Als Kompakt-Chef Michael Mayer uns kürzlich sein frisch gebackenes neues Album in die Hände drückte – das erste nach acht Jahren wohlbemerkt – war das in erster Linie ein Grund zur Freude. Endlich mal wieder ein Langspieler des Kölner Urgesteins, der sich mit Veröffentlichungen ja bekanntlich eher zurückhält. Wenn der 52-Jährige dann aber doch mal zu den Knöpfen im Studio greift, dann besteht vor allem eines: Bedarf. „The Floor Is Lava“ beherbergt nämlich nicht nur die sich über die Jahre angestauten kreativen Ausflüsse eines genialen Musikers, sondern auch eine unverhohlene Kritik an der Branche. Mit uns hat er über sein neues Album gesprochen.
Michael, Alben aus deiner Feder gleichen einer echten Rarität. Welche Ereignisse und Gedanken haben dich zur Produktion von „The Floor Is Lava“ geführt?
Stimmt schon, man kann mir wahrlich nicht vorwerfen, dass ich den Tonträgermarkt vollspamme. Ich habe einfach zu viele andere Dinge zu tun, vornehmlich die Musik anderer Leute zu fördern bzw. ihnen durch meine Arbeit als A&R von Kompakt, Einkäufer des Kompakt-Plattenladens und -Onlineshops, Gehör zu verschaffen. Im vergangenen Herbst habe ich allerdings gemerkt, wie das Kreativ-Ventil lauter pfeift. Dann musste ich dringend mal wieder im Studio Druck ablassen. Zum Glück bin ich von tollen Menschen umgeben, die mir für ein paar Monate weitgehend den Rücken freigehalten haben.
Du wandelst laut eigener Aussage zwischen den Polen von „purer Langeweile“ und „unendlicher Neugier“. Etwa auch im Studio?
In meinem Studio ist es garantiert NIE langweilig. Ich bin aber von diesen Unmengen an uninspirierter Clubmusik angeödet, die täglich auf mich einprasseln. Nach ein paar Stunden auf Beatport diggen oder Demos hören fühle ich mich wie von einem schwarzen Loch angesaugt. Es braucht sehr viel Energie und Hornhaut auf den Trommelfellen, um zu der Musik vorzudringen, die mich glücklich macht.
Der Titel des Albums beherbergt auch eine unverkennbare Kritik an der Branche, die die Artists in ihrer Freiheit einschränkt. Kannst du das für uns in ein paar Sätzen auf den Punkt bringen?
Mit dem Album wollte ich möglichst keines der omnipräsenten Genres berühren – Indie-Dance, Melodic-House, Progressive, das ist alles LAVA! Überhaupt, diese zwanghafte Einordnung von Musik in Sparten ist so fürchterlich. Das tötet die künstlerische Freiheit und sorgt für …? Genau, Langeweile. Wenn man sich die Erfolgsgeschichten der letzten Jahre anschaut, gibt es kaum Künstler*innen, die für ihre Vielschichtigkeit berühmt wurden. Das sind größtenteils „one trick ponies“, wie der Engländer so schön sagt. Mit der LP möchte ich eine Lanze brechen für die Buntheit, die Offenheit und die Freude am Anderssein.
An welchen Stellen machen sich der Ideenreichtum und die Diversität des Albums bemerkbar?
Das müssen ja eigentlich andere beurteilen. Das ganze Album ist voller freundlicher Vorschläge – für Suchende von einem Suchenden. Es besteht aus Tanzmusik innerhalb meines natürlichen Speed-Limits von 100 bis 130 BPM. Ich hoffe, dass es so unterhaltsam wie gehaltvoll geworden ist. Eine wohlportionierte, vollwertige, leckere Mahlzeit.
Werfen wir mal einen Blick in die Kompakt-Homebase nach Köln. Dort hat mit dem Fi vor Kurzem ein neuer Club eröffnet, der im Vorfeld ziemlich gehypet wurde. Berechtigt?
Ja, unbedingt. Ich finde den Laden großartig. Die Architektur ist spektakulär. Der Anspruch, den man an sich selbst stellt, stimmt. Ich habe bisher nur einmal dort gespielt, vor ausverkaufter Kulisse bei unserer TOTAL-Party. Das fühlte sich schon richtig geil an. In Köln hat solch ein mid-sized Club immer gefehlt. Die Stadt als Ganzes wird von der erweiterten Vielfalt profitieren. Ich werde bestimmt öfter mal da spielen, aber mein Herz hängt natürlich auch am Gewölbe, wo ich im November auch wieder meinen traditionellen All-Nighter spielen werde. Das ist für meine Zwecke eher der passende Laden, weil man da schön lange in intimer Atmosphäre schweinigeln kann.
Hier könnt ihr in das Album „The Floor Is Lava“ von Michael Mayer reinhören und dieses käuflich digital, als Vinyl oder CD erwerben:
„The Floor Is Lava“ ist am 1. November via Kompakt erschienen.