Michael Reinboth – Sammelleidenschaft Vinyl

1994 gründete Michael Reinboth das Label Compost Records in München, das bis heute gut 95 Prozent seiner Releases auf Vinyl veröffentlicht. Reinboth selbst legt auch noch mit Vinyl auf und besitzt eine große Schallplattensammlung, die er uns hier im Rahmen der THEMENWOCHE VINYL ein bisschen näher bringt.

MichaelReinboth

Was war deine erste selbstgekaufte Platte?

Das war „V. A. –  That’s Soul“ aus dem Jahre 1973.

Wann hat du angefangen, Vinyl zu sammeln? Oder wann wurde dir bewusst, dass du eine Sammlung hast?

1980. In dem Jahr habe ich auch angefangen aufzulegen. Im New-Wave-Club Basement in Hannover. Der Laden war genial, hatte aber keine eigenen Platten. So habe ich zwei volle Curver-Boxen meiner Platten zwei Mal die Woche dahin geschleppt. Uff. Da kam mal schon mal verschwitzt an.

Was ist der Reiz dieser Sammelleidenschaft?

Schwer zu beschreiben … eine Mischung aus Habenwollen, Wissbegierigkeit, Stolz und Leidenschaft.

Wie viele Platten besitzt du? Und wie viele kommen da wöchentlich oder monatlich zu?

Ich besaß mal ca. 70.000 , derzeit habe ich noch ca. 25.000 im Bestand. Es gehen eher mehr weg als dazukommen. Ich habe ja genug, die ich in der verbleibenden Zeit meines Lebens – selbst wenn ich nicht mehr schlafen würde – allein von der Gesamtspielzeit nicht mehr anhören kann. Ich kaufe aber noch so zwei bis drei Platten die Woche.

Als Gründer und Betreiber von Compost Records ist Vinyl natürlich auch ein großes Thema. Was früher normal war – von einem Release ein Vinyl pressen zu lassen –, ist heute wahrscheinlich kniffliger. Wie entscheidet man, ob sich heutzutage noch eine Pressung für ein Release lohnt?

Grundsätzlich signen wir – das war von Anfang an so und hat sich bis heute nicht geändert – Musik, die auf Vinyl rauskommen soll und auf Vinyl Sinn macht. Also über 95 Prozent unserer Signings erscheinen auf Vinyl. Gerade ganz aktuell werfen wir das etwas genauer in die Waagschale, sofern der Künstler mit nur Digital einverstanden ist, offerieren dann aber: wenn’s gut läuft ziehen wir Vinyl nach oder wir koppeln sie auf einer „Various Artist“-12Inch.

Wie wirkt sich der Vinylboom – positiv wie negativ – auf deine Arbeit aus?

Eigentlich gab es den Vinyl-Boom zunächst durch Edits, Klassiker-, Rock- und Pop-Reissues. Das verstopfte die wenig verblieben Presswerke. Das war und ist der einzige negative Aspekt, dass wir heuer doppelt bis drei Mal so lange im Herstellungsprozess hängen und VÖ-Daten längerfristig gelegt sein müssen. Mittlerweile – in den letzten drei bis vier Jahren – ist aber eine junge Generation herangewachsen, die neue Musik auf Vinyl kauft und auflegt, vor allem aber auch alte gute Labelkataloge neu entdeckt. Das ist äußerst positiv.

Und wirkt sich der Boom auch auf die Sammlerei aus? Wird es schwieriger und teurer, rare Perlen zu ergattern?

Nein. Im Gegenteil. Es gibt hunderte von Originalplatten für die ich (damals) viel Geld bezahlt habe, die kosten heute weniger. Heute ist quasi möglich im Netz jede Platte irgendwie irgendwo zu ergattern. Klar, bei den limitierten steigen die Preise, aber sie sind theoretisch verfügbar. Das ist auch der Grund warum ich Platten verkaufe, weil wenn ich sie wieder entdecke, wieder auflegen will – easy, kaufe ich mir sie kurzerhand.

Legst du denn auch noch mit Vinyl auf?

Ja, bevorzugt, und wenn möglich nur Vinyl.

Was erwartet uns in näherer Zukunft auf Compost?

Oh so viel. Ein Album von Ah! Kosmos, das zweite Web-Web-Album, das Album von Ströme, die neue „Future Sounds Of Jazz Vol. 14“, neue Singles von C.O.W., Marsmobil. Und ja, das riesen 25 Jahre Compost Jubiläumspaket: ein fettes Vinylboxset mit ca. 15 Klassikern geremixt von namhaften Größen …und lange ausverkaufte Perlen wie der Moodymann-Remix für Alif Tree. Im Boxset sind dann auch noch sehr nette Gimmicks.

Ein Leben ohne Vinyl ist …

Wie der FC Bayern ohne Jupp Heynckes

Mein wertvollstes Exemplar …

Prince „Black Album“ Original Promo 1- 25677-DJ. Wert ca.  12.000 EUR.

Mein schönstes Cover …

Oh schwierig … änderst sich beizeiten. Ich hab im Keller, wo meine LPs stehen, eine Cover-Display-Wand: da hängen zum Beispiel: „Cavern“ von Liquid Liquid und„ESG EP“ von ESG  auf 99 Records. Das sind zwei Faves. Und natürlich alle handgemachten Cover und Labeletiketten von Reflective.

Meine kurioseste Platte …

„Kairo“ von Üdytü Ützeltürk And His Male Harem  als 12Inch

Mein letzter Neuzugang …

„The Sound Path“ von Area  auf Permanent Vacation auf Doppelvinyl.

Alle Artikel zur Themenwoche Vinyl findet ihr hier:

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www.compost-rec.com