Auf Tour in Indien: ME & her – hier der Erlebnisbericht aus einer fremden Welt – Teil 1

Das Schweiz-Deutsch-Vietnamesische DJ Duo ME & her besteht zwar nicht aus biologischen aber musikalischen Schwestern im Geiste, aus zwei Talenten, die eins geworden sind, um zu zweit die Dancefloors dieser Welt aufzumischen. Phuong & Jen vereinen nicht nur ethnisch zwei unterschiedliche Kulturen unter zwei Scheiteln, ihre unterschiedlichen Wurzeln sind auch in ihrem musikalischen Schaffen stets spür- und hörbar.

Mit Releases auf Get Physical, Off Recordings und Deeperfect haben sich die zwei in den letzten zwei Jahren bereits einen kleinen Namen gemacht und touren seitdem rund um die Welt. Vor kurzem sind sie zurück aus ihrer zweiwöchigen Indien Tour, wo sie unter anderem für die ADE Global Session Mumbai unterwegs waren und berichten exklusiv für uns über ihre Erlebnisse in drei Teilen.

 

Touchdown Mumbai

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Auf Tour in Indien: ME & her – hier der Erlebnisbericht aus einer fremden Welt – Teil 1

 

Endlich angekommen in Mumbai!!

Mit wenig Schlaf und 10 Stunden später bin Ich (Phuong) endlich in Mumbai angekommen. Es ist bereits die zweite Tour, die wir in Kooperation mit sLick! machen. Jen kann aus beruflichen Gründen erst ein paar Tage später abfliegen. Ganz schön ungewohnt, so alleine zu reisen. Niemand der neben dir sitzt, dich nervt, Selfies macht während du schläfst oder sich an dir festklammert, weil sie Flugangst hat :).

In Mumbai angekommen erwartete mich eine unglaubliche humide Hitze, wie auch schon Maulik & Aarti, unsere Promoter. Sie kamen gerade von der LAKME Fashion Week und Maulik war dementsprechend bereits in Partystimmung. Da wir letztes Jahr nur fünf Tage in Indien waren und kaum Zeit hatten irgendwas von Indien zu sehen, wollte ich die Zeit, die ich hatte, ausnutzen um Mumbai kennen zu lernen. Ein kurzer Stopp im Hotel, schnell unter die Dusche (Ja, mein Arsch fing bereits an zu schwitzen und das heißt dann wirklich was bei mir, da könnt ihr euch ja vorstellen wie heißt es wirklich war 🙂 ) und ab ins Getümmel. Okay ich dachte in Vietnam sei es auf den Strassen chaotisch, aber so viele Autos, Rickshaws, Motorräder, Fußgänger, Obdachlose, Straßenhunde und Kühe auf einer Strasse habe auch ich noch nicht so gesehen. Ursprünglich wollten wir in eine neu eröffnete Bar in Khar, doch sie war ja so was von überfüllt, dass wir uns entschieden haben, in die Monkey Bar in Bandra zu gehen. Eine ziemlich hippe Area, wo viele junge Leute und Celebrities sich aufhalten. Aber auch da war es nicht weniger voll. In Mumbai ist halt jeden Abend viel los, egal welcher Wochentag ist.

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Vor der Monkey Bar!

Wir suchten uns eine kleine Ecke und Maulik und seine Freunde sind zur Bar, um uns was zu trinken zu holen. Während sie weg waren, kamen einige Leute auf mich zu und wollten wissen woher ich bin und was ich hier mache. War schon verwundert, bis mir aufgefallen ist, dass ich wohl der einziger „Foreigner“ dort war. Allgemein gibt es kaum Touristen in Mumbai, deshalb sind viele „Mumbaianer“ umso interessierter was von dir zu erfahren. Shachi eine Freundin von Maulik meinte zu mir, ich solle mich nicht wundern, dass hier in Mumbai alle irgendwie Schauspieler oder Models sind, das behaupten hier alle von sich. Good to know :).

Der DJ fing an, Panjabi MC zu spielen und ich bekam einen Backflash zurück in die Zeit, wie ich mit 15 zu dem Lied abgegangen bin. Ich fing an zu wippen, bemerkte aber schnell, dass ich die Einzige war. Shachi sagte daraufhin, dass die jungen Leute hier in Mumbai nicht gerne zugeben, dass Sie Bollywood Musik mögen. Das sei nicht so cool. Ich fand es trotzdem cool und es war auch völlig ok, dass ich nicht zu den Hipsters aus Mumbai gehöre 🙂 Kaum hat der nächste Track angefangen, fingen alle an wieder zu tanzen und zu feiern. So eine Stimmung habe ich bis jetzt selten gesehen. Sie tanzten auf den Stühlen & Tischen, sangen mit, hüpften wild umher, bevor es überhaupt richtig angefangen hat, ging die Musik auch schon wieder aus und das Licht an. Feierabend für heute und es war gerade mal 1 Uhr morgens. Da fängt es bei uns erst an, aber in Mumbai müssen alle Clubs und Bars um 1 dicht machen, außer die Clubs befinden sich in einem 5-Sterne-Hotel, da hat man die Bewilligung länger zu machen. Ja und jetzt? Wir sind doch erst vor einer Stunde gekommen und jetzt ist es bereits zu Ende? Normal in Mumbai, da gehen alle erst um 12 raus, feiern hart 1 Stunde und gehen entweder nach Hause oder machen weiter Party bei jemanden zu Hause. Was Maulik mir dann auch vorgeschlagen hat, doch Ich war froh ging die Nacht nicht länger und war dann auch ziemlich müde und sehr hungrig. Hatte auch kaum was gegessen den ganzen Tag. Das Problem war, es gab in der Nähe nur einen Laden der offen hatte: Das „Mini Punjab“ und bei dem hat man mal Glück und manchmal auch Pech. Maulik wollte nicht, dass ich Bauchschmerzen bekomme einen Tag vor dem Gig. Aber ich hatte so Hunger und ging das Risiko ein. Für die Afterparty wollten Sie noch Alkohol kaufen, doch da das zweite Problem. Ab 22:00Uhr dürfen die Läden kein Alkohol mehr verkaufen, doch es gab ein paar kleine illegale „Bruchbuden“, die welche verkaufen. Wir versuchten es an 3 verschiedene Orten, doch alle wurden dicht gemacht. Ja, die Polizei hier in Mumbai nimmt ihren Job sehr ernst. Nach einer Stunde Rumfahrerei war ich dann nur froh endlich im Bett zu sein.

 

ADE Pre Party in Pune

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Am nächsten Tag ging es dann los mit der Tour, Koffer packen und ab nach Pune. 3 Stunden Fahrt liegen vor uns. Punkt 13:00 Uhr stand ich auch schon in der Lobby, doch weit und breit kein Fahrer. Ja daran muss die Schweizerin sich noch erst wieder daran gewöhnen, die nehmen es nicht so ernst mit der Pünktlichkeit, außerdem ist der Verkehr in Mumbai auch einfach nicht einzuschätzen. Für einen Kilometer braucht man locker mal 15 Minuten. Auf dem Weg mussten wir noch Prateek und Aarti einsammeln, auf die Frage ob der Fahrer wisse wohin er muss und wie lange es wohl dauern wird, antwortete er nur mit einem Kopfgewippe, na toll und was heißt das jetzt genau? Ja? Nein? Ich weiß es nicht? Absolut verwirrt blieb mir nichts anderes übrig als ihm zu vertrauen. Mein Magen begann schon wieder zu knurren. Ein gutes Zeichen, ich habe das Essen von gestern Nacht gut vertragen, noch mal Glück gehabt. Wir waren bereits spät dran und den Abendverkehr in Pune wollten wir vermeiden, deshalb nur schnell was zum take away. Wirklich viel von der Fahrt habe ich leider nicht mitbekommen, habe so ziemlich die ganze Fahrt geschlafen. Schwupps, waren die 3 Stunden auch um und als ich aufwachte, wurde es bereits langsam dunkel. Kaum angekommen mussten wir auch schon in den Club Euriska, da wir die Information bekommen haben, dass die neue Polizeikommission eine Schließung von allen Open-Air Clubs um 22:30 verordnet hat. Unpredictable India! Immer für eine Überraschung gut.

Also hofften wir nur, dass die Leute bereits früh kommen. Kurz vor meinem Set waren kaum Leute da und ich ging davon aus, dass es auch so bleiben wird. Wenn ihr glaubt, dass wir immer vor vollem Haus spielen, der täuscht sich. Jeder DJ hat schon bereits vor einer leeren Tanzfläche gespielt, auch wenn er es nicht gerne zugibt. Trotzdem freute ich mich zumindest vor den Leuten zu spielen, die da waren. Ohne irgendwelche Erwartungen startete ich mein Set und auf einmal kamen immer mehr und mehr Leute und kurz vor 22:30 Uhr war die Tanzfläche voll. der Clubbesitzer kam zu mir und meinte, wir spielen einfach weiter bis die Polizei kommt. Die Stimmung war einfach unglaublich und die süße Open-Air-Location im griechischen Stil hat für eine besondere Atmosphäre beigetragen. Ich war überwältigt von der Energie der Leute und die Zeit verging im Fluge.

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Kurz vor Mitternacht mussten wir gezwungenermaßen Schluss machen, und ich wollte gar nicht aufhören, es war so schön, ok hatte auch ein paar Shots intus. Da ich absolut keinen Alkohol vertrage (Es ist kein Klischee, sondern wirklich wahr, Asiatengene halt 🙂 ), versuchten mich alle abzufüllen und ich konnte einfach auch schlecht nein sagen, schlussendlich landete ich tatsächlich noch an einer Afterparty bei Freunden vom Clubbesitzer. Gegen 3 Uhr morgens und nach reichlich viel Wasser kam die Müdigkeit über mich und ich machte mich auf den Weg zurück zum Hotel. Doch von wegen Schlaf, stattdessen wurde ich von Hundegebelle aufgeweckt, mein Fenster war nicht dicht und ein Blick aus dem Fenster traute ich meinen Augen nicht, da laufen doch tatsächlich Elefanten, Kühe und Büffel frei rum und die Nachbarshunde bellten im Kanon und wollten auch nicht mehr aufhören, da half auch Ohropax nicht. Völlig angeschlagen ging es am nächsten Tag zurück nach Mumbai und schon wieder hab ich von der Fahrt kaum was mitbekommen.

 

Das Einzige was ich bei der Fahrt mitbekommen habe. Ein Blumenmarkt mitten auf der Autobahn.

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Dharavi Slum & Dhobi Ghat – Der größte Waschsalon der Welt Teil 1

Endlich ausgeschlafen, beschloss ich an meinem freien Tag Mumbai und das Leben in Mumbai besser kennen zu lernen. Durch Zufall hab ich auf Facebook einen Local Guide gefunden, der in Dharavi wohnt. Ich wollte keine geführte Tour mit mehreren Leuten sondern einen persönlichen Guide, der mich einfach begleitet und mir bei der Kommunikation hilft. Keine Minute später hatte Mohammad auch bereits geantwortet und meinte zu mir, dass er Zeit hätte und was ich denn alles sehen möchte. Auf die Frage wie viel es denn koste, meinte er nur ich solle mir da keine Sorgen machen, er mache dies aus persönlichem Interesse und möchte mir das richtige Leben in Dharavi zeigen und ich könne dann am Ende der Tour entscheiden, wie viel die Tour wert war. Fair enough!

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Dhobi Ghat – der größte Open Air Waschsalon.

Als Erstes besuchten wir das Dhobi Ghat von einer Brücke aus, einer der unglaublichsten Orte in Mumbai. Hier waschen 10.000 Arbeiter rund eine Million Kleidungsstücke. Die Dhobis (Wäscher) arbeiten an gemauerten Waschbecken und leben auch dort. Erstaunlich ist vor allem, dass jeder seine Wäsche wieder zurückbekommt und angeblich ging noch nie ein Kleidungsstück verloren, unvorstellbar! Auf der Brücke kamen auch schon die ersten Straßenkinder und bettelten um Geld oder wollen dir irgendwas verkaufen. Daran musste ich mich täglich gewöhnen. Obwohl ich Ihnen so gerne helfen würde und Mitleid mit Ihnen hatte, Geld spenden sollte man aber nicht, weil viele Straßenkinder von Kriminellen ausgenutzt werden und den gespendeten Betrag abgeben müssen, ich fand noch eine Banane in meiner Tasche, die ich dem jungen Mädchen gab. Aus dem Gesicht der pure Verzweiflung und Hilflosigkeit verwandelte es sich in ein lachendes. Ich konnte ihre funkelnden Augen sehen und wie sie zu den anderen Kinder rannten um die Banane mit Ihnen zu teilen. Essen zu geben statt Geld, erscheint mir besser. Doch beides ist eigentlich kein selbstloser Akt. Mit einer Spende tue ich vor allem mir selbst etwas Gutes. Ich fühle mich in diesem Moment besser. Der Glaube, etwas gegen die Armut getan zu haben, erleichtert. Doch wenn ich ehrlich bin habe ich dem Jungen oder Mädchen kaum geholfen. Auf dem Weg zu den Dharavi Slums entschieden wir uns mit dem lokalen Zug zu fahren, ein fataler Fehler wie es sich schlussendlich herausstellte, aber mehr davon und meine Erfahrungen in den Slums, wie auch die Reunion mit Jen am „ADE DJ Cook Off“, könnt ihr im zweiten Teil lesen.

 

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