Testbericht: Genießer-Gear – FiiO FT5 & FT3 HiFi-Headphones

Mal kein DJ-Headphone. Dazu noch von einer hierzulande eher unbekannten Marke. Die, oh weh, in China beheimatet ist. Das „oh weh“ könnt ihr gleich wieder streichen. Denn auch im Reich der Mitte wird heute äußerst hochwertige Technik konstruiert. Wie eben von dieser 2007 gegründeten Firma namens FiiO Electronics Technology Co. aus Guangzhou. Sie hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von mobilen Audiogeräten sowie jetzt auch exzellenten Hi-Fi-Kopfhörern spezialisiert. Bei den neuen kabelgebundenen Vertretern FT5 und FT3 überschlägt sich derzeit die Presse vor Begeisterung ob der Preis/Leistungsverhältnisse. Wir wollten uns ebenfalls überschlagen und haben uns unter die wohlklingenden chinesischen Glocken begeben.
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Schicki ohne Micki, dafür mit reichlich Zubehör

Wie hoch die Qualitätsmesslatte des FT5 angelegt ist, wird bereits beim Entpacken deutlich. Als Erstes blickt man auf eine stabile Schachtel in schwarzglänzendem Finish mit goldfarben geprägtem FiiO-FT5-Schriftzug. Hebt man den Deckel ab, stößt man auf einen großen Samtbeutel, in dem sich wiederum ein cognacfarbenes Hardcase in Eiform befindet. Nun noch dessen seitlichen Reißverschluss öffnen, um das Case aufzuklappen, und der Hörer lacht einem entgegen. Bereits der Einstieg macht optisch und haptisch wirklich einen sehr edlen Eindruck. Im Case mitgeliefert werden neben dem Headphone ein 1,50 m langes Audiokabel sowie vergoldete Adapterstecker für unterschiedliche Anschlussszenarien. In den Halteschlaufen findet man natürlich eine 6,5-mm-Klinke für den Allzweckeinsatz, ebenso eine 3,5-mm-Microausführung für Laptops und mobile Endgeräte. Ausgeliefert wird der FT5 allerdings mit einem sogenannten 4,4-mm-Pentaconn-Anschluss. Ihn werden vornehmlich ausgewiesene Hi-Fidelisten kennen, die einen entsprechend hochwertigen (Headphone)-Verstärker ihr Eigen nennen. Vorteil des Pentaconn: Die Verdrahtung ist symmetrisch, der linke und rechte Kopfhörerkanal werden also getrennt geleitet, um ein optimales Klangverhalten zu erzielen. Wer alternativ einen XLR-Verstärkerausgang besitzt, kann selbst diesen nutzen – ein entsprechender Adapter ist ebenfalls Teil des FT5-Lieferumfangs und wird einfach auf den Pentaconn gesteckt. Wie bei hochwertigen Hi-Fi-Kopfhörern üblich werden die linke und rechte Muschel mittels Y-Splittung separat mit Audiokabeln versorgt, sind also nicht einseitig geführt, wie es beispielsweise bei DJ-Headphones gang und gäbe ist. Im Vordergrund steht auch hier der Genuss eines bestmöglichen Klangergebnisses. Das hochreine, monokristalline Audiokupferkabel des FT5 ist vollständig textilummantelt, um Knicke und Knotenbildungen zu verhindern.

Bulletproof, offen, over-ear

Was die Stabilität und Verarbeitung betrifft, erfüllt der FT6 jene hohe Erwartung, den die exklusive Verpackung und das Hardcase versprechen. Das Gehäuse besteht aus einer stabilen Magnesium-Aluminium-Legierung, ergänzt um einen Kopfhörerbügel aus flexiblem Metall. Nicht zuletzt sorgt das Kopfband aus kombiniertem Veganleder und weichem Texil dafür, dass sich der Hörer an durchschnittliche Kopf- und Ohrenmaße ergonomisch anpassen lässt. Das ist auch wichtig, denn der FiiO hat ein Gewicht von immerhin 456 g. Zwar ist die Last sehr gut austariert und die riesigen Ohrpolster liegen so über den Ohren, dass sich ein sehr komfortables Tragegefühl ergibt, ohne dass es irgendwo drückt. Wer ihn über Stunden tragen möchte, wird sein Haupt aber automatisch zum Beispiel auf dem Kopfteil seines Liegesessels ablegen, sonst belastet der Hörer doch spürbar das Genick. Normale Kopfbewegungen macht er mit, ohne zu verrutschen. Die Trägheit der Masse macht sich erst bei sehr ruckartigen Moves bemerkbar. Zur Konstruktion: Der FT5 ist ein offener Over-Ear-Headphone, wie er von vielen audiophilen Menschen immer noch favorisiert wird. Offen bedeutet, dass sowohl Außengeräusche gedämpft nach innen dringen als auch die Musik über viele kleine Schlitze leise nach außen schallt. So ergibt sich ein transparentes, sehr natürliches und zugleich intensives Klangvergnügen, als lausche man hochwertigen Boxen in einem Raum. Geschlossene Bauweisen neigen dazu, innerhalb der Muscheln Schallreflektionen zu erzeugen, die den Originalklang verfälschen und einen unangenehmen Druck aufbauen können. Dem wirken auch die fetten Ohrpolster der ansonsten flach gestalteten Muscheln entgegen, die sich angenehm um die Löffel schmiegen. Mitgeliefert werden zwei Polsterpaare, die sich über Druckclips wechseln lassen. Vorinstalliert sind samtig weiche aus Velours, die aufgrund ihres Luftdurchlasses für ein ausgewogenes Klangbild mit Betonung der oberen Frequenzen sorgen sollen. Austauschen lassen sich diese gegen Polster aus veganem Leder, die dank ihrer Dichte den Basspunch hörbar verstärken. Die Austauschpolster haben übrigens im Transportcase keinen Platz gefunden, sondern sind in der unteren Kartonebene eingelegt.

Magnetostatik macht den Unterschied

Mit dem FT5 hat FiiO seinen ersten Hi-Fi-Kopfhörer veröffentlicht, der auf der magnetostatischen Schallwandlung basiert. Bei diesem auch planar-magnetisch genannten Prinzip kommt pro Kanal eine nur 6 μm dünne Membranfolie zum Einsatz, die zwischen insgesamt 20 gleichmäßig verteilten Neodym-Magneten schwingt, um den großen 90-mm-Treiber zu bewegen. Diese hochmoderne Technologie entwickelt im Vergleich zum klassisch dynamischen Prinzip mit zwei Magneten und dicker Membran einige Klangvorteile: Die Schallenergie wird dank der gleichmäßig verteilten Schwingung ausgewogener in Schallwellen umgewandelt. Zudem werden Verzerrungen aufgrund der hauchdünnen Membranfolie minimiert. Auf diese Weise kann der FiiO FT5 Audiosignale sehr wahrheitsgetreu und detailliert wiedergeben. Wir haben das planar-magnetische Prinzip an dieser Stelle extrem verkürzt dargestellt. Wer sich eingehender damit befassen möchte, wird auf der FiiO-Website in aller Ausführlichkeit informiert. Dazu gehört auch, wie es den FT5-Entwicklern gelungen ist, dass der Kopfhörer selbst mit mobilen Endgeräten wie einem iPhone eine ausreichende Lautstärke produziert. Darin liegt eine weitere Besonderheit. Häufig benötigen magnetostatische Modelle eine deutlich höhere Leistung als dynamische Headphones, weshalb in High-End-Kreisen spezielle Kopfhörerverstärker obligatorisch sind. Der FT5 begnügt sich mit 38 Ohm Impendanz bei einer hohen Empfindlichkeit von 110dB/1Vrms@1kHz.

Fazit

Sowohl die Materialqualität als auch der Sound und sogar das Design des FiiO FT5 können restlos überzeugen. Das Klangverhalten ist von Hause aus in einer V-Frequenzkurve angelegt – die Höhen und der Bassbereich kommen also leicht akzentuiert, während sich die Mitten neutral zurückhalten. Genau das Richtige für die von uns geliebte Tanzmusik, zumal die Klarheit jederzeit verzerrungsfrei erhalten bleibt. In Anbetracht dessen sind die 499 Euro UVP für den offenen Hi-Fi-Spezialisten keinen Cent zu viel verlangt. Wer seinem Gehör etwas richtig Gutes gönnen und in einer musikalischen Wohlfühlwolke entschweben möchte, wird garantiert nicht enttäuscht werden. Das sollte man aber tunlichst nicht in vollen Zügen oder im Bett neben seiner/seinem Liebsten praktizieren. Sonst wird man aufgrund der Klangabstrahlung unfreundliche Diskussionen oder Rippenstöße riskieren.

Der dynamische Bruder FT3

Wer trotz der Vorteile des planar-magnetischen Prinzips dennoch der klassisch dynamischen Schallwandlung den Vorzug geben möchte – und sei es nur aus Kostengründen – findet bei FiiO eine hervorragende Alternative mit der Bezeichnung FT3. Die üppige Ausstattung inklusive der Austauschpolster und des Transportcases mit den vier Steckervarianten entspricht der des FT5. Gleiches gilt für die hervorragende Stabilität und Ergonomie. Nur dass die offene Over-Ear-Ausführung über einen dynamischen Treiber mit immer noch bemerkenswerten 60 mm Durchmesser pro Hörerseite verfügt. Aber auch hier waren die Entwickler fleißig, um mit technischen Kniffen das Beste aus der traditionellen Bauweise herauszuholen. So werden die leicht geneigten Treiber durch N52-Neodym-Magnete angetrieben, die in einem asymmetrischen internen und externen Kreislaufsystem angeordnet sind, um eine gleichmäßige Schwingung zu gewährleisten. Zudem setzt sich die Membran aus einem leichten Karbonverbund mit Beryllium-beschichteter Dichtung zusammen, die besonders schnell reagiert. Das Ergebnis ist auch hier ein äußert verzerrungsarmer, hochauflösender Klang mit viel Bassreserve, was ihn zu einer Perle im 300-Euro-Segment macht. Den FT3 gibt es in einer 32-Ohm-Variante für den bevorzugten Einsatz mit mobilen Zuspielern sowie als 350-Ohm-Ausführung für Soundfetischisten mit stationären Signalgebern – Letztere wieder gerne gekoppelt an einen Headphone-Amp, um das Maximum an Edelklang herauszukitzeln.

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Aus dem FAZEmag 146/04.2024
Text: Matthias Tienel