburtstag feiern, bot sich der Termin für die erste Ausgabe an. Mit Ben und Mathew auf dem Mainfloor geht ein Traum-Line-up in Erfüllung. Und Anja, Peter, Kevin und Oli als weitere Acts runden die Sache perfekt ab. Das wird ganz bestimmt eine wilde und lange Nacht auf drei Floors!

Im MOMEM – dem Museum of Modern Electronic Music – in Frankfurt präsentierst du neben anderen Künstler*innen deine 20 persönlichen „Milestone-Tracks. Wie schwierig war die Auswahl für dich?

Die Auswahl ging relativ schnell, ich hatte noch circa zehn weitere Tracks in der Vorauswahl, mich aber letztendlich entschieden, dass ich keinen der 20 Tracks, die es am Ende geworden sind, weglassen kann. Es ist natürlich eine schwierige Aufgabe, 20 repräsentative Titel aus drei Jahrzehnten zu wählen, aber ich bin mit meiner Auswahl ganz zufrieden und denke, die Liste ist relativ vollständig. Und natürlich freue ich mich über die Ehre, einer der ausgewählten Künstler zu sein, der seine Tracklist im MOMEN präsentieren darf.

Anfang Februar ist die zwölfte Ausgabe deiner „Breaking New Soil Compilation“ erschienen.

In der Tat. Diesmal sind vier ganz unterschiedliche Tracks auf der Platte: Harvey McKay hat letztes Jahr eine tolle Platte auf Break New Soil gemacht, und als ich ihn für einen Track für die Compilation gefragt habe, hatte er diesen parat – nach einmaligem Hören war klar, dass er drauf muss. Der zweite Act ist Phyrgian aus Kolumbien. Ich hatte letztes Jahr seinen Song „Tarot“ rauf- und runtergespielt. Wir kamen über Instagram in Kontakt, haben hin- und hergeschrieben und dann hat er mir ein Demo geschickt, das ich sensationell fand. Mario Hammer and the Lonely Robot im Harald-Björk-Remix kam so zustande, dass ich mit Harald wegen eines Remixes für Sven Väth im Gespräch war und so die Idee für einen Track auf Break New Soil zustande kam. Last but not least ist Lad dabei, mein Mastering-Engineer aus Genf, der mir unerwartet seinen Track geschickt hat und der die Platte perfekt abrundet.

Was sind generell deine Pläne für das Label in diesem Jahr?

Nach der Breaking New Soil Vol. 12 wird eine neue EP von The Reason Y inklusive einem tollen Remix von Alan Fitzpatrick kommen. Danach kommt eine sensationelle Platte von Oniris aus Frankreich. Ab Herbst ist noch nichts in Stein gemeißelt, aber irgendwo am Horizont steht dann ein neues Album von mir.

Das sind großartige Neuigkeiten. Welche weiteren Pläne hast du für 2023 auf deiner Agenda?

Mein Hauptaugenmerk dieses Jahr ist, auf Tour zu sein. Nach der langen Durststrecke fühlt es sich aktuell wieder so an wie vor der Pandemie und ich freue mich riesig auf viele Club- und Festivalshows. Neben geplanten Touren in Australien und Südamerika freue ich mich auf den ersten richtigen „Post-Corona“-Festivalsommer.

In diesem Monat mixt du den offiziellen FAZE-Download-Mix. Worauf dürfen sich unsere Leser*innen freuen?

Ich habe ein Set mit meinen aktuellen Lieblingstracks aufgenommen und am Ende sind auch zwei Tracks zu hören, die auf meinem neuen Album in Kollaboration mit Pig&Dan enthalten sind, das Ende des Monats auf Adam Beyers Label Truesoul erscheint.

04.03. Hotel Shanghai, Essen, Deutschland

18.03. Bootshaus, Köln, Deutschland

11.03. Flux, Landshut, Deutschland

24.03. Galerie Kurzweil, Darmstadt, Deutschland

25.03. Alte Kaserne, Zürich, Schweiz

01.04. Ritter Butzke, Berlin, Deutschland

07.04. Konektor, Podgorica, Montenegro

08.04. Insel Der Jugend, Magdeburg, Deutschland

09.04. Gipfeltreffen, Leogang, Österreich

15.04. Sams, Bielefeld, Deutschland

23.04. Cocoon, Livigno, Italien

30.04. Mayday, Dortmund, Deutschland

Aus dem FAZEmag 133/03.2023
Text: Triple P
Foto: Bernd Bodtländer
www.instagram.com/gregortresher