Im Studio mit Tuff City Kids

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Gemeinsam mit Kumpan Phillip Lauer agiert Running-Back-Chef, Panorama-Bar- und Robert-Johnson-Resident Gerd Janson bereits seit 2008 als DJ- und Produzentenduo Tuff City Kids. Im Frankfurter Dunstkreis angesiedelt, sorgten die beiden bislang nicht nur für einige dieser waschechten Club-Hits, sondern auch für zahlreiche Remixe – und zweifelsohne gilt das Duo als wahnsinnige Remix-Instanz: Seit ihrem Start haben sie über 75 (!) Interpretationen für Künstler wie Sven Väth, Scuba, Groove Armada, Sparky, Fort Romeau und – erst kürzlich – für Radio Slave abgeliefert. Im vergangenen Herbst veröffentlichten sie auf Permanent Vacation ihren Debüt-Langspieler „Adoldesscent“. Und dass Janson und Lauer nicht zur Sorte unproduktiver Künstler gehören, zeigt auch ihr gerade erschienenes Album als Talamanca System – gemeinsam mit Mark Barrott auf dessen Label International Feel. Ein Studiobericht.

Gerd und Phillip, erzählt uns von eurem Studio: Habt ihr ein gemeinsames, in dem ihr arbeitet, oder wie läuft das bei euch ab?

Phillip: Bald gibt es zwei voll einsatzfähige Studios! Bislang treffen wir uns meistens bei mir – im Pyramide-2-Studio. Eigentlich hatten wir immer einen festen Tag in der Woche, um Remixe zu machen, aber da Gerd fast nur noch unterwegs ist, haut das nicht mehr hin.
Gerd: Es tut mir leid. Ich gelobe Besserung und plane, einen Laptop stets bei mir zu tragen.

Könnt ihr euch an euer erstes Setup erinnern?

Phillip: Dunkel. Magic Music Maker, 286er-PC und ein Kassettenrekorder. MMM kannte ich aus der Fernsehwerbung. Man konnte aber nicht wirklich coole Sachen damit machen. Gerd, wie war das bei dir?
Gerd: Ich arbeite noch daran. Aber der allererste Remix, den ich mit einem Freund in seinem Studio machen durfte, entstand mit einem Yamaha DX100, einem Synthex-Synthesizer und mit Logic- und Drum-Machine-Samples.

Wie hat sich das Setup im Laufe der Jahre entwickelt?

Phillip: Ich habe einfach verschiedene Sachen ausprobiert. Die MC 303 Groovebox z. B. oder irgendwelche Drumcomputer wie Quasimidi Sirius. So haben sich in den letzten fast 20 Jahren recht viele Instrumente angehäuft. Am Anfang war das eher ein Stochern im Dunkeln. Mittlerweile weiß ich: Viele Geräte, die gut aussehen, klingen auch gut. Bei Lautsprechern lässt sich dieses Prinzip nicht anwenden. Im Allgemeinen interessiere ich mich aber eher weniger für Synthies und Studiokram. Es gilt: Wenn etwas Gutes dabei rauskommt, ist es egal, womit es gemacht wurde. Das Grundprinzip hat sich nie geändert. Der Computer ist der Hauptsequenzer und alles wird als Audio durch ein Mischpult bzw. Effekte in die DAW aufgenommen und dann dort arrangiert. Ich bin schon immer Cubase-Kid.
Gerd: Diese Weisheiten kann ich nur durch ein „Equipment kann man nie genug haben“ ergänzen. Geräte, die gut aussehen, sind oft auch schwierig zu bedienen, wirken sich aber positiv auf die sogenannte Session-Psychologie aus. In Bezug auf Konstanz bin ich durch die Arbeit mit Phillip auch an Cubase gebunden. Ableton nutze ich manchmal, wenn ich mit anderen Leuten arbeite.

Wo liegt euer Schwerpunkt, eher auf Hardware oder auf Software?

Phillip: Wir nutzen eigentlich keine Softwaresynthies oder Ähnliches. Ein paar Freeware-VST-EFX-Plugins kommen aber immer zum Einsatz, wie z. B. TAL DUB.
Gerd: Meine zuvor erwähnte Planung sieht den Erwerb einer Software-Armada vor.

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Habt ihr ein Lieblingsinstrument?

Phillip: Melodica.
Gerd: Marimba.

Habt ihr ein Instrument im Studio, das ihr nicht mehr benutzt, aber nie – z. B. aus nostalgischen Gründen – verkaufen würdet?

Phillip: Instrumente, die nicht benutzt werden: zu viele. Instrumente zum Verkaufen: keine. Der Grund dafür ist ganz profan: Lethargie.
Gerd: Ich habe leider keine Zeit für so etwas, habe aber schon Freunde gebeten, Sachen für mich zu verkaufen. Es nimmt mir so langsam, aber sicher die Luft zum Atmen. „Weniger ist mehr“, sagen die Leute. Hier ist aber ein Mehr mehr.

Was war eure letzte Investition?

Phillip: Emu Proteus 1r. Ganz gute Sounds, aber leider nicht so gut in Schuss. Ich vermute, es war jahrelang in einem Crack-Raucher-Studio eines Animal-Hoarders eingebaut.
Gerd: Ein ekelhaftes Werkzeug! Ich vergesse immer, was ich zuletzt gekauft habe. Ich glaube aber, ein japanisches Bandecho der Marke Hawk, Model HE 2150-A.

Gibt es ein Gerät, das ihr unbedingt haben wollt, das aktuell aber nicht verfügbar ist, da zu selten, zu teuer, zu groß oder vielleicht noch gar nicht entwickelt?

Phillip: Ich fände es gut, wenn es ein Gerät gäbe, das man nur mit einem speziellen Blick oder Gesichtsausdruck bedient. Zum Beispiel mit einem Miami-Bass-Blick – und dann kommt ein entsprechender, fertiger Track raus.

Gerd: Ein geniales Gerät. Phillip hat einfach die allerbesten Ideen. Deshalb arbeite ich so gerne und so viel mit ihm zusammen. Ich hätte gerne eine Schallplattenschneidemaschine der Marke Neumann. Würde aber auch eine Scully nehmen.

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Wie nehmt ihr eure Musik auf?

Phillip: In den Computer als Einzelspuren, nacheinander. Wenn alles fertig arrangiert ist, rendern wir die Einzelspuren und schicken sie an unseren Freund Stefan aka Lopazz, der dann ein wenig eqd und einen Mixdown macht. Er bügelt den gröbsten Unfug glatt und sorgt dafür, dass es sich im Club gut anhört.
Gerd: Genau. Der ist unser heimliches Mitglied.

Erzählt uns ein bisschen von dem Arbeitsprozess und anhand eines Beispiels davon, wie ihr einen Remix kreiert. Was ist zuerst da? Der Beat, die Melodie …?

Phillip: Der wichtigste Teil ist vermutlich ein genaues Briefing. Wir überlegen uns vorher, was ungefähr dabei rauskommen soll, also z. B. welches Genre. Dabei spielt natürlich das Ausgangsmaterial eine Rolle, aber auch der Auftraggeber bzw. das Label. Tech-House-Gestampfe für Balearic-Ambient-Experimental-Label: eher nicht. Tech-House-Gestampfe für Tech-House-Label: gute Idee!
Gerd: Der bereits viel zitierte Pizzalieferdienst. Wir kriegen jeden Teig platt.

Aus dem FAZEmag 064/06.2017
Text: Rafael Da Cruz
Interview: Tassilo Dicke
Fotos: Holger Wüst

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