Jepe – Intergalaktische Exkursionen

Credit: Luis Filippo

Aufgewachsen an der portugiesischen Atlantikküste nahe Porto wählte João Silva vor einigen Jahren Berlin als seine neue Heimat aus und tauschte damit rurales Panorama gegen metropolitanes Flair. Seine Diskografie weist Veröffentlichungen auf bekannten Imprints wie Aeon, Multinotes, Tenampa Recordings sowie auf Sasses Moodmusic vor, mit denen Jepe eng verbandelt ist. Ebendort erschien im Januar 2020 sein Debüt-Langspieler „The Realm“, der auf acht Titeln von atmosphärischen Ambient-Stücken bis hin zu seinen charakteristischen melodischen Elementen im elektronischen House und Techno eine Brücke spannt.

Knapp eineinhalb Jahre später veröffentlichte Jepe mit „Midnight in Venus“ sein am 30. Juli nun sein zweites Album. Darauf begeht Jepe eine kosmische Reise durch das Sonnensystem, fungiert dabei als Kapitän des intergalaktischen Raumschiffs, in dem alle Zuhörer als Passagiere mit an Bord gehen: zwölf Tracks, darunter Kollaborationen mit Quattrovalvole zur ersten Single-Auskopplung „Arthur nimmt ein heißes Bad“.

Jepe, was bedeutet „Midnight In Venus“ für dich?

Eine imaginäre Reise durch ein Paralleluniversum mit mehreren Zwischenstopps in Seelengefühlen und Emotionen.

Dein erstes Album wurde im Januar 2020 veröffentlicht, wie würdest du die Unterschiede zwischen den beiden LPs beschreiben?

Das erste Album war sehr introspektiv, fast ambientesk. Auch wenn es bei beiden eine emotionale Seite gibt, war das erste nie ein Statement oder die „Suche“ nach einem Sound. Ich habe einfach an den Reglern gedreht und meine Emotionen zum Ausdruck gebracht, ohne auf Normen oder Ahnliches zu achten. Ich wusste, was ich auf „Midnight in Venus“ wollte – ein fiktives Setting zeigen, fast wie ein Soundtrack zu einem Film, meine Reise durch den musikalischen Kosmos, seit ich zum ersten Mal mit Musik in Berührung gekommen bin. Vom psychedelischen Rock von Pink Floyd über die Themen, die ich von Elektro, Kraut und EBM entdeckte, bis hin zu meinem eigenen Universum aus Disco, Cosmic und House. Und ich bin sehr happy mit dem Ergebnis.

Das Album wurde bei dieser musikalischen Zeitreise dennoch sicherlich von der aktuell anhaltenden Pandemie beeinflusst. Würdest du zustimmen?

Nun, es ist definitiv kein „Covid-Album“. Vielleicht hat es einfach geholfen, dass ich mehr Zeit hatte ohne Gigs oder die Ablenkung durch Clubs und die Versuchung, immer Clubtracks zu machen. In diesem Fall hatte die Pandemie auch durchaus positive Aspekte.

Wie hat sich deine Arbeitsweise, auch im Vergleich zu „The Realm“, in den letzten Monaten verändert?

Wie ich bereits erwähnt habe, war ich bei „The Realm“ nie auf der Suche nach einem bestimmten Sound. Nun war es sicherlich anders, ich habe angefangen, Ideen zu sammeln und aufzunehmen. Hauptsächlich Sounds auf dem Synthesizer. Zur gleichen Zeit bekam ich ein Sequential Pro3 in die Hände, also begann ich, ihn zu erforschen und eine Menge Material aufzunehmen. Das Album wurde zu 80 % mit zwei Synthesizern gemacht, die anderen 20 % waren die Emulation von zwei Plug-ins.

Das Werk ist mitnichten ein typisches „DJ-Album“ mit rein funktionalen Club-Tracks …

Das stimmt. Als ich die Idee zu diesem Album entwickelte und all das Material über die Monate zusammenstellte, kristallisierte sich immer mehr die Idee heraus, was ich machen wollte – damals war es nur eine Skizze in meinem Kopf, weil ich mir nicht einmal sicher war, ob ich jemals in der Lage sein würde, etwas zu machen, das ich schlüssig, interessant und vor allem irgendwie gut genug fand. Eines Tages, nach den ersten zwei Demo-Tracks, erzählte ich aber Klas aka Sasse von meinem Plan. Er gab mir den größten Support. Das war der Zeitpunkt, an dem es kein Zurück mehr für mich gab.

Mit Sasses Moodmusic bist du generell sehr eng verbandelt, erzähle uns mehr von eurer Zusammenarbeit.

Meine Beziehung zu Moodmusic begann schon vor vielen Jahren als Fan. Einige Zeit später war ich nicht nur Künstler, sondern hatte mit Sasse auch eine intensive Freundschaft aufgebaut. Er hat mich und meine Musik immer sehr unterstützt, nicht nur speziell für sein Label, sondern auch auf anderen Labels, auf denen ich veröffentliche. Und wie ich auch schrieb, war er die Person, die vom ersten Tag an für dieses Projekt da war. Er war auch an der Ästhetik des Mixings beteiligt. Wir wollten nie ein Album machen, das nach einem neuen, knallenden Club klingt, sondern etwas, das man sich mit Freunden anhört, während man dabei um den Esstisch tanzen kann.

In den nächsten Wochen geht mit „Eastern Standard“ ein neues Projekt von euch beiden an den Start. Erzähle uns mehr dazu.

Nachdem ich und Sasse von so vielen Freunden und diversem, musikalischem Input umgeben sind, haben wir uns unterhalten und ich wurde von ihm herausgefordert, eine Idee zu entwickeln, die sich möglicherweise in ein Label verwandeln könnte. Das Wichtigste für uns ist, dass wir zeitlose Musik veröffentlichen wollen, die auf ewig in den Plattentaschen der DJs liegen wird. Es ist nicht wirklich eine bestimmte Vision von mir oder Sasse als Künstler an sich, sondern ein Statement, wie Clubmusik, modern und klassisch, für uns sein sollte.

Was steht auf deiner Agenda für die kommenden Monate?

Ich werde mit dem Fluss und den Möglichkeiten gehen und warten, was da so kommen mag. Während der Produktion hatte ich kurz den Eindruck, dass dieses Album auch Band-tauglich sein könnte, zumindest wurde es als solches produziert. Eine One-Man-Liveshow damit zu machen, macht keinen Sinn. Aber für eine Band wären die Ressourcen enorm, nicht nur wegen der drei bis vier Personen, die dafür vonnöten wären, sondern auch wegen der technischen Anforderungen auf Tour. Mal sehen, wie ich dieses Baby in die Clubs bzw. Venues bringen werde.

 

Aus dem FAZEmag 114/08.21
Text: Triple P
Credit: Luis Filippo Welz
www.instagram.com/jepeofficial