
Seit mehreren Monaten häufen sich die Todesfälle durch sogenannte Forschungschemikalien. Das LKA in Bayern registrierte mindestens sieben Tote innerhalb der letzten Monate. Doch auch in anderen Bundesländern werden teilweise drastische Warnungen vor den gefährlichen Substanzen ausgesprochen.
Aber was genau sind eigentlich Forschungschemikalien? Oft als Rauschmittel missbraucht, handelt es sich um synthetische Stoffe mit psychoaktiver Wirkung. In diversen Online-Shops, in denen sie mehr oder weniger legal verkauft werden, werden sie meist nur als „Research Chemicals“ bezeichnet.
Das BKA findet diese Bezeichnung irreführend. Denn im Grunde gehe es darum, über die hochpotenten Wirkstoffe hinwegzutäuschen und eine Haftung auszuschließen. Schon seit Jahren passiert ähnliches mit mit Kräutermischungen (Spice), die als Ersatzprodukt für Cannabis gelten. Auch sogenanntes Badesalz, das wie Koks oder Speed wirken soll, wird auf diese Weise verkauft.
Zwar wurde bereits ein Gesetz gegen diese Substanzen eingeführt, jedoch ist es schwierig dem Ganzen Einhalt zu gebieten. Die neuen psychoaktiven Stoffe (NPS) werden oft einfach in ihrer chemischen Strukturformel leicht abgeändert und umgehen so Verbote.
Das Schlimme ist, dass die EU-Drogenagentur (EUDA) mittlerweile weit über 1.000 neue psychoaktive Stoffe beobachtet. Bei den meisten Stoffen fehlen jedoch toxikologische Gutachten. Esther Neumeier von der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht sagt: „Das ist ein klassisches Problem des Schwarzmarkts: Es sind viel mehr Stoffe im Umlauf als analysiert werden können.“
Aktuell sei aber vor allem die Gruppe der Nitazene im Fokus. Es handelt sich dabei um synthetische Opioide. Vieler dieser Substanzen wirken weitaus stärker als Heroin oder vergleichbare Drogen. Von den im Jahr 2024 gemeldeten knapp 50 Substanzen, waren die Hälfte Nitazene. Der Rest waren synthetische Cannabinoide.
Nitozene können zu Atem- oder Kreislaufstillstand, Vergiftungen der inneren Organe und neurologischen Schäden führen. Experten warnen vor einer Gefahr der Überdosierung, die schnell tödlich enden kann.
Die Zahlen halten sich aktuell noch in Grenzen und die Todesfälle lassen sich oft auf synthetische Cannabinoide oder andere Stoffe zurückführen. Doch nach Einschätzung diverser Experten, sollte man den synthetischen Opioiden mehr Aufmerksamkeit schenken.
Da es in Afghanistan seit der Rückkehr der Taliban eine Heroinknappheit gibt, dienen die künstlich hergestellten Stoffe vielleicht bald als Ersatz. Das synthetische Opioid Fentanyl sorgt bereits seit Jahren in den USA für Zehntausende Todesfälle. Nun befürchtet man eine ähnliche Entwicklung in Europa.
Das Gesetz für die neuen psychoaktiven Substanzen wird zwar immer wieder angepasst (zuletzt 2024), aber dennoch wird man nicht Herr der Lage. Ein guter Weg wäre vielleicht eine Entkriminalisierung, wie es zuletzt bei Cannabis der Fall war. Man wartet zwar noch darauf eine konkrete Auswertung diesbezüglich, aber bisher scheint die Entscheidung wohl vorteilhaft gewesen zu sein. Auch wenn unter anderem die CSU/CDU das nicht wahrhaben will. Wen dieses Thema interessiert, sollte sich mal dieses Format reinziehen.
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