Einfach mal ein paar Leute zusammen trommeln, Anlage anschließen, Sound aufdrehen und mit Jägermeister und Bier die gute Idee begießen? Das sind Freiheiten, die die Jugend im Iran nicht hat. Es ist nicht so, dass sie keine Partys feiern wollen und es nicht doch tun würden, die Konsequenzen einer solchen Party sind dort jedoch sehr verheerend. Solch eine Sittenwidrigkeit wird mit Gefängnis und Peitschenhieben bestraft.
Alleine im Dezember wurden mindestens 228 junge Leute festgenommen, weil sie versuchten, sich dem strengen Regime zu entziehen und eine Party besuchten. Es werden regelrechte Party-Razzien von der Sittenpolizei durchgeführt. Die Nachrichtenagentur AFP und die Oppositionsorganisation NCRI berichten über Partys, Razzien und Festnahmen in einem Atemzug. Vergangene Woche wurden 120 Menschen festgenommen, weil auf der Party westliche Musik gespielt wurde, weil es keine Geschlechtertrennung gab, weil die gesetzlich geregelte Kleiderordnung missachtet wurde und weil Alkohol konsumiert wurde.
Seit der Revolution 1979 herrscht im Iran eine extrem konservative Gesellschaftsnorm. Öffentliche Tanzveranstaltungen sind untersagt. Wenn eine Veranstaltung in diese Richtung genehmigt wird, dann darf nur traditionelle Musik gespielt werden. Jegliche Form der westlichen Musik ist verboten. Egal ob Rock, Metall oder Techno. Feiern ohne Geschlechtertrennung ist ebenso strikt verboten. Auch auf Geburtstagen oder Abschlussfeiern dürfen Männlein und Weiblein nicht zusammen feiern.
Musiker müssen von den Behörden lizenziert sein, um auftreten zu dürfen. DJs haben schon im Ansatz keine Chance, eine solche Lizenz zu bekommen, da elektronische Musik in den Augen des Regimes westliches Teufelszeug ist. Wer trotzdem irgendwo versteckt auflegt oder nur zu einer Party hingeht, auf der im Ansatz so gefeiert wird wie wir es kennen, muss mit Gefängnisstrafe und Peitschenhieben rechnen. Dass eine Party von der Polizei gesprengt wird, ist keine Seltenheit. Die iranischen Behörden setzen viel daran, dass die konservative Sittenethik eingehalten wird.
Wie man in der Dokumentation „Raving Iran“ sehen kann, werden im Iran dennoch Partys und auch Raves heimlich organisiert. Männer und Frauen feiern dann zusammen. Die Frauen legen ihre Kopftücher ab, lackieren sich die Fingernägel und tragen westliche Kleidung. Alle fühlen sich für wenige Stunden frei, obgleich die immer fortwährende Angst einer Festnahme eine solche Party begleitet. In der Dokumentation begleitet die Regisseurin Susanne Meures das Produzenten- und DJ-Duo Blade & Beard in die Underground-Techno-Szene. Es zeigt, wie schwierig es dort ist, gewisse Sachen zu machen und zu erleben, die für uns selbstverständlich sind.
Das iranische DJ-Duo Anoosh und Arash (Blade & Beard) hat sich dem Regime und damit auch ihrer Heimat entzogen und lebt mittlerweile in Europa. Durch den Dokumentationsfilm haben sie Aufmerksamkeit und Bookings geerntet. Gigs wie im Kater Blau (Berlin), Harry Klein (München) und JackWho (Köln) müssen für die beiden ein echtes Kontrastprogramm zu den illegalen, versteckten Partys im Iran sein.
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