A7S … über Global Player, Bigroom-Banger und sein persönliches Nirvana

Schweden – das verbinden eure Eltern mit einem gewissen blau-gelben Möbelhaus, mit Köttbullar und Knäckebrot, mit Stockholm, Malmö, ABBA, Roxette und mit dem Schriftsteller Henning Mankell. Und ihr so? Wenn ihr an Schweden denkt, dann fällt euch innerhalb von fünf Sekunden der Name A7S ein. Was für eure Erziehungsberechtigten ein kryptisches Kürzel zu sein scheint, ist für euch einer der gefragtesten, erfolgreichsten und besten Acts im Bereich der elektronischen Musik. Allein seine Hit-Single „Breaking Me“ bringt es auf – Achtung, festhalten! – insgesamt mehr als 1,6 Milliarden Streaming-Aufrufe.

„Ich möchte, dass sich die Leute die Songs anhören, wenn sie glücklich sind und auch wenn sie traurig sind“, sagt der Skandinavier. „Man kann sie an einem schlechten Tag auflegen oder sie auflegen, wenn man mit seinen Freunden auf einen Rave geht.“ Und egal ob Rave, Club oder Festival: Seine neue Nummer „Nirvana“ ist schon jetzt, kurz nach dem Release, dabei, durch die Decke zu gehen. Der 27-Jährige hat aber auch wirklich ein gutes Händchen für Sounds und Songs, die radiotauglich sind und zugleich als Mega-Stomper auf den biggest Festivals all over the world laufen. Als ausgebildeter Multi-Instrumentalist weiß A7S, wie man Stücke schreibt und produziert, die den Mainstream erreichen. Wo wir A7S erreicht haben? Das und viele weitere Antworten auf viele weitere Fragen lest ihr im amüsanten Interview.

Bevor wir richtig loslegen, erlaube doch kurz, eine Frage zu stellen, die du wahrscheinlich „noch nie“ gehört hast: A7S – was bedeutet das genau? Das „A“ könnte für „Alexander“ stehen, das „S“ für „Stockholm“, aber die „7“?

Haha, den ersten Buchstaben hast du richtig erwischt! Es sind eigentlich meine Initialen ATS, die für Alexander Tidebrink Stomberg stehen. Die „7“ ist ein „T“ in der Computersprache und „Stomberg“ ist mein zweiter Nachname!

Du scheinst eine ganz besondere Verbindung zu Deutschland zu haben, oder? Deine vorletzte Single „Your Love (9 PM)“ wurde zusammen mit ATB aufgenommen und Anfang dieses Jahres veröffentlicht. Und dein Mega-Hit „Breaking Me“ war eine Koproduktion mit dem deutschen Musikproduzenten Topic. Weitere Kooperationen sind mit YOUNOTUS und Alle Farben entstanden. Ist Deutschland einer der wichtigsten Märkte für dich oder haben wir einfach die besten Produzent*innen?

Ja! Ich liebe Deutschland und die Deutschen. Ich denke, sie sind uns Schweden in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich. Und mit allen Künstler*innen, mit denen ich von dort zusammengearbeitet habe, war es sehr einfach zu arbeiten. Es ist definitiv einer meiner wichtigsten Märkte und in vielerlei Hinsicht ein „Heimat“-Markt.

Bleiben wir noch kurz bei Topic. Du hast auch bei anderen Songs mit ihm zusammengearbeitet, zum Beispiel bei „Why Do Yo Lie To Me“. Wie kam die Zusammenarbeit eigentlich zustande und wer hat welchen Part im Studio übernommen?

Wir arbeiten jetzt schon seit ein paar Jahren zusammen. Wir haben uns das erste Mal in Stockholm getroffen und sind dann zusammen auf ein paar Writing Trips nach Deutschland und in die USA gegangen und haben uns wirklich zusammengerauft. Wenn wir zusammen arbeiten, fängt es normalerweise damit an, dass ich ein paar Melodien über ein paar Akkorde freestyle, und dann wählen wir die besten zusammen aus und danach geht Topic mehr in die Produktion. Aber ich würde sagen, dass wir beide bei jedem Schritt in die gesamte Songentwicklung involviert sind.

Wie gehst du generell bei der Auswahl deiner Co-Produzent*innen, Gastsänger*innen oder Texter*innen vor? Und welchen Teil übernimmst du am liebsten selbst?

Für mich kommt es immer auf die Person an und ob man sich auf einer persönlichen Ebene gut versteht. Ich denke, man braucht eine gute Verbindung, wenn man gemeinsam gute Songs schreiben will. Ich genieße all die verschiedenen Aspekte, die ins Spiel kommen, wenn man einen Song macht. Manchmal mag ich es wirklich, mich hinzusetzen und zu produzieren und das Ganze selbst zu schreiben. Und manchmal mag ich es zusammenzuarbeiten. Ich genieße beides und würde nicht das eine dem anderen vorziehen wollen.

Letzte Veröffentlichung: „Nirvana“. Ein Bigroom-Banger mit eingängigen Vocals und einer einprägsamen Melodie. Wenn man sich rein auf die Lyrics konzentriert, könnte man fast sentimental werden. Was war deine Intention bezüglich der Texte?

Haha! Ich mag diese Beschreibung des Songs! Ja, die Lyrics in den meisten meiner Songs sind tatsächlich emotionaler als der ganze Song selbst, was „Nirvana“ zu dieser melancholischen Welt macht. Ich habe den Text zu „Nirvana“ geschrieben, während ich mich an all die schönen Momente im Leben erinnerte, die während der Pandemie verloren gegangen sind. Ich möchte, dass die Leute den Song auflegen und diese schönen Erinnerungen und Gefühle in ihren Köpfen wiedererleben, was für jede Person das „Paradies“ ist. Es könnte eine Person, ein Ding oder ein Ort sein, den sie als ihr ganz persönliches „Nirvana“ ansehen.

Du hast bereits mit vielen Global Playern zusammengearbeitet, darunter Lil Baby, Hardwell und wie bereits erwähnt: YOUNOTUS und Alle Farben. Wer steht noch auf deiner Bucketlist? Mit wem würdest du gerne mal einen Track aufnehmen?

Oh, es gibt so viele großartige Künstler*innen, mit denen ich gerne arbeiten würde, aber wenn ich jetzt einen nennen würde, wäre es The Weeknd. Ich liebe sein letztes Album wirklich sehr. 

Woher bekommst du die Inspiration für neue Musik und womit fängst du an: Melodie, Beat, Bassline, Text?

Das ist immer wieder anders. Es können Lebensereignisse sein, die passieren, Orte, Bilder, Gespräche. Manchmal habe ich aus dem Nichts eine Idee für eine Melodie und muss ganz schnell zum Telefon greifen, um eine Sprachnotiz aufzunehmen, auch wenn es in der Öffentlichkeit ist, und dann wird aus dieser Muschel ein Song. Aber ich würde sagen, dass für mich die Melodie das Wichtigste ist, also ist es immer das, was ich zuerst richtig machen will, bevor ich mich an den Text begebe. Und dann baue ich die Produktion um die Melodie und den Text herum. 

Die Corona-Pandemie hat verstärkt, dass man nicht Face-to-Face mit anderen Produzent*innen im Studio arbeitet. Ist es für dich ganz normal, Entwürfe von Songs digital hin- und herzuschicken und daran zu arbeiten, oder hast du lieber den Co-Produzenten neben dir und ihr tüftelt gemeinsam an dem Track?

Ja! Wir haben „Your Love (9 PM)“ tatsächlich zusammen an verschiedenen Orten der Welt über Facetime/Zoom gemacht und Dateien hin- und hergeschickt. Wenn ich mit Leuten zusammenarbeite, ziehe ich es definitiv vor, gemeinsam im Studio zu sein! Das hat etwas mit der Magie zu tun, die im Raum passieren kann und die über Zoom verloren geht.

Damals, Mitte der 1990er Jahre – du warst gerade geboren – waren Musikvideos unendlich wichtig für die Vermarktung von Songs. Danach gab es eine Flaute. Bis zum Hype von YouTube und Twitch. Dann wurden sie wieder attraktiv. Was denkst du: Wie wichtig sind Musikvideos heute, um deine Songs zu pushen?

Wenn man ein wirklich einzigartiges und besonderes Video hat, das die Emotionen und die Bedeutung des Songs hervorhebt, dann hilft es meiner Meinung nach definitiv! Trotzdem hängt es immer noch vom Song ab. Wenn der Song nicht gut ist, dann spielt es keine Rolle, wie gut das Video ist, das man hat!

Musikvideos sind eine Marketingstrategie – die sozialen Medien sind eine andere. Wie nutzt du Facebook, Instagram, TikTok etc., und welchen Mehrwert generierst du für deine Fans auf diesen Plattformen?

Ich bin nicht der größte Social-Media-Fan, um ehrlich zu sein. Für mich ist das Wichtigste die Kommunikation mit den Fans durch meine Musik und wenn ich Liveshows mache. Was ich aber sehr schätze, ist das, was die Fans mir geben und ich ihnen auf einer Plattform wie Instagram gebe – zum Beispiel kann man so viel einfacher miteinander reden, als man es im echten Leben tun könnte!

Lass uns für einen Moment zurück in deine Kindheit/Jugend springen. Wann war der Zeitpunkt, an dem du wusstest „Ich will Musikproduzent werden“? Und: Mit welcher Technik hast du zu Beginn deiner Karriere experimentiert?

Bei mir hat sich das im Laufe der Zeit entwickelt. Also, als ich so 19 war, habe ich hauptsächlich Gitarre, Klavier und andere echte Instrumente gespielt und mich selbst aufgenommen, wenn ich Melodien und Songs gemacht habe. Mit der Zeit wurde daraus, dass ich komplette Songs für andere Leute in jedem Genre produzierte und dann schließlich auch für mich selbst. Ich experimentierte viel mit Sounds und Plug-ins, um die beste Qualität zu erreichen und die coolsten und einzigartigsten Sounds zu machen, die mir gefielen. Damit kann ich auch heute noch richtig nerdy werden und stundenlang an einem neuen Plug-in oder einem Synthesizer sitzen. 

In Deutschland sind die Clubs und Diskotheken gerade dabei, wieder zu öffnen. Wie ist der Status quo in deiner Heimat? Und wie sieht dein Terminkalender für 2022 im Moment aus?

Ich bin im Mai dieses Jahres nach Dubai gezogen, aber ich denke, dass Schweden kurz vor dem Re-Opening steht oder sogar schon wieder geöffnet hat. Ich habe meine erste Show für dieses Jahr angekündigt, die beim Summerburst Festival in Göteborg im September stattfinden wird. Also hoffe ich wirklich, dass bis dahin alles wieder offen ist. Der Zeitplan für 2022 sieht ganz interessant aus! Außerdem habe ich viele neue Songs in der Pipeline und es kommen immer mehr Termine für Tourneen dazu.

Viele Künstler*innen, DJs und Acts haben die Sperrstunde genutzt, um „runterzukommen“. Wie hast du persönlich diese ruhige Zeit empfunden?

Es war sowohl gut als auch schlecht. Es war schön, eine kleine Pause von all den Reisen und einfach mehr Zeit im Studio zu haben, um kreativ zu sein. Aber gleichzeitig konnte ich mit Corona meine Freunde und Familie nicht so oft sehen, was ich wirklich vermisst habe, und ich vermisse es auch sehr, Gigs zu spielen.

Bitte vervollständige die folgenden Sätze:

Der letzte Gig, den ich vor dem Lockdown hatte …
Ich hatte einen unglaublichen Singalong mit der Menge, den ich nie vergessen werde. Ich habe auch zwei meiner besten Freunde mitgebracht und wir reden immer noch darüber, was für ein toller Tag und Abend das war.

Der letzte Track, den ich online gekauft habe, war … 

… „Together Again“ von meinem Freund Alesso.

Die beste Software für die Musikproduktion ist für mich persönlich … 

Logic, aber ich habe ein paar Jahre in einem Fl-Studio gearbeitet und ich denke, die Software ist nicht wirklich wichtig. Es geht sowieso nur um den Song!

Bevor ich die Bühne betrete … 

… beiße ich normalerweise in einen Apfel und trinke etwas Wasser. Ein guter Trick, um die Kehle vor dem Singen zu „ölen“.

Meine größte Show, die ich gespielt habe … 

… war Bråvalla in Schweden, die mit so vielen Leuten gefüllt war, wie weit ich sehen konnte. Das war unglaublich.

Die erste Show nach dem Lockdown werde ich … 

… eine unglaubliche Zeit haben und endlich alle Songs „Breaking Me“, „Your L ove (9 PM)“, „Why Do You Lie To Me“ und „Nirvana“ zum ersten Mal überhaupt vor einem echten Live-Publikum und nicht nur vor einer Fernsehkamera spielen können!

Wähle zwischen a) und b)

a) Auftritt in kleinem Club

b) Auftritt auf großem Festival 

A (Aber ich mag auch eine intime Show!)

a) Livestream online

b) Live-Auftritt auf der Bühne 

Zu 100 Prozent B!

a) Cocktail 

b) Smoothie

A!

a) Partyurlaub auf Ibiza 

b) Chillout auf den Seychellen 

A (und die Woche danach Chillout auf den Seychellen)

a) YouTube 

b) Twitch

A (Aber ich habe Twitch auch noch nicht ausprobiert, haha!)

a) Steak well-done

b) Veggie-Burger

A

Sei so nett und verrate uns noch deine aktuelle Top 5.

Navos – Believe Me

Topic, Bebe Rexha – Chain My Heart 

Alesso – Together 

Future feat. Drake – Life Is Good

David Guetta, MORTEN feat. Lanie Gardner – Dreams 

Aus dem FAZEmag 114/08.21
Text: Torsten Widua
Fotos: glidephotos
www.warnermusic.de/a7s