Klaudia Gawlas – Legendäre Nächte oder: „Der Hangover meines Lebens“

Klaudia Gawlas – Legendäre Nächte oder: „Der Hangover meines Lebens“

 

Klaudia Gawlas – Legendäre Nächte oder: „Der Hangover meines Lebens.“

Im Laufe meiner bisherigen Karriere habe ich so manche unvergessliche Nacht erlebt. Doch eine ist mir davon in besonderer Erinnerung geblieben. Sie steht in engem Zusammenhang mit übermäßigem Alkoholgenuss, mehreren verpassten Zügen und anderen, mehr oder weniger unterhaltsamen Begebenheiten. Lange wusste ich nicht, ob ich über mich selbst lachen oder doch eher vor Scham im Erdboden versinken sollte. Längst aber habe ich mich für die erste Variante entschieden. Schließlich ist man nur einmal jung, und so kann ich die für mich doch recht unangenehme Geschichte auch ruhig an dieser Stelle preisgeben.

Es war einmal … ein legendärer Gig in Koblenz! Rückblickend kündigen sich etwaige Eskalationen ja meist schon an, und auch in diesem Fall hätte man die Zeichen deuten können. Schon der verpasste erste Zug nach Koblenz deutete auf eine Herausforderung hin. Da saß ich nun gleich mal allein in Frankfurt am Bahnhof und erwischte zum Glück gerade noch die letzte Verbindung.

In Koblenz angekommen, checkte ich in mein Stammhotel ein, dessen Rezeptionist bis heute wahrscheinlich kein Techno-Fan ist. Wir sind zumindest nie Freunde geworden, auch wenn er mich bei jedem vorherigen Aufenthalt schon einchecken musste. Vielleicht liegt seine Ablehnung aber auch genau daran. Nachdem ich auf dem Zimmer festgestellt hatte, dass ich Haarbürste, Zahnbürste und Zahnpasta vergessen hatte, erschien mir der Anruf beim Rezeptionisten dann auch gleich mal wie der Gang nach Canossa.

Im Club lief dann aber alles wie am Schnürchen – vorerst –, und der Gig war toll. Ein Grund mehr, das entsprechend ausschweifend zu feiern – mit jeder Menge Alkohol. Am Ende meines Sets ging dann nochmal eine Runde Jägermeister rum, was mir schon leichte Schwierigkeiten beim Packen meines DJ-Koffers bescherte. Wie immer war der letzte Kurze wohl schlecht, und mir wurde schlagartig klar, dass das Ding hier für mich gelaufen ist.

Trotz eines kleinen „Schwächeanfalls“ entschied ich mich für den Gang zur Toilette, um mich ein wenig zu sammeln, mir kaltes Wasser ins Gesicht zu klatschen – und weiter geht’s. Dachte ich! Doch da saß ich nun, eingesperrt in meiner Kabine, und bemerkte, dass sich die Wände mal mehr, mal weniger schnell hin und her bewegten. Daran festhalten und „einspreizen“ hilft bekanntlich. Dachte ich! Doch es wurde immer schlimmer und meine Optik zu einer völlig neuen Erfahrung.

15 Anrufe und unzählige Nachrichten später, als die Nacht längst vorbei war, fand man mich schlafend in der Toilettenkabine. Zum Glück waren noch zwei Freunde vor Ort, die mich einsammelten, wovon ich selbst allerdings nicht mehr viel weiß. Aufgrund meines Zustands schlussfolgerten sie, dass sich die Rückreise für mich als unüberwindbares Hindernis darstellen könnte. Sie checkten mich kurzerhand aus dem Hotel aus und nahmen mich mit zu sich nach Hause. Das Gesicht meines Rezeptionisten habe ich dabei leider verpasst.

Ein paar Stunden später wachte ich auf und dachte nur: „Oh mein Gott! Wo bin ich? Was ist passiert? In welcher Stadt befinde ich mich gerade überhaupt? Und wie komme ich aus dieser Nummer wieder raus?“ Als ich endlich einigermaßen bei Sinnen war, ging ich zur Tür meines Schlafraums. Erst als mir ein „Guten Morgen“ entgegenschallte, verstand ich, bei wem ich gelandet war. Doch meine Übelkeitsskala erreichte in diesem Moment ein mir bislang noch unbekanntes Level, und dann ging es auch schon los …

Wer glaubt, dass die Story jetzt vorbei ist, der irrt, denn ich hatte ja noch die komplette Heimfahrt vor mir.

Mein gebuchter Zug war natürlich längst ohne mich abgefahren. Und an einem Sonntagnachmittag von Koblenz nach Passau zu kommen, ist nicht gerade ein leichtes Unterfangen. Eine Nacht zu verlängern war keine Option, denn: Wer saufen kann, der kann auch heimfahren. Eine Verbindung mit einmaligem Umsteigen schien mir machbar. Die Fahrt von Koblenz nach Frankfurt war sogar ganz okay, wohl weil ich die meiste Zeit geschlafen habe und mir zum Umsteigen einen Wecker gestellt habe. Im Zug Richtung Passau wurde die Schaffnerin dann aber aufgrund meines fahlen Erscheinungsbildes auf mich aufmerksam. Sie fragte, ob alles in Ordnung sei. Weil ich das nicht deutlich bejahen konnte, entschied sie sich zu einem Ausruf nach einem Arzt an Bord. Womöglich auch, weil ich mich, während sie neben mir stand, in eine Tüte entleerte. Zu allem Übel – welch fantastisches Wortspiel – fing ich zudem an, zu krampfen.

Innerhalb kürzester Zeit standen tatsächlich drei äußerst besorgte Herren neben mir, die sich nach meinem Zustand erkundigten und überlegten, wie sie mir denn helfen könnten. Ich versicherte ihnen, dass es mir soweit gut geht, ich allerdings wohl eine klitzekleine Alkoholvergiftung habe und wohl jetzt da durch muss, aber mir meine Übelkeit das Leben zur Hölle macht. Durchaus amüsiert entschieden sie daraufhin, mir eine Infusion zu legen. So schnell konnte ich gar nicht widersprechen, da saß ich auch schon in einem eigenen Abteil, die Nadel im Arm und den Tropf provisorisch an der Gepäckablage befestigt. Die Gesichter der vorbeigehenden Leute: unbezahlbar.

Nachdem ich ärztlich behandelt worden war, haben mich in Passau dann auch bereits wartende Sanitäter in Empfang nehmen, einkassieren und für die Nacht im Krankenhaus abliefern wollen. Da stand ich nun also am Bahnhof meiner Heimatstadt, ein Dorf, in dem jeder jeden kennt, den Tropf in der einen Hand, den Koffer in der anderen. Und ich diskutierte mit ihnen, dass ich die Nacht daheim und ohne Ärzte schaffen würde und sie mich doch einfach in mein langersehntes Bett gehen lassen könnten.

So endete meine legendäre und durchaus peinliche Nacht in Koblenz mit der finalen Ankunft in Passau um 23:00 Uhr und einer Unterschrift bei den Sanitätern, dass ich auf eigenen Wunsch und auf eigene Gefahr nach Hause gehen will. Seitdem beziehe ich in Koblenz ein anderes Hotel, gehe mit viel Respekt in jede Nacht und bin für Schnaps nur noch selten zu haben.

Passt auf euch auf!

 

 

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