Saycet – Schichtarbeit

Der Franzose Pierre Lefeuvre alias Saycet hat sein viertes Studioalbum namens „Layers“ veröffentlicht. Und das ist vornehmlich gespickt mit experimentellen elektronischen Produktionen – kräftig und melancholisch. Das Album ist das nächste Produkt, das aus einer einzigartigen und facettenreichen Künstlerkarriere hervorgeht, die ihre Wurzeln vor allem im Bereich der Film- und Fernsehmusik hat. Saycet ist seit vielen Jahren in diesem Bereich tätig und blickt auf etliche prestigeträchtige Kollaborationen zurück, was etwa seine jüngste Komposition für den Canal+-Dokumentarfilm „The Bastard King“ bestätigt, die von der Techno-Ikone Laurent Garnier mitproduziert wurde.

Kürzlich wurde Saycet eingeladen, für eine Woche die Räumlichkeiten des berühmten Versailler Schlosses – eines der wichtigsten Kulturdenkmäler Frankreichs – zu bewohnen. Dort schuf er eine akustische Adaption seiner Single „Solaris“, die auch auf „Layers“ zu finden ist.

Über seinen Aufenthalt sagt er: „Mein Ziel war es, aus dem dortigen historischen Erbe ein zeitgenössisches Werk zu schaffen. Ob es sich nun um die Instrumente, die Akustik des Schlosses oder ganz einfach um die Sonnenzyklen der Architektur handelt.“ Getreu dem Sprichwort „Gut Ding braucht Weile“ lässt sich Saycet für seine Arbeiten stets Zeit. Sechs Jahre lang befand sich das neue Album in Produktion, das sich an der Schnittstelle zwischen Ambient- und Club-Musik bewegt und in Schichten aufgenommen wurde, woher auch der Name „Layers“ rührt. „Es ist ein Album zum Träumen“, schwärmt Lefeuvre, der „Layers“ im Vergleich zu seinen bisherigen Releases als „kompakter“ bezeichnet. „Ich habe versucht, mit verschiedenen Sättigungsstufen zu spielen, um eine abwechslungsreiche Farbpalette zu erhalten. Einer der großen Unterschiede ist auch, dass ich alles am gleichen Ort aufgenommen habe, nämlich in meinem Studio, das ich in dieser Zeit selbst gebaut habe.“ Auf die Frage, ob er unter den insgesamt zehn Stücken einen Favoriten ausmachen könne, führt Saycet den Track „Recovery“ an, das seiner Meinung nach intimste Werk des Albums. „Ich habe es während des ersten Lockdowns komponiert, und dramaturgisch gesehen war es der Beginn vieler intimer Dinge, die mir im Anschluss, als das Leben wieder losging, widerfahren sind“, erklärt er. Für das Kontrastprogramm zu den ambienten, intimen Songs sorgen dann die Stücke „Lightyear“, „Mountaineers“ oder auch „Malaparte“, die eindeutig dem Clubsound zuzuordnen sind. Vor allem bei seinen Live-Auftritten driftet der Franzose gerne in diese clubbige Schiene ab.

Ausruhen nach dem Release des Albums kommt für Lefeuvre zunächst nicht in Frage. Aktuell erstellt er eine Kreation für das Musée d’Orsay zu einem Stummfilm von Jean Epstein. Anschließend wird er den Soundtrack für einen Film des Regisseurs FGKO produzieren. Ob ihn seine herausragenden Fähigkeiten womöglich irgendwann nach Hollywood führen? Vielleicht, aber Saycet bleibt vorläufig im Hier und Jetzt: „Mein Hauptziel ist es, Projekte zu machen, die mich ansprechen und bei denen ich meine Kreativität voll zum Ausdruck bringen kann. Heutzutage ist es ein Luxus, sich seinen Lebensunterhalt mit dem zu verdienen, was man am besten kann. Je mehr ich in dieser Richtung aufblühe, desto mehr werde ich Zugang zu ambitionierten Projekten haben, sei es in Hollywood oder anderswo.“ Ambitioniert ist er in jedem Fall. Bereits jetzt denkt Pierre Lefeuvre über ein nächstes Album nach.  

„Layers“ ist am 8. Oktober über das Label Kwaidan Records erschienen.

 

Aus dem FAZEmag 117/11.21
Text: Milan Trame
www.instagram.com/saycet/