Platten des Monats – November 2023

Das sind sie, unsere Tonträger-Favoriten aus dem November-Heft unterteilt in Alben und Compilations, Singles und EPs sowie die jeweiligen Platten des Monats. Diesmal mit Gregor Tresher, Federsen, Klaudia Gawlas, Luke Slater & Dubfire, der neuen Cocoon-Compilation, Moritz von Oswald, Kollektiv Turmstrasse, Sofia Kourtesis, Jean-Michel Jarre und vielen mehr.

Singles & EPs – Platte des Monats

VARS
Constant Change Remixes (Sonderling)
Ich muss zugeben, dass das Original von Timo Mitsch an mir vorbeigegangen ist. Und auch wenn ich die groovigen Remixes von Daniel Trabold und THMSN gut aber nicht herausragend finde, gibt es einen Grund, weswegen das hier die Platte des Monats werden musste: Dapayk. Sein Remix ist für mich der Inbegriff des perfekten Techno-Mixes. Wie ein Malstrom zieht der Mix den Hörer in seinen Bann. Rau, dynamisch, fordernd, pumpend. Ein perfekter Spannungsbogen mit repetetiven Elementen und viel Druck. Klassischer Techno vom Allerfeinsten. B: 10 points svenman

Singles & EPs – Top Ten

Ede
Poptroit (Innnervisions)

Der Berliner DJ und Producer Ede veröffentlicht nach zwei Beiträgen auf der „Secret Weapons“-Reihe seine erste eigene EP auf Innervisions. Neben drei Original-tracks gibt es auch ein Dixon Rework (inkl. Edit). Starten wir mit „Your Love“, das mit pumpende House Beats mit pulsierenden und ansteigenden Synthies kombiniert und smarte Hihats laufen lässt, bevor dann female Vocals das Kommando übernehmen. Schöner klassischer Housetrack. Weiter geht’s mit „When You Need It“, das etwas tiefer, undergroundiger anläuft, dann aber schön kitschige Synthie-Akkorde serviert – mit dem gewissen Extra Retro-Feeling und einem Hauch Trance und Detroit. Auch hier wieder die tollen Vocals, die den Track veredeln. Das Oldschool-Feeling nimmt auch „On My Mind“ mit, kommt insgesamt aber hypnotischer und findet damit auch seinen Platz tief in der Nacht. „Do My Thing“ im Dixon Rework läuft geschmeidig und bestimmt, hier sind die Vocals im hypnotischen Loop und tragen die Beats auf den Dancefloor, zusätzlich gibt es den Track dan noch in einem kürzeren Edit. Sehr gute und runde EP 10 Terence Trance D’Arby

Federsen
Zen Effects (spclnch)
San Franciscos Dub-Legende Federsen mit einer weiteren EP auf Thomas Carmodys spclnch-Label. Enttäuscht wird man von dieser fantastischen Kombination wie gewohnt nicht. Den Anfang markiert das bouncige „Satori Dub“ mit schwebenden Synths und einem groovigen Dub-Bass. In schwebenden Höhen bewegt sich auch das darauffolgende „Druid Heights“ mit perkussiven Echos, luftigen Snares und Vocals direkt aus dem Äther. „Zazen“ setzt anschließend zum Sinkflug an und pfeffert uns eine gehörige Portion Deepness um die Ohren. Laszive Pads, düstere Dub-Chords und wieselflinke Topper geben hier den Ton an. Abgerundet wird die Scheibe durch einen Remix zu „Druid Heights“ – made by Kooscha. Der Ukrainer, ein gern gesehener Gast auf spclnch, liefert eine introspektive Version des Originals mit reichlich Melodie und flotten Hats und Claps. Fantastischer Dub House. 10 Länkford

Gregor Tresher
Black Halo (Cocoon Recordings)

Techno Urgestein und Break New Soil Begründer Gregor Tresher ist zurück auf Sven Väths Cocoon und kredenzt mit seiner “Black Halo“ von Beginn an aggressive Vibes, welche im Verlauf durch wärmende Flächen und Melos abgedämpft werden. Zügig und geradlinig läuft die Nummer voran, während sich nach und nach die Elemente in den Vordergrund drängen. Der Melodie-Part ist kurz und wiederholt sich unablässig, wird aber keineswegs nervig oder langweilig. Ganz im Gegenteil, der Track erfrischt sich immer wieder von selbst und schiebt von Anfang bis Ende. “Phantom Dancer“ wirkt ein wenig düsterer und drückt mächtig nach vorn. Der Fokus liegt auf dem namensgebenden Vocal-Sample, somit verzichtet die Nummer auf weitere Highlights, was sie umso spannender macht. Mit ordentlich Schwung walzt das Brett dahin und sorgt für ordentlich Druck auf dem Floor. Zwei ziemlich verschiedene Tracks mit jeder Menge Power – Gehört ins Case! 9 Michael S

Klaudia Gawlas
Crazy (Illusion Recordings)

Auf Illusion erscheint mit “Crazy“ das neueste Machwerk von Klaudia Gawlas, welches recht stürmisch startet und den Floor unter jede Menge Druck setzt. Nach und nach schiebt sich der Hinweis ‘You Drive Me Crazy‘ in den Fokus, welcher repetitiv den Beat begleitet. Mehr benötigt die schwungvolle Nummer auch nicht. Nach dem Drop macht sich noch ein packender Synth breit, welcher der Nummer einen noch aggressiveren Touch verleiht. Starkes Brett, auch wenn das Vocalsample auf Dauer etwas too much ist. 8 Michael S

Luke Slater & Dubfire
The Dissent (Mote-Evolver)

Eine noch nie da gewesene Combo – Luke Slater und Dubfire kommen zusammen und sorgen für mächtig Schwung. “The Dissent“ kommt im üblichen Gewand und mit klarer Handschrift vom Labelhead Luke Slater daher. Stürmische Synths treffen auf einen rollenden Beat, während dezente Flächen für eine mystische Stimmung sorgen. Die Nummer lässt den Puls in die Nähe schnellen. Mit “The Sonic Assassin“ wird dann auch der Einfluss von Dubfire hörbar. Etwas mehr Druck lassen die Nummer dezent mehr pumpen. Progressiv läuft das Ding vorneweg und sorgt dafür, dass man unweigerlich folgt. Fast schon hypnotisierend gibt man sich dem Beat hin. Mit “The Drama“ gibt es einen ordentlichen Cut. Nicht mehr übrig von vorantreibend, druckvoll und mystisch. Die Nummer kommt verträumt und eher aufwühlend um die Ecke. Perfekt als Outro und eher nicht für den dunklen Bunker. Starkes Paket, starke Combo! 8 Michael S

Naiborg & DJ Hell
Acid Boyfriend & Acid City (Dear Deer)
Wow, was für ein Gerät. Naiborg und DJ Hell mit zwei absoluten Blockbuster-Originalen und dazu auch noch Remixes von Thomas Schumacher und Marc Romboy & André Winter. Das schmeckt aber mal gewaltig. Die beiden Originale bereiten uns den Oldschool-Acid der 80er-Jahre neu auf und versetzen ihn mit hypnotisierenden Grooves, die sich über dunkle, verführerische Melodien entfalten. Diese Acid-Lines und dazu die blechernden, robot-artigen Vocals – ein Traum. An der Remix-Front versuchen sich Thomas Schumacher und Marc Romboy & André Winter jeweils an „Acid Boyfriend“ und frisieren das Stück zu einer etwas zugänglicheren Version um, die man zur Peaktime-Stunde erwarten dürfte. Eine klasse EP. 9 Neinos

Nandu
Tell Me (Innervisions)
Mit seiner „Quantum Spits“-Reihe untersucht das von Dixon und Âme ins Leben gerufene Erfolgslabel Innervisions den Facettenreichtum der House-Musik. Mit ihrer Wahl des Dänen Nandu und seiner „Tell Me“-EP landeten die Schöpfer nun einen echten Volltreffer.  Die drei Originale, zwei davon mit der fantastischen Sängerin Ida Corr, erweisen sich als rhythmische Dance-Floor-Filler mit einem unverkennbaren 90s und Early 2000s Touch – Kerri Chandler lässt grüßen. Abgerundet wird die Platte durch eine Dub-Version zu „Tell Me“ sowie ein Dixon Re-structure zu „Around“. Knackige Scheibe des Dänen. 9 Länkford

Nightmares On Wax
Yeah You / Come On Then (Warp)

Up-Tempo von DJ E.A.S.E.? Genau, den Nightmares On Wax verschreiben sich einer neuen Club Music Serie “Club E.A.S.E.”, die am 4. Nov. offiziell im Here in London startet. Vorab gibt es als Appetizer einen 4-Tracker, der mit „Yeah You“ die frühen 90er präsentiert mit Drummachinesamples und einem prominenten Bass – das pumpt. „Come On Then“ knarzt ein wenig elektronischer, puncht in reiner Trackmanier – insbesondere der fette und später einsetzende Bass kann jede Menge. Disco, Percussions und jazzy Pianos mixen sich gut durch auf „Whodunit“ – rollt und groovt ohne Ende. Mit Streichern, Claps, hooky Chords und einer housigen Grundstruktur rundet Ease diese sehr ansprechende Maxi ab. Warp wird seiner Labelphilosophie wieder einmal gerecht, wenn Jazz, HipHop, Electronica, Soul und Tech miteinander zu einem spannenden Konstrukt verwoben werden. 9 Cars10.Becker

Purple Kush
(Club U Nite)

Im Kerri Chandler House Stil greift dieses ganz in lila getauchtes Vinyl an. Schöne Chordfolgen auf beschwingtem Housegrund („Let The Spirit Flow“) nötigem dem Tänzer jede Menge Kondition ab – herrlicher Houseschuber wie zu Mitte der 00er (s.a. „Bar A Thym“ aus 2005). Ähnlich gut geht es mit „La Bahia“ weiter, das ebenfalls auf einem einprägsamen Chordloop aufsetzt, dazu ein paar atmosphärische Hintergrundstreicher. Das hohe Niveau setzt sich auch auf der B-Seite fort, wenn „Make Your Mind Up“ mit coolen Vocalinteraktionen und eine wunderbare Chordsequenz die guten, alten Housezeiten heraufbeschwören. Eine klasse Dubperformance mit trippenden Beats („Purple Kush Theme“) rundet eine mehr als begeisternde Platte ab. Mehr davon! 10 Cars10.Becker

Teho
Lyra (Labo T.)
Teho teast mit „Lyra“ sein bevorstehendes Album an und präsentiert eine treibend-euphorische Melodic-Dance-Nummer mit einem epischen Break, funkelnden Synthie-Arpeggios, verzerrten Pads und einer kraftvollen Bassline. Clubtauglichkeit bestanden. Runde Nummer. 8 Tenorali

Alben & Compilations – Platte des Monats

U(Cocoon Recordings)
Die legendäre Buchstaben-Compilation-Serie von Cocoon Recordings geht in das einundzwanzigste Jahr. Kinder, wie die Zeit vergeht. Anstelle von Anthony Rother, Marco Carola, Johannes Heil, Oliver Bondzio, Chris Liebing, Ricardo, Der Dritte Raum oder Sven Väth selbst treffen wir in diesem Jahr auf eine spannende Mischung aus alten und weltweit renommierten Haudegen wie Ian Pooley, Levon Vincent oder Orlando Voorn, erprobten Big-Label-Artists wie DJ Tennis, Benjamin Damage oder Marco Faraone, verdienten, aber bislang nicht wirklich komplett durchgestarteten Acts wie Michael Klein, Space Dimension Controller oder Drumcomplex & Frank Sonic und Geheimtipps wie New Jackson oder Fango. Die musikalische Bandbreite reicht dabei von Hardcore Funk und Acidmicrohouse über New York, Chicago und Detroit bis hin zu ‚Funked Up Italo Disco Techhouse‘ und Warehouse-Techno. Eine sehr abwechslungsreiche und durchgängig hochwertige Zusammenstellung. Natürlich auf Vinyl erhältlich – ab dem 17. November. Mein Favorit ist Levon Vincent, aber ich habe jeden Track genossen. 10 Points svenman

Hier könnt ihr reinhören und vorbestellen.

Alben & Compilations – Top Ten

Curses presents: Next Wave Acid Punx Deux (Eskimo)

Was soll man hierzu groß sagen? Curses ist mit Sicherheit einer der wichtigsten modernen EBM/Darkwave Künstler da draußen. Dass er nebenbei auch ein top Wissen über die Herkunft des Sounds hat, bewies er ja schon mit der ersten Version von Next Wave Acid Punx. Auf dem jetzt erschienen zweiten Teil versammelt er sogar noch mehr Klassiker und Future Hits als auf der ersten Ausgabe. Auf drei Teilen versammelt er alles, was damals Rang und Namen hatte, unter anderem Throbbing Gristle, Sag Lovers & Giants, Nitzer Ebb und weitere Klassiker auf Teil 1. Was aber besonders ist, dass die beiden weiteren Teile Platz machen für aktuelle Künstler und hier Top-Acts wie Dina Summer, Neu-Romancer, Boy Harsher oder The KVB vertreten sind. Diese Liste kann ich gerne weiter ausführen, da wirklich jeder Track super ist. Aber aus Platzgründen beschränke ich mich auf einige. Das Release ist eine wahre Goldgrube! Unbedingt anhören. 10 Transmitter

Feiertag
Roots (Sonar Kollektiv)


Nach „Time To Recover“ und „Dive“ meldet sich der niederländische Live-Produzent und Schlagzeuger Joris Feiertag aka Feiertag mit seinem dritten Langspieler namens „Roots“ zurück. Nachdem sich die beiden Vorgänger-LPs jeweils auf eine Richtung spezialisiert hatten – Songwriting („Time To Recover“) und Breakbeat-Electronica („Dive“) – führt Feiertag die beiden Komponenten auf „Roots“ zu einer gemeinschaftlichen Melange zusammen, die von einem experimentierfreudigen Geist, reichlich Introversion und tollen Kollaborationen profitiert. Zu hören etwa auf „Ballon Sgni“, das das tradtionelle afrikanische Balafon mit himmlischen Chords und dem fantastischen Gesang von Falle Nioke aus Guinea vereint. Ohnehin ist „Roots“ ein überaus internationales Album mit Beiträgen von Künstlern aus aller Herren Länder. Keine Überraschung also, dass sich diese Multinationalität auch in Form eines facettenreichen Sounds bemerkbar macht, der mit allerlei Instrumenten – synthetisch wie organisch – entstanden ist. Der Niederländer liefert mit seinem dritten Studioalbum einen weiteren Beweis für seine musikalische Diversität und spendiert den Hörern einen eklektischen Genremix aus Jazz, Soul, Indie, Electronica und Hip-Hop. 9 Länkford

Jean-Michel Jarre
Oxymoreworks (Sony)

Gut ein Jahr nach seinem Album „Oxymore“ veröffentlicht Jean-Michel Jarre mit „Oxymoreworks“ eine Sammlung von Remixen, die in Kollaboration und in direkter Zusammenarbeit mit anderen Künstlern entstanden sind. Der französische Elektronikpionier hat sich seine erlesenen Kollaborateure unter dem Gesichtspunkt ausgewählt, dass die dem zu bearbeitenden Track eine „faszinierende Dimension“ verleihen können und eine neue Perspektive auf seine Musik schaffen. Dementsprechend ist seine Auswahl auch sehr breit gefächert ausgefallen. So hat er die Vorabsingle „Zeitgeist Botanica“ – im Original „Zeitgeist“ – mit seiner Landsfrau und Techno-Produzentin Irène Drésel produziert, die sich nun aufgeräumter, straighter und eindringlicher gibt. Mit Martin Gore hat er das sperrig-marschierende Monster „Brutalism“ mit einem Industrial- und Tech-Touch versehen und in „Brutalism Take 2“ verwandelt. „Epica“ wird mit Armin van Buuren zu „Epica Maxima“ und das ist hier auch Programm: noch eine Prise epischer, flächiger, Trance-Sounds. Den gleichen Track gibt es auch in der Neufassung „Epica Extension“ mit Brina Eno, eine wirklich herausragende Version zwischen wabernden Ambient-Sounds, Breakbeats und Electronica-Wellen. Weitere Gäste sind u. a. French79, Nina Kraviz oder Adiescar Chase. Und insgesamt ein sehr spannendes und abwechslungsreiches Werk. 9

Kollektiv Turmstrasse
Unity Of Opposites (Not Sorry Music)

Nach der Trennung führt Nico Plagemann das prestigeträchtige Projekt Kollektiv Turmstrasse mittlerweile alleine fort. Umso gespannter wartet die Musikwelt nun auf das erste Kollektiv-Turmstrasse-Album seit „Rebellion der Träumer“ aus dem Jahre 2010: „Unity Of Opposites“. Jetzt hat das Warten ein Ende und Plagemann betritt die Manege mit einem 12-Track-Longplayer voller Groove und Soulfulness. Getreu dem Motto „Fortschritt durch Veränderung“ spendiert er uns ein genresprengendes Album, das die Entwicklung, die Kollektiv Turmstrasse seit „Rebellion der Träumer“ durchlaufen hat, eindrucksvoll repräsentiert und gleichzeitig viel Raum für Neues schafft. „Unity Of Opposites“ konserviert den Sound des ehemaligen Duos in seiner reinsten Form und ergänzt ihn durch Pop-, Breakbeat-, Indie- und Hip-Hop-Einlagen sowie wundersame Gastsänger-Vocals, die etwa auf den gefühlvollen Electronic-Balladen „Fools In Love“, „When The Lights Go Lower“ und „Never Enough“ (alle mit Joel Stewart) zu hören sind. Die Zeit vergeht, doch Kollektiv Turmstrasse bleibt zeitlos. Ein Meisterwerk 10 K.C. Rabbit

Kölsch
I Talk To Water (Kompakt Records)

„An Amazing“ – mit diesem Track meldete sich kürzlich der dänische DJ und Producer Kölsch zurück und kündigte damit sein neues Album „I Talk To Water“ an, das jetzt gerade auf seinem Stammlabel Kompakt Records herausgekommen ist – das fünfte auf dem Kölner Imprint. „I Talk To Water“ dreht sich vor allem um Themen wie Familie, Geschichte, Trauer und Trost – und wie diese Dinge verknüpft werden. Rune Reilly Kølsch ließ sich von seinem 2003 verstorbenen Vater Patrick Reilly inspirieren und setzt ihm diesem Album ein Denkmal. „Grape“, „Tell Me“ und „It Ends Where It Began“ beinhalten Aufnahmen von Kölschs Vater, der in den 60er- und 70er-Jahren als Musiker aktiv war, was den Tracks noch eine zusätzliche Tiefe und Sentimentalität verleiht. Konsequent spielt Kölsch hier seinen Signature-Sound aus, der nicht müde oder wiederholend wird, sondern immer eine große Portion Freshness mit sich trägt. Zwischen dem hymnischen Auftakt, dem Titeltrack „I Talk To Water“ (feat. Perry Farrell) und dem Akustikgitarren-Finale „It Ends Where It Began“ (feat. Patrick Reilly) tummeln sich schwingende Melodien, hier und da etwas eingestreute Melancholie, aber auch Spiellaune, schwebende Synths und treibende Beats, die zwischen Techno und House herumflippern. Ein großes Album, authentisch und mitreißend. Prost! 10 Dieter Horny

Mollono.Bass
Remix Collection Vol. 7 (3000Grad)

3000Grad-Labelchef Mollono.Bass ist zurück mit einer kunterbunten Remix-Tüte – der mittlerweile siebten Volume seiner „Remix Collection“. Für das Album hat sich der Mecklenburger allerlei verschiedene Rhythmen, Melodien und Grooves aus den verschiedensten Genres zur Brust genommen, darunter Originale von Norlyz, DJ Zombi, Elias Doré & Solatic, Iman Hanzo, Green Lake Project und, und, und. Das Resultat ist divers & homogen und organsch & synthetisch zugleich. Mal serviert uns „Molle“ einen technoiden Knaller, mal eine euphorische House-Nummer, mal nimmt er Tempo raus und lässt unsere Seelen von den Bäumen bäumeln. Ein eklektischer Mix irgendwo zwischen Indie und Organic House, Bachstelzen und Sonnendeck. 9 Tenorali

Moritz von Oswald
Silencio (Tresor Records)

EMS VCS3, EMS AKS, Prophet V, Oberheim 4-Voice, Moog Model 15 – bei diesen Geräten schnalzen Synthie-Liebhaber*innen mit der Zunge. Es ist der Fuhrpark, auf den die Kompositionen für „Silencio“ entstanden sind. Diese recht abstrakten Aufnahmen wurden dann von dem finnischen und in Berlin lebenden Komponisten und Pianisten Jarkko Riihimäki in Chornoten transkribiert und schließlich vom Vocalconsort Berlin in der Ölbergkirche in Kreuzberg aufgeführt. Diese Aufnahmen wiederum wurden dann in die synthetischen Teile des Albums eingearbeitet und in einen neuen elektronischen Kontext gebracht. Moritz von Oswald geht es hier nicht darum, Musik zu kopieren oder imitieren, sondern das Spannungsfeld zwischen den Genres zu erkunden und darzustellen. Dubelemente fließen in sakrale Chorflächen, Harmonien treffen auf rhythmische Quellen, Klangspektren erblühen und Ambient- und Drone-Salven tauchen auf und ab – das alles aber sehr reduziert und minimalistisch vorgetragen, zerrissen zwischen Dynamik, Stille, Schwebezustand und Puls. Meisterlich 10 LeDrone James

Sofia Kourtesis
Madres (Ninja Tune)

Die Peruanerin Sofia Kourtesis, wohnhaft in Berlin, gilt als eine der aufregendsten Künstlerinnen der aktuellen Zeit. Höchste Zeit also für ein Albumdebüt, das uns Kourtesis nun liefert. Die Platte fusioniert den südamerikanischen Sound ihrer peruanischen Heimat mit den diversen Klängen der deutschen Hauptstadt und resultiert in einem House-lastigen Musikabenteuer voller Introspektion, Organik und Groove. Warme Pad-Landschaften wabern im Breakbeat von „How Music Makes You Feel Better“, fluffige Drums und funky Percussions rasseln aneinander („Si Te Portas Bonito“) und dumpfe House-Kicks verlieren sich in den Synthie-Loops von „Madres“. Fast immer mit dabei: tolle, soulige Vocals, die eine perfekte Ergänzung abgeben. Ein spannendes Album. 9 A. Telles#

Techno Club Vol. 70(ZYX)

Die US-Amerikanerin Jes Brieden – oder kurz Jes – kennen Trance-Fans bereits seit den Nuller Jahren. Zahlreiche Releases auf dem von DJ Tiësto gegründeten Label Magik Muzik haben ihre eine internationale Fanbase beschert. Nun wurde die New Yorkerin vom Techno-Club-Honcho Talla 2XLC eingeladen, die neueste Ausgabe der erfolgreichen Compilation zu mixen. Und das Ergebnis ist wie erwartet großartig geworden. So finden sich auf ‚ihrer‘ CD brandneue eigene Produktionen sowie Tracks von Brian Transeau, York Presents Taucher, Sunbeam im Bart-Skils-Remix, Giuseppe Ottaviani oder Solarstone. Als krönenden Abschluss gibt es dann die Kollaboration von Jes mit Talla mit dem Titel „Spread Your Wings“. Klasse. Dass der Mix von Talla wie immer klasse ist, muss wohl nicht gesondert erwähnt werden. 9 points trancer

Hier bestellen und reinhören.

X-Press 2
Thee (Acid Jazz)

Nach den vorab ausgekoppelten Singles hört sich der Longplayer mit elf Stücken wie erwartet an. Obwohl es das Duo bereits fast drei Jahrzehnte gibt, ist dies erst das fünfte Album der beiden Protagonisten. Insgesamt gelingt ihnen eine virulente Mixtur aus housigen Beats, drappiert auf elektronischen Layern und unterfüttert mit spannenden Melodiepassagen. Stark auch die deepen Housepassagen („Reach For Me“), jackendes House Ender der 80er („Phasing You Out“) oder funky Discoloops („Zeven“) – alles swingt, alles groovt und bewegt sich. Apropos Groove: Das schlagfertige und als erste Single ausgekoppelte „Werq“ ist weiterhin der größte Pusher dieses Longplayers. 9 Cars10.Becker


Aus dem FAZEmag 141/11.2023