Pioneer DJ startet mit einer Allzweckwaffe ins neue Jahr, die schon namentlich ihre Verwandtschaft zum XDJ-RX2 erkennen lässt: den XDJ-RR. Mit rund 1150 EUR ist er knapp ein Drittel günstiger als das Flaggschiff, soll aber dennoch den Wunsch nach einem All-in-One-Tool zufriedenstellend erfüllen. Dass man Einschränkungen hinnehmen muss, ist unausweichlich – doch wo liegen sie genau?
Was den RR sofort augenfällig vom RX2 unterscheidet, sind die Größe und das Gewicht. Er ist mit seinen 5 Kilogramm nur annähernd halb so schwer und fast 10 Zentimeter kürzer als das Zweikanal-Flaggschiff. Die Verkleinerung wirkt sich natürlich positiv auf die Transportfähigkeit aus: Während der RX2 die Rolle einer unverrückbare Schaltzentrale innerhalb eines umfangreichen DJ-Setups übernimmt, bietet sich der RR eher als mobiles Einsatzkommando an. Denn gerade was die Einbindung externer Zuspieler betrifft, fällt der RR deutlich hinter den großen Bruder zurück. Lediglich der Line-AUX-In im Cinchformat findet sich rückseitig wieder und lässt sich oberseitig im Eingangspegel trimmen. Weitergehende Bearbeitungen z. B. über EQs sind im Aux-Kanal nicht vorgesehen. Zusätzliche Line-Geräte oder gar Phono-Signalgeber (Plattenspieler) lassen sich, im Gegensatz zum RX2, nicht anschließen und in die beiden Mixer-Kanäle routen. Dass zudem nur mehr ein statt zweier Mikrofonanschlüsse vorhanden sind, dürfte einen Club-DJ kaum jucken. Zumal der mit 2-Band-EQs ausgestattete Mikrofonkanal oben links unverändert vorhanden ist. Dass jedoch ein Booth-Ausgang für unabhängiges DJ-Kanzel-Monitoring eingespart wurde, stört da schon eher. Ansonsten sind alle notwendigen Anschlüsse vorhanden, um das Gerät sowohl im privaten aber auch öffentlichen Raum professionell zu betreiben. Dazu zählen ein USB-Port für die Computerverbindung und Steuerung von rekordbox DJ sowie jeweils ein Master-Cinch- und XLR-Paar, um die Audiosignale auch über lange Übertragungswege verlustfrei schicken zu können.
Der geringeren Gerätegröße entsprechend muss man beim Funktionsumfang und der Bedienung Einschränkungen hinnehmen. So fallen die berührungsempfindlichen Jogwheels mit 12 Zentimeter Durchmesser kleiner aus als beim RX2 und verfügen nicht über die integrierte Nadelpositionsanzeige. Der wichtige Vinyl-Mode lässt sich unverändert ein- und ausschalten, verzichten muss man jedoch auf die Einstellung des Vinyl-Speeds. Insgesamt ist Pioneer, wie schon bei seinen früheren Geräteverschlankungen, im Hinblick auf die Trennung von entscheidenden und vernachlässigbaren Features sehr intelligent vorgegangen. Ein gutes Beispiel ist die angewinkelte Displaykuppel. Vom 7-Zoll-Durchmesser über die Vollfarbdarstellung der Wellenformen bis zu den umgebenden Funktionsbuttons ist sie mit der des RX2 identisch. Einziger Unterschied: Der Screen arbeitet nicht touch-reaktiv, sodass man vollständig zur klassischen Druckknopf- und Drehregler-Navigation zurückkehren nehmen muss. Es gibt sicher Schlimmeres, zumal die Menüstruktur bekannt kurzwegig und logisch gelöst ist. Ein weiteres Beispiel ist die Performance-Pad- Sektion. Aufgrund der geringen Gerätedimension wurden die Pads in Anzahl und Größe halbiert. Auch besitzen sie nicht die Weichgummihaptik und mehrfarbige Beleuchtung. Was den Funktionsumfang selbst angeht, sind der RR und RX2 jedoch eineiig. Die vier Modi Hot Cue, Beat Loop, Slip Loop und Beat Jump sind vorhanden. Prinzipiell sogar die acht Pads. Die vermisste, zweite Quadriga lässt sich ganz einfach über die Shift-Taste erreichen.
Kommen wir noch zur mittigen Mixersektion. Wie bereits angemerkt, lassen sich keinerlei externe Zuspieler den Kanälen 1 und 2 zuweisen. Der Begriff „All-In-One“ bezieht sich also auf die Track-Einbindung von wahlweise zwei USB-Datenträgern oder der Pioneer DJ-Software rekordbox DJ. Natürlich lassen sich auch andere Applikationen dank vollständiger Midifizierung steuern. Da aber ohnehin eine Vollversion von rekordbox DJ im Lieferumfang enthalten ist, wäre es hirnverbrannt, sie nicht mit dem darauf zugeschnittenen XDJ-RR zu nutzen. Im Wesentlichen entspricht die Mixereinheit dem aktuellen DJM-900NXS-Standard und somit auch dem XDJ-RX2. Die gummierten Dreiband-EQ-Regler beeinflussen den Klang wahlweise im klassischen Bereich von -26 bis +6 Dezibel oder als Kill-Isolatoren. Der kontaktlose Leichtlauf-Crossfader wie auch die Kanalfader ermöglichen gewohnt feinfühlige Blendungen. Auch die Vorhörabteilung ist gewohnt umfassend ausgestattet, auch wenn die Cue-Buttons nicht mehr direkt in den Kanalzügen liegen sondern in die Headphone-Sektion gewandert sind. Selbst die internen Sound-Color- und Beat-Effekte sind an Bord, wenngleich mit moderaten Einschränkungen. So wurde in der Sound Color-Abteilung der Parameter-Poti eingespart. Immerhin sind aber alle vier Typen Dub Echo, Sweep, Noise und Filter vorhanden. Von acht auf drei eingedampft wurde demgegenüber die Beat-FX-Palette: Echo, Flanger und Reverb können wahlweise den Kanälen 1 und 2 oder Master zugeordnet sowie in der Taktung und Intensität angepasst werden. Auf ein besonderes Feature wollten die Japaner bei aller Reduktion übrigens ebenfalls nicht verzichten. Die Möglichkeit, das eigene DJ-Set auf einem USB-Medium aufzunehmen, ist über den USB-Slot 2 weiterhin gegeben.
Unser XDJ-RR-Test mag mitunter wie eine Mängelliste im Vergleich zum größeren XDJ-RX2 wirken. Aber so darf er auf keinen Fall aufgefasst werden. Denn ein kleineres und kostengünstigeres Tool herauszubringen, war ja genau das Ansinnen von Pioneer. Die Kunst lag darin, beim Funktionsumfang ausschließlich dort den Rotstift anzusetzen, wo er weder die kreativen Möglichkeiten zu sehr einschränkt noch den Workflow wesentlich behindert. Und diese Mission ist den Japanern wieder einmal mit chirurgischer Präzision hervorragend geglückt. Wirklich amputiert wurde der XDJ-RR vor allem in der Möglichkeit, eine Vielzahl externer Zuspieler anschließen zu können. Da die anvisierte Zielgruppe der Einsteiger und Semiprofis aber ohnehin in erster Linie mit USB-Medien und Laptop auflegen dürfte, werden sie das Fehlende gar nicht als fehlend empfinden. Eher werden sie erfreut sein, dass man den kompakten RX-Abkömmling auch mal mit auf Reisen nehmen kann. Eine passende Transporttasche hat Pioneer unter der Bezeichnung DJC-RR für 119 EUR übrigens ebenfalls im Programm.