Musik und das Herz: Macht Musik uns glücklicher?

Musiknoten

Für viele Menschen wahrscheinlich unvorstellbar: ein Leben ohne Musik. Doch macht sie uns wirklich glücklicher? Um diese These bestätigen oder ihr widersprechen zu können, fange ich erstmal ganz von vorne an. Und das beginnt bereits mit der Frage: Was ist eigentlich Musik? 

Musik ist eine Kunstgattung, deren Werke aus organisierten Schallereignissen bestehen. Töne entstehen immer dann, wenn besonders einfache Objekte wie Membranen oder Saiten in Schwingung geraten und nur wenige Frequenzen erzeugen, die in einem einfachen, klar strukturierten Verhältnis zueinanderstehen. In diesen wenigen Frequenzen steckt die gesamte Schwingungsenergie, weshalb sie deutlich und weiterhin hörbare Signale produzieren. Meist nehmen wir nur die tiefste Frequenz bewusst wahr, die anderen schwingen jedoch als Obertöne immer mit und bestimmten die Klangfarbe – etwa den Unterschied zwischen einer Geige und einer Trompete. Der erste Oberton liegt immer bei der doppelten Frequenz des Grundtons. Hört man einen zweiten Ton, dessen Grundton in dieser doppelten Frequenz schwingt, dann empfinden alle Menschen diese beiden Töne als verblüffend ähnlich und erklingen im Abstand einer Oktave. Dass diese Töne zu Musik werden, ist der Verdienst einer enormen Analyseleistung des Gehirns: Es ordnet scheinbar mühelos ein kompliziertes Gemisch aus Schallwellen, einzelnen Instrumenten und Stimmen zu und erkennt darin musikalische Phrasen und Motive. Diese Leistung wird nicht von einem spezialisierten „Musikzentrum“ vollbracht, vielmehr arbeiten hier verschiedene Areale des gesamten Gehirns zusammen.

Musik begleitet uns in nahezu allen Bereichen unseres Lebens. Dies beginnt schon beim Anschauen eines Films, wo uns zuerst eine gefühlvolle Melodie in die nächste Liebesszene eintauchen lässt oder ein schneller Beat den Puls bei einer Verfolgungsjagd in die Höhe treibt. Beim Kochen singen oder tanzen wir zu unserer Lieblingsmusik mit oder rocken die Dusche zu Klassikern aus dem Radio. In Kneipen oder Cafés plaudern wir mit Freunden, während im Hintergrund Jazz für eine lässige Atmosphäre sorgt. Wer gerne Sport macht, weiß, dass Musik unglaublich motivierend sein kann und man lässt sich daher nur zu gerne von seinen Lieblingsstücken antreiben. Auch eine lange Autofahrt wird mit den richtigen Songs erträglich, ein schlechter Tag zu einem guten. Kleine Kinder, die schreiend aus einem Albtraum aufwachen, lassen sich meist nur durch ein sanftes Schlaflied wieder beruhigen. Ungeborene können mit klassischer Musik gefördert werden.

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Es gibt wohl nur wenige Dinge, die uns auf so einfache Weise mit Glück erfüllen können, die derart präsent sind und einen so großen Einfluss auf unser Leben haben wie Musik. Klänge, Melodien und Rhythmen berühren unser Inneres. Manchmal auch auf eine traurige Weise, in den meisten Fällen jedoch auf eine schöne. Forscher der Universität Oxford beschäftigten sich genau mit diesem Thema. Gerade traurige Lieder können Menschen auf verschiedene Art glücklich machen. Denn so wie es Musikern und Komponisten gelingt, große Gefühle in Musik hineinzupacken und zu transportieren, – gerade Musikanten und Künstler nutzen die Produktion neuer Werke, um ihre Gefühle verarbeiten zu können – können die Menschen die Emotionen aus der Musik herausholen und empfinden. Dies gilt vor allem für besonders mitfühlende Menschen, die aus traurigen Kompositionen positive Energie ziehen. Seit wann genau es Musik gibt, bleibt wohl ein Rätsel. Jedoch kann man sagen, dass sie so ziemlich seit Anfang an dabei war. Als sich der aufrechte Gang mit dem Homo ergaster der aufrechte Gang durchsetze, was vor ca. zwei Millionen Jahren passierte, entwickelten sich vermutlich auch die anatomischen Voraussetzungen für einen differenzierten Gesang. Doch wie kommt es, dass Musik so alltäglich und vertraut für uns geworden ist? Bereits seit Anbeginn der Menschheit wurden komplizierte Muster aus Schallwellen erschaffen und das in allen bekannten Kulturen. Der Mensch hat wohl eine natürliche Leidenschaft für Rhythmen und Melodien, sodass Musik als eine spezifische, menschliche Erfindung bezeichnet werden könnte. Denn unser Ohr ist so aufgebaut, dass viele bodenständige Geräusche, die an unser Gehör dringen, als Töne wahrgenommen werden, in welchen bereits eine grundlegende Struktur von Musik herrscht.

Nicht zu verdenken also, dass das Geheimnis um Rhythmen und Melodien mittlerweile auch viele Neurowissenschaftler, Psychologen und Evolutionsforscher beschäftigt. Denn mit dem Thema lassen sich durchaus bestimmte Gehirnentwicklungen und Menschenwerdungen erklären. Musik wirkt auf allen Ebenen des Gehirns, sie hat einen direkten Zugang zu Emotionen und ist tief verankert in der Menschheitsgeschichte. Sie hat eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf uns, bestimmte Melodien und Harmonien berühren uns mehr, während andere uns kalt lassen. Auch der Musikpsychologe Stefan Koelsch befasst sich mittlerweile seit Jahren mit diesem Thema und ist sich sicher: Traurigkeit und Glück gehören zu den häufigsten Emotionen, die von Musik interkulturell hervorgerufen werden. Es zeigte sich auch, dass diese Beziehung stark durch den Inhalt von Gedanken vermittelt wird, dabei geht es um vergangenheitsbezogene Gedanken, die mit höheren Ebenen des Unglücks verbunden sind. Andere Untersuchungen deuten auch darauf hin, dass das Musizieren und Musizieren die Verschlechterung der körperlichen Gesundheit bei älteren Menschen mildert und den Bedarf an bestimmten Medikamenten reduziert. Das Klavierspielen zum Beispiel scheint das Herz genauso zu trainieren wie ein reger Gang.

Ich bin mir bei meinem Fazit daher ziemlich sicher, Musik macht uns glücklicher. Den Genuss, den ich dabei empfinde, wenn ich mir meine Lieblingsmukke anhöre, wünsche ich auch all meinen Mitmenschen. Sie lässt mich morgens aus dem Bett aufstehen, auch wenn ich zu müde und kaputt bin. Sie gibt mir Kraft, traurige Ereignisse zu verarbeiten. Sie lässt mich stundenlang auf der Tanzfläche all meine Energie verbraten. Sie weckt Erinnerungen in mir, die in Vergessenheit geraten sind. Sie lässt mein Herz springen, wenn ich mich verliebe. Daher, meine musikalischen Freunde, hört nie damit auf, Musik zu lieben. Ich verspreche euch, das Leben kann nur schöner werden – und das mit ihr.

 

Hier ist einer meiner Lieblingstracks, der so viele Emotionen in mir auslöst, dass ich ihn leider nicht immer ertrage, aber meine These umso mehr bestärkt.

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